Brüssel – EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat erst vor Kurzem der Bürokratie den Kampf angesagt: Man müsse eine „breite Schneise durch den Dschungel schlagen“.
Doch was ihre eigene 32.000-Mann-Behörde anbelangt, darf der Dschungel erst einmal weiter wuchern und sogar noch wachsen: Bedarf für 2500 (!) neue Stellen hat die EU-Kommission im Zusammenhang mit der nächsten mehrjährigen Finanzplanung („MFR 2028 bis 2034“) angemeldet.
Offizielle Begründung für die „2500 Vollzeitäquivalente“, die sich auf alle EU-Organe verteilen sollen, aber großteils auf die Kommission beziehen: u. a. steigender „Bedarf an Fachwissen im Bereich Cybersicherheit“, „neue Aufgaben im Zuge der aktuellen Krisen und neuen Herausforderungen wie etwa in den Bereichen KI, Verteidigung und Biotechnologie“.
Widerstand aus EU-Parlament angekündigt
Doch an dieser Argumentation gibt es selbst innerhalb der EVP-Fraktion (Konservative) im EU-Parlament Zweifel.
Niclas Herbst (52, CDU), Vizechef des Haushaltsausschusses, wittert vielmehr einen Versuch der „Machtausweitung“ der ohnehin schon mächtigen Behörde – zulasten des Parlaments und auf Kosten der Steuerzahler. Herbst kündigt Gegenwind an, sagt zu BILD: „Das wird niemals so durch Rat und Parlament kommen.“ Und: „Wenn die Anforderungen zu hoch sind, müssen sie runter.“
Klartext auch vom langjährigen EU-Abgeordneten und Wirtschaftsexperten Markus Ferber (60, CSU): „Die Kommission scheitert an ihrem eigenen Anspruch, die Finanzprogramme einfacher zu gestalten. Wer auf der einen Seite Vereinfachung fordert und gleichzeitig zusätzliche Stellen braucht, hat wohl schon im Vorschlag etwas falsch gemacht.“
Kündigt Gegenwehr gegen den Kommissionsplan an: EU-Haushaltspolitiker Niclas Herbst (52, CDU/EVP)
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„Unkündbarkeit der Beamten abschaffen“
Massive Kritik kommt auch von liberalen EU-Abgeordneten. Der FDP-Haushaltsexperte Moritz Körner (35) zu BILD: „Eine Bürokratieexplosion in diesem Ausmaß ist nicht zu rechtfertigen.“ Gestiegener Personalbedarf in bestimmten Bereichen müsse „vor allem durch Umstrukturierungen innerhalb der bestehenden Abteilungen geschehen“.
Zudem bringt Körner eine Änderung im Beamtenrecht ins Spiel, um die Kosten zu deckeln: „Im Gegenzug zu etwaigen Personalaufstockungen sollte die de-facto-Unkündbarkeit der Beamten abgeschafft werden, damit EU-Beamte, die nicht liefern, entlassen werden können.“
Bringt ein Ende der Unkündbarkeit von EU-Beamten ins Spiel: Haushaltsexperte und EU-Abgeordneter Moritz Körner (35, FDP)
Foto: Freie Demokraten FDP
Steuerzahlerbund: „In Wahrheit wird aufgebläht“
Völlig verständnislos auf den von-der-Leyen-Plan reagiert der Europäische Steuerzahlerbund. Dessen Chef Michael Jäger (63) zu BILD: „Bürokratieabbau wird dem Steuerzahler versprochen, doch in Wahrheit wird weiter aufgebläht. Dabei weiß in Brüssel jeder, dass mehr Personal zu noch viel mehr Bürokratie führt.“
Richtig sei aus Sicht der Steuerzahler „der umgekehrte Weg: ein Personalabbau von zehn bis 25 Prozent“. Die Kommission müsse schlankere Strukturen durch den Einsatz von KI schaffen, ihre Prozesse „vereinfachen und beschleunigen“. Jäger: „Wenn die Kommission beim Thema Bürokratieabbau glaubwürdig bleiben will, dann muss sie mit gutem Beispiel vorangehen.“