Abgebrannte Böller liegen nach der Silvesternacht auf der Straße im Hintergrund sind Feurwehrfahrzeuge zu sehen.

Stand: 02.12.2025 18:48 Uhr

Kurz vor der Innenministerkonferenz dringt ein Bündnis aus 55 Organisationen auf ein bundesweites Verbot privater Feuerwerke. Ihre Forderung ist auch gleichzeitig ihr Hashtag: #böllerciao.


Max Kell

Es sei „höchste Zeit“, die Politik müsse sich „endlich dazu durchringen“ – oder „Deutschland lasse es zu, dass Städte im Feinstaub versinken“. Es waren die großen Sätze, drastischste Formulierungen, die auf der digitalen Pressekonferenz bemüht wurden.

Die Deutschen Umwelthilfe hatte dazu eingeladen – unterstützt von verschiedenen Organisationen wie dem Deutschen Kinderhilfswerk, mehreren Tierschutzverbänden oder der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Ihre Forderung ist auch gleichzeitig ihr Hashtag: #böllerciao.

„Polizistinnen und Polizisten sind es leid“

Die Diskussion ist mittlerweile fast schon eine Tradition wie der Jahreswechsel an sich. Geändert hat sich bisher aber kaum etwas. Der Verkauf und das Abbrennen des Feuerwerks an Silvester sind in einem Bundesgesetz geregelt. Einige Bundesländer wollen das jetzt ändern, um selbst entscheiden zu können, ob sie Verbote erlassen. Auch deswegen erhöht das Bündnis jetzt den Druck auf die Innenminister vor ihrem Treffen am Mittwoch.

Die Argumente des Bündnisses für ein Verbot sind unter anderem: eine zu hohe Feinstaubbelastung durch die Knallerei, überlastete Krankenhäuser, purer Stress für die Tiere in der Neujahrsnacht, Sach- und Brandschäden überall in Deutschland oder auch die zahlreichen Angriffe mit Böllern auf die Polizei.

Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert auch deswegen ein Umdenken: „Die Innenministerkonferenz muss das Thema Böllerverbot endlich ernst nehmen und den Regionen ermöglichen, regionale Lösungen umzusetzen. Wir Polizistinnen und Polizisten sind es leid, jedes Jahr am eigenen Leib zu spüren, was politische Untätigkeit anrichtet.“

Vorbild Niederlande

Internationaler Druck kommt zusätzlich aus einem Nachbarland: Die Niederlande haben genau das beschlossen, was sich das Bündnis wünscht: Das vollständige Verbot von privatem Feuerwerk ab 2026. Die Begründung ist ähnlich wie in Deutschland: Verletztenzahlen, Luftverschmutzung und Kosten für öffentliche Sicherheit. Stattdessen sollen professionelle, kommunal organisierte Feuerwerksshows den Jahreswechsel gestalten. Der Schritt wird in den Niederlanden mehrheitlich unterstützt.

Er sei genau der richtige, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe: „Die Niederlande handeln und schützen ihre Bevölkerung, ihre Tiere, die Einsatzkräfte und die Umwelt. Deutschland hingegen lässt weiter zu, dass für den Spaß einer sehr kleinen Minderheit jedes Jahr Tausende Menschen verletzt werden, Städte im Feinstaub versinken und Millionen Tiere in panische Flucht geraten.“

Zwischen Tradition und Belastungen

Auch wenn immer mehr Umfragen zeigen, dass auch in der Bevölkerung die Zustimmung für ein Verbot steigt, gibt es noch eine andere Perspektive. Nämlich dass auch die Nachfrage an Feuerwerk steigt. Die Importe sind auf einem Rekordhoch. Noch nie wurden so viele Raketen, Böller und Co. nach Deutschland eingeführt wie in diesem Jahr.

Vor allem aus China. Und die letzten beiden Verkaufsjahre haben gezeigt: die Nachfrage in Deutschland nach pyrotechnischen Produkten ist da. Und sie nimmt zu.

Feuerwerksverkauf zieht wieder kräftig an

Nach den pandemiebedingten Verkaufsverboten erlebt die Branche eine deutliche Erholung. Hersteller und Händler berichten seit drei Jahren von stark steigenden Umsätzen. Klaus Gotzen vom Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) glaubt, dass es auch so weitergehen wird: „Wir hoffen natürlich darauf, dass auch in diesem Jahr die Nachfrage wieder groß sein wird“. Und darauf seien sie auch vorbereitet.

Bei der Diskussion über ein mögliches Verbot fordert der Verband mehr Sachlichkeit: „Wir haben den Eindruck, dass die Diskussion von der falschen Seite angegangen wird. Für uns sollte nicht der Weg sein, den legalen Silvesterartikel zu verbieten, sondern die großen Probleme entstehen durch die illegalen Produkte.“ Dafür müsse es bessere Lösungen geben, so der Verband mit Blick auf die Innenministerkonferenz.

Eine Konferenz, viele Interessen

Je näher der Jahreswechsel rückt, desto lauter wird auch in diesem Jahr die Frage: Privatspektakel in Deutschland, ja oder nein? Rekordverkäufe und fest verankerter Bestandteil zum Jahreswechsel auf der einen Seite, wachsende gesellschaftliche und politische Skepsis auf der anderen. Und vor der Innenministerkonferenz in Bremen haben alle Seiten nochmal ihre Perspektive deutlich gemacht.