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Der erste Bauabschnitt betrifft etwa 200 Meter des Rambachkanals – vom Kurpark bis zur Wilhelmstraße. © Michael Schick
Roboter entdeckten Risse und Hohlräume in den historischen Kanälen. Die Sanierung in Wiesbaden soll bis 2029 dauern und erstreckt sich über mehrere Abschnitte.
Die Stadt Wiesbaden hat den Startschuss für ein ehrgeiziges Sanierungsprogramm gegeben: Der Magistrat bewilligte rund sechs Millionen Euro, um marode historische Bachkanäle unter der Wilhelmstraße und der Friedrich-Ebert-Allee instand zu setzen.
Das Foto, etwa aus dem Jahr 1902, dokumentiert den Bau des Salzbachkanals. © Stadtarchiv/Bethauser
„Der Beginn der Arbeiten duldet keinen Aufschub, um die Sicherheit auch künftig zu gewährleisten, weitere Schäden an der Bausubstanz abzuwenden und für eine sichere Ableitung des Bach- und des Regenwassers zu sorgen – besonders bei Starkregenereignissen“, begründete Bürgermeisterin Christiane Hinninger (Grüne).
Untersuchungen mit selbstfahrenden Robotern hatten deutliche Schäden gezeigt: Risse, Ausbrüche, fehlende Anschlüsse, freiliegende Bewehrung. Zwar sei laut Fachleuten derzeit keine akute Einsturzgefahr gegeben, doch Hohlräume und Hinterspülungen könnten nicht ausgeschlossen werden – weshalb manche Schäden sofort beseitigt werden müssten, andere mittelfristig.
Im Bereich „Am Warmen Damm“ zwischen Wilhelmstraße und Parkfläche musste vorsorglich eine Zuwegung gesperrt werden. Die Nutzung des Weges ist aktuell Fußgänger:innen und Radfahrer:innen vorbehalten.
Der erste Bauabschnitt betrifft etwa 200 Meter des Rambachkanals – vom Kurpark bis zur Wilhelmstraße, hinter dem Staatstheater. Kosten: etwa 950 000 Euro. Parallel soll der etwa 1600 Meter lange Salzbachkanal zwischen Wilhelmstraße / Friedrich-Ebert-Allee bis zum Bahnhofsplatz saniert werden. Das kostet rund 1,6 Millionen Euro. Der Start der Arbeiten ist für 2026 geplant.
Keine akute Einsturzgefahr
Außerdem steht unter dem „Warmen Damm“, auf Höhe der Häuser 30–38, ein rund 100 Meter langer Doppelkanal aus dem 19. Jahrhundert zur Sanierung an. Wegen komplexer Randbedingungen ist die Planung noch offen. Erste Schätzungen beziffern die Kosten auf etwa 4,5 Millionen Euro. Insgesamt sollen sich die Arbeiten über mehrere Jahre erstrecken – mit Abschluss bis 2029.
Wiesbaden wird von mehr als 240 Kilometern Bächen durchzogen – doch rund 13 Kilometer davon fließen heute unsichtbar unter der Erde, in Betonrohren oder Gewölben. Viele dieser Kanäle entstanden im Zuge der rasanten Stadtentwicklung im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Ursprünglich wurden die damals noch offenen Bäche genutzt, um Abwässer abzuleiten. Mit wachsender Bevölkerungszahl nahmen Gestank und Verschmutzung der Gewässer zu. Der Salzbach wurde damals in der Presse abfällig als „cloaca maxima“ bezeichnet. Mit dem Grad der Verschmutzung wuchs auch die Gefahr, dass sich Krankheiten wie Typhus oder die Cholera ausbreiteten.
Um diesen hygienischen und gesundheitlichen Krisen zu begegnen, begann ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein Umbau: Steinmauern, überwölbte Kanäle, später Klinkerrohre wurden gebaut. Nach mehreren Typhusepidemien entstand zwischen 1905 und 1907 der knapp 2700 Meter lange Hauptkanal des Salzbachs mit einer Breite von fünf Metern und einer Höhe von viereinhalb Metern.
Heute legt die Stadt Wert auf den Erhalt dieser historischen Bauwerke. Dennoch zeigen jahrzehntelanger Wasserfluss, Belastung durch Regenmengen und die natürlichen Alterungsprozesse, dass die Sanierung unverzichtbar ist. Allerdings sind Fachleute überrascht, dass die historischen Bachkanäle, durch die Millionen Kubikmeter Wasser geflossen sind und zwei Weltkriegen ausgesetzt waren, solange Stand gehalten haben.