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TKMS geht bei einer lukrativen Auftragsvergabe aus Polen leer aus. Im Gegensatz zum Modell aus Deutschland erfülle das siegreiche U-Boot „alle Anforderungen“ der Marine.
Warschau/Stockholm – Die Ostsee ist Schauplatz eines Wettstreits der Rüstungsindustrie, nun gibt es einen Rückschlag für den deutschen Anbieter: Polen plant die Anschaffung von drei neuen U-Booten und hat sich für das schwedische Modell Saab A26 Blekinge entschieden. Damit sticht Schweden nicht nur Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) aus, sondern setzt seinerseits ein Zeichen für die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Europa.
Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz begründete die Entscheidung nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Das schwedische Angebot war das einzige, das alle Anforderungen unserer Marine erfüllte.“ Doch was steckt hinter dem Deal – und was bedeutet das für Deutschland und TKMS?
TKMS: Deutsche U-Boote im internationalen Wettbewerb
Die im Sommer 2025 ausgegliederte Thyssenkrupp Marine Systems ist einer der führenden Hersteller von U-Booten weltweit. Das Unternehmen aus Kiel hatte mit dem Modell U212 CD ein modernes und bewährtes Boot ins Rennen geschickt, das bereits von der deutschen und norwegischen Marine bestellt wurde. Dennoch konnte sich TKMS im polnischen Vergabeverfahren nicht durchsetzen.
Die polnische Marine wird mit drei U-Booten vom Typ Saab A26 Blekinge verstärkt. © Saab Technologies
Im internationalen Wettbewerb um den polnischen Auftrag der Flottenerneuerung waren neben TKMS auch Anbieter aus Frankreich, Spanien, Italien und Südkorea beteiligt. Am Ende überzeugte wohl das Gesamtpaket des schwedischen Konkurrenten Saab. Experten sehen die Gründe vor allem in der operativen Passgenauigkeit, im Zeitplan und in der industriellen Einbindung des Angebots, analysiert das Portal Europäische Sicherheit & Technik (ESUT).
Deutschlands Rüstungsindustrie und geopolitische Interessen
Der gescheiterte U-Boot-Deal wirft auch ein Schlaglicht auf die deutsche Rüstungsindustrie. Deutschland hat mit TKMS einen Global Player im Bereich U-Boote, der regelmäßig international Aufträge gewinnt. Medienberichten zufolge ist der U-Boot-Hersteller bis in die 2040er-Jahre ausgelastet. Dennoch zeigt die Entscheidung Polens, dass neben der reinen Ingenieurskunst auch geopolitische und operative Faktoren entscheidend sind.
Für die norddeutsche Industrie bedeutet der verlorene Auftrag wirtschaftlich einen Rückschlag, aber auch eine verpasste Chance, die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Polen zu vertiefen. Die Ostsee ist ein strategisch wichtiger Raum, in dem Deutschland und Polen künftig enger kooperieren, um den Herausforderungen durch Russland und andere Akteure zu begegnen.
U-Boote von Saab statt TKMS: Schlüsseltechnologie für Polens Sicherheit
Dabei ist die polnische Marine auf Modernisierung angewiesen: Das einzige aktuell einsatzbereite U-Boot, die ORP Orzeł, ist über 35 Jahre alt und stammt noch aus sowjetischer Produktion. Angesichts der aktuellen Sicherheitslage rüstet das deutsche Nachbarland seine Streitkräfte massiv auf und setzt dabei auf moderne Schlüsseltechnologien. Die Saab A26 Blekinge-Klasse bietet offenbar jene Fähigkeiten, die Polen für seine maritime Strategie entlang der NATO-Ostflanke als wichtig erachtet.
Kein neuer Auftrag für Kiel: Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) unterliegt in einer Ausschreibung des polnischen Verteidigungsministeriums. © penofoto/Imago
Das schwedische U-Boot ermöglicht Aufklärung, Minenkrieg, U-Jagd und verdeckte Operationen. Besonders attraktiv ist laut dem Fachportal ESUT zudem die Option einer modularen Sektion mit senkrechten Startrohren für eine spätere Marschflugkörperintegration. Saab bot zudem konkrete Indienststellungszeiträume und eine Interimslösung durch Ausbildung auf schwedischen Booten – einschließlich der Möglichkeit zur zeitweisen Nutzung eines U-Boots der modernen Gotland-Klasse.
Thyssenkrupp Marine Systems: Die Rolle der Bundesregierung
In der finalen Phase des Vergabeverfahrens hat TKMS kein eigenes kommerzielles Angebot an die polnische Beschaffungsbehörde abgegeben: Das deutsche Lösungskonzept auf Basis der U212CD-Klasse wurde stattdessen im Rahmen eines Government-to-Government-Verfahrens durch die Bundesregierung vertreten, wie ESUT schildert. Ob dieser Umstand zu einem Nachteil bei der Vergabe führte, ist unklar.
TKMS konnte aufgrund der laufenden U-Boot-Produktion offenbar keine kurzfristige Übergangsplattform anbieten. Das schwedische Angebot von Saab überzeugte hingegen mit konkreten Indienststellungszeiträumen und einer Interimslösung für die polnische Marine. Die schnelle Verfügbarkeit und die Möglichkeit zur Ausbildung auf schwedischen Booten waren wichtige Faktoren für die Entscheidung.
Deutschland, Polen und Schweden: Zusammenarbeit für die Sicherheit in der Ostsee
Die Entscheidung für Saab ist auch ein Zeichen für die sicherheitspolitische Kooperation zwischen Polen und Skandinavien. Schwedens Ministerpräsident Ulf Kristersson betonte auf der Plattform X: „Schweden und Polen sind hinsichtlich der Herausforderungen für die europäische Sicherheit einer Meinung. Gemeinsam werden wir größere Verantwortung für die Sicherheit in der Ostsee übernehmen.“
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Auch für Deutschland ist das Baltische Meer angesichts der geopolitischen Spannungen ein wichtiges Interessengebiet. Die Zusammenarbeit mit Polen und Schweden wird auch nach dem U-Boot-Deal wichtig bleiben – denn die Aufgabenstellung in der Region erfordert gemeinsame Lösungen. (PF)