
Am Wochenende ging das Kulturhauptstadtjahr in Chemnitz offiziell zu Ende. Die Veranstalter und das Publikum ziehen eine positive Bilanz und loben vor allem die aktive Bürgerbeteiligung. Aber wie kommt die Kulturhauptstadt 2025 in der Presse weg? Die Resonanz war zumindest groß. Laut Veranstalter kamen Journalistinnen und Journalisten aus 20 Ländern nach Chemnitz. Was für ein Bild haben sie sich von der Stadt gemacht? Und hat Chemnitz in der Welt jetzt ein neues Image? Ein Blick in den Pressespiegel.
Von Carolin Büscher, MDR Kulturdesk
Als Kulturhauptstadt sei Chemnitz zum internationalen Magneten geworden, resümierte der Programm-Geschäftsführer Stefan Schmidtke zum Abschluss der Kulturhauptsadt am Wochenende. Umstritten bleibt zwar der langfristige Nutzen, doch an Aufmerksamkeit für Chemnitz fehlte es nicht – weder von Seiten der Politik, noch von Besucherinnen und Besuchern. Und mit 200 Beiträge aus 20 Ländern gab es laut Kulturhauptstadt auch ein breites Medienecho.
El País erklärt #3.000 Garagen und was ein Trabbi ist
Es sind vor allem europäische Zeitungen, die über Chemnitz im Laufe des Jahres berichtet haben. Doch man findet sogar Artikel aus Japan oder den USA zu „C the Unseen.“ Vor allem die Leuchtturmprojekte werden in diesen Artikel aufgegriffen. In den meisten Texten kommt der Purple Path oder die Munch-Ausstellung vor.
Im Zuge der Munch-Ausstellung kehrte das Werk „Die Einsamen“ erstmals wieder nach Chemnitz zurück. 1928 von den städtischen Kunstsammlungen erworben, wurde es 1937 unter dem Druck der Nationalsozialisten ins Ausland verkauft.
Vereinzelt geht es auch um spezifische Projekte: Die spanische Zeitung „El País“ etwa stellte in einer Reportage das Projekt „#3.000 Garagen“ vor – samt dem Versuch zu erklären, was ein Trabbi oder die Mitropa ist. Die französische Zeitung „Le Télégramme“ wiederum nahm die Kulturhauptstadt zum Anlass für ein Porträt der Stadt und ihrer Geschichte inklusive Ibug-Festival und den Brücke-Künstlern.
Das Ibug-Festival präsentierte im Sommer internationale urbane Kunst in Chemnitz.
Chemnitz: Sachsens Manchester oder Manhattan?
Eindruck scheint Chemnitz‘ Bezeichnung als „Sächsisches Manchester“ gemacht zu haben. Die internationale Presse nahm den Beinamen gerne auf, wobei „Der Standard“ aus Österreich daraus ein „Sächsisches Manhattan“ machte. Neben der Beschreibung als Industriestadt wurde Chemnitz als grau, wenig gentrifiziert und sehr kunstaffin vorgestellt.
Gerade im Vergleich zur deutschen Presse ging es in den internationalen Berichten weniger um das Image von Chemnitz, als um die Geschichte der Stadt: So wurde meist die DDR-Vergangenheit im Kontext der Kulturhauptstadt aufgeführt. Einige internationale Zeitungen zogen auch die Ausschreitungen von 2018 in ihre Berichterstattung mit ein, wenn auch auch nicht sehr ausführlich oder wertend.
„#3.000 Garagen“ war eines der Leuchtturmprojekte im Kulturhauptstadtjahr.
Deutsche Zeitungen legten Schwerpunkt auf den Osten
Die bundesweite Berichterstattung wiederum legte den Fokus auf den Osten und den Imagewechsel der Stadt – mit durchaus mehr Wertung. Die Berliner Zeitung etwa nannte Chemnitz im Juni einen „Geheimtipp für Berliner“ und „Der Spiegel“ titelte im Herbst: „Ist Chemnitz die am meisten unterschätzte Großstadt Deutschlands?“
Ist Chemnitz die am meisten unterschätzte Großstadt Deutschlands?
Der Spiegel | August 2025
Immer wieder ist in Artikeln von einer „Neuerfindung“ der Stadt oder einem neuen Image die Rede. Dabei hieß es immer wieder die Stadt sei über sich hinausgewachsen. Eine Beschreibung, die in Teilen auch die sprachlichen Bilder der Pressemitteilungen der Kulturhauptstadt spiegelt.
In der Berichterstattung zum Abschlusswochenende wiederum fiel auf, dass in den überregionalen Medien überall der gleiche dpa-Artikel zu lesen war. FAZ, Süddeutsche oder auch Zeit Online hatten zum letzten Wochenende des Kulturhauptstadtjahres offenbar keine eigenen Reporter vor Ort.
Zum Abschluss des Kulturhauptstadtjahres kamen nur wenige überregionale Medien nach Chemnitz.
Besucher aus der ganzen Welt kamen nach Chemnitz
Die Internationalität der Presse-Vertreter wurde durch die Besucherinnen und Besucher übertroffen. Nach Angaben der Kulturhauptstadt kamen sie aus allen Kontinenten. Allein die europäische Gäste sorgten zwischen Januar und September für rund 40.000 Übernachtungen in Chemnitz – das sind knapp 18 Prozent mehr als noch 2024.
Prozentual gesehen gab es den höchsten Anstieg bei Gästen aus Australien und Neuseeland. Der lag bei gut 108 Prozent Steigerung, auch wenn die konkreten Zahlen geringer ausfallen: Rund 750 Gäste aus Australien stiegen in dieser Zeit in Chemnitz ab.
Quellen: Kulturhauptstadt Chemnitz, MDR KULTUR (Carolin Büscher)
Redkationelle Bearbeitung: lm, tmk