Sie sind das Rückgrat der Globalisierung: Unterseekabel, die auf dem Meeresgrund verlaufen und die Kontinente und Länder weltweit verbinden. Knapp 500 Kabel dieser Art durchzogen laut einem Report der Online-Plattform Total Telecom aus dem Jahr 2021 die Weltmeere, zusammen kamen sie auf eine Länge von 1,3 Millionen Kilometer. Inzwischen sind es noch mehr Kabel geworden.

„Über diese Kabel läuft unser gesamter globalisierter Datenaustausch“, sagt Johannes Peters, Leiter des Center for Maritime Strategy and Security der Christian-Albrechts-Universität Kiel. „Das Internet, Zahlungstransfers, Informationen aller nur denkbaren Art, jegliche Form von sprachlicher Kommunikation – all dies läuft fast ausschließlich über diese Kabel“, so Peters im DW-Interview. „Dementsprechend sind wir davon abhängig, und zwar auf globaler Ebene.“

Doch diese Kommunikationsnetze sind gefährdet. Und zwar nicht nur durch natürlichen Verschleiß, sondern auch durch mutwillige Zerstörungen. Das hat sich zuletzt in der Ostsee gezeigt. Dort wurden laut einer Studie der Washington University in Seattle seit 2022 etwa zehn Unterseekabel durchtrennt, sieben davon zwischen November 2024 und Januar 2025. In diesem Sommer wurden weitere Kabel zerstört.

Als möglicher Urheber dieser Schäden wurde vielfach Russland genannt. Indizien wie Ankerspuren oder auffällige Schiffsbewegungen verstärken diese Vermutung. Eindeutig bewiesen ist die Verantwortung Moskaus bislang aber nicht – ebenso wenig, dass die Schäden tatsächlich beabsichtig waren. Sie könnten auch auf Unfälle oder Nachlässigkeit zurückgehen.

Neben Russland steht in einigen Fällen auch China im Verdacht, einige der Kabel in der Ostsee zerstört zu haben. So hatte Schweden China Ende November 2024 aufgefordert, an der Aufklärung eines entsprechenden Falles mitzuwirken.

Sorgen im Pazifik

Und in Asien wachsen auch die Sorgen am Pazifik. Durch ihn laufen Kabelnetze, die Japan, Taiwan, Südkorea und die USA miteinander verbinden. Diese Länder befürchten, dass im Fall eines Konflikts mit China auch die Unterseekabel als kritische Infrastruktur zerstört werden könnten. 

So habe China einem Bericht des Center für Strategic and International Studies in Washington zufolge ein Schiff entwickelt, das Kabel in Tiefen von bis zu 4.000 Metern zu durchtrennen vermöge. Dies wie auch die zunehmenden Spannungen in Seegebieten mit kritischer Unterwasserinfrastruktur deuteten darauf hin, dass China sein Arsenal um ein wichtiges Instrument erweitert habe, um Kabel gezielt zu durchtrennen.

Verlegung eines Kabels zwischen Estland und Finnland, 2012Verlegung eines Kabels zwischen Estland und Finnland, 2012Bild: Patricia Gabriel-Robez/Lehtikuva/dpa/picture alliance

Andere Institutionen kommen zu ähnlichen Einschätzungen. Die US-amerikanisch-chinesische Wirtschafts- und Sicherheitsprüfungskommission (US – China Economic and Security Review Commission, USCC) hat dem US-Kongress ihren jüngsten Jahresbericht vorgelegt. „China hat sich zunehmend an Aktivitäten zur Durchtrennung von Unterseekabeln beteiligt, die als Druckmittel in der Grauzone eingesetzt werden. Zugleich gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass Peking neue Technologien zur Durchtrennung von Kabeln entwickelt, die möglicherweise im Kriegsfall eingesetzt werden können.“

Zerstörung mit enormen Auswirkungen

Ein solcher Fall würde enorme Auswirkungen haben, sagt Kenny Huang, Vorsitzender des Exekutivrats des Asia Pacific Information Center (APIC), der für die Region Asien-Pazifik zuständige Internet-Registrierungsstelle. „Wenn das Hauptkabel beschädigt ist, verlieren Sie die gesamte Internetverbindung“, so Huang zur DW. „Die betroffene Region wird zu einem Informationsvakuum, da auch kein Zugriff auf das interne Netzwerk mehr besteht“, so Huang, der auch Vorsitzender des Taiwan Network Information Center ist. Für Taiwan hätte ein unterbrochenes Seekabel enorme Auswirkungen, warnt Huang. „Es würde Taiwan vollständig von der Außenwelt abschneiden. Der Zugang zu Informationen wäre unmöglich. Dies hätte nicht nur Konsequenzen für die Kommunikation, sondern für viele Branchen – so etwa Bildung, Wirtschaft, Militär, Landwirtschaft und viele andere.“ 

Taiwan Tainan 2025 | Küstenwache eskortiert verdächtiges Frachtschiff "Hongtai" nach Kabelbeschädigung, 2025Die taiwanesische Küstenwache eskortiert ein verdächtigtes Frachtschiff nach einer Kabelbeschädigung, 2025Bild: Küstenwache Taiwans/dpa/picture alliance

Ähnliches gilt auch für andere Staaten der Region. Kabel könnten nicht nur zerstört, sondern auch angezapft werden, heißt es in einem Report des Online-Magazins Global Defense Insight: „Rivalisierende Staaten könnten diese Schwächen zur Informationsgewinnung oder zur Erlangung strategischer Vorteile in maritimen Sicherheitskonflikten ausnutzen. Südkorea muss seine Cybersicherheitsstruktur und die internationale Zusammenarbeit verbessern, um diese kritischen Infrastrukturen zu schützen.“ 

Testlabor Ostsee

Unterseekabel zu zerstören sei technisch keine allzu große Herausforderung, sagt Johannes Peters von der Universität Kiel. „Es reicht, eine Art Anker über den Meeresgrund schleifen zu lassen, der diese Kabel dann mit sich zieht und sie irgendwann zerreißt. Dazu braucht es auch kein besonders leistungsfähiges Schiff.“

Produktion eines Unterseekabels im chinesischen Qingdao, 2020Produktion eines Unterseekabels im chinesischen Qingdao, 2020Bild: Liang Xiaopeng/HPIC/dpa/picture alliance

Aus diesem Grund müsse man auch die Entwicklung in der Ostsee aus breiterer Perspektive betrachten, so Peters weiter. „China wird sehr genau beobachten, wie der Westen auf Attacken auf Unterseekabel reagiert. Es wird die entsprechenden Probleme der westlichen Staaten zu identifizieren suchen – neben den technischen durchaus auch die juristischen, die sich aus dem internationalen Seerecht ergebe. Insofern ist die Ostsee momentan eine Art Testlabor für hybride maritime Kriegsführung, die natürlich auch anderswo auf der Welt beobachtet wird.“

Zahlreiche Schutzmaßnahmen

Darum gelte es unter anderem, den juristischen Schutz von Kabeln zu verbessern, sagt Kenny Huang. „Es geht nun darum, Gesetze zu erlassen, auf deren Grundlage sich höhere Strafen für das vorsätzliche Durchtrennen von Unterseekabeln verhängen lassen. 

Auch technische Maßnahmen seien weiter zu entwickeln. Wenn ein Kabel beschädigt ist, kann der Datenverkehr normalerweise auf ein anderes Kabel oder einen anderen Anbieter umgeleitet werden. Ein mehrstufiger Backup-Plan für den täglichen Betrieb kann einiges leisten. Doch selbst mit einem Backup-Plan ist dies nicht immer möglich. Bei einem militärischen Angriff auf ein Unterseekabel gibt es keine Einrichtung, die einen solchen Angriff abwehren könnte.“

Aus diesem Grund entscheiden sich die Staaten der Region zunehmend für Präventionsmaßnahmen. Japan und verbündete Staaten würden mittlerweile chinesische Unternehmen von Unterseekabelprojekten ausschließen, an denen US-amerikanische Investitionen und Firmen beteiligt sind, heißt es in einem Report des Center for Strategic and International Studies in Washington. Zudem verlege Japan die Kabel in erheblicher Entfernung zueinander, so dass ein Angriff nicht das gesamte System zerstöre.

Auch könnten Staaten gewisse Gebiete ausweisen, die Schiffe aufgrund der dort befindlichen Kabel nur mit Genehmigung durchqueren könnten, sagt Peters. „Auch die Kabel selbst lassen sich teils schützen, etwa mit entsprechender Sensortechnik.“

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