Forscher aus Dresden, Halle und Hsinchu besiegeln die deutsch-taiwanesische Forschung an ferroelektrischen Speichern. Foto: Fraunhofer-IPMS
Fraunhofer Dresden und TSRI wollen mit 2D-Nanosheets den Stromverbrauch merkfähiger Zellen um Faktor 100 senken
Dresden/Hsinchu, 2. Dezember 2025. Um den wachsenden Energiehunger der „Künstlichen Intelligenzen“ (KI) weltweit zu dämpfen, entwickeln Forscher aus Sachsen und Taiwan gemeinsam neue merkfähige Speicherzellen, in denen die KIs sowohl rechnen wie auch Daten speichern können – ähnlich wie es das menschliche Gehirn mit seinen Neuronen tut. Die Partner hoffen, mit ihren winzigen 2D-Nano-Funktionsblättern („Nanosheets“) aus Hafniumoxid den Energieverbrauch merkfähiger Speicher um den Faktor 100 senken zu können. Das geht aus einer Mitteilung des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme (IPMS) in Dresden hervor, das zusammen mit dem „Taiwan Semiconductor Research Institute“ (TSRI) aus Hsinchu und dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS) aus Halle an dieser Innovation arbeitet.
„Das eröffnet neue Möglichkeiten für KI-Systeme und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch.“
IPMS-Projektleiter Dr. Maximilian Lederer
300-mm-Forschungslinie für ferroelektrische Speicherchips geplant
„Wir gestalten eine Plattform, die Speichertechnologie und Rechenleistung modernster Chips enger miteinander verknüpft“, erklärt IPMS-Projektleiter Dr. Maximilian Lederer. „Das eröffnet neue Möglichkeiten für KI-Systeme und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch.“ Am Ende der Kooperation soll eine Forschungs-Fertigungslinie betriebsbereit sein, die ferroelektrische Speicher für Konsumelektronik, Autos, Industrieprodukte und Medizintechnik auf 300 Millimeter großen Siliziumscheiben (Wafer) herstellen kann.
Nahaufnahme von ferroelektrischen Speicherchips auf einem 300-mm-Wafer des Fraunhofer-Photonikinstituts IPMS in Dresden. Foto: Fraunhofer-IPMS.
Vorstoß mit Hafnium in die Nanowelt
Hintergrund: Merkfähige Speicher – etwa auf Flash-Basis – gibt es zwar schon länger. Aber die bisherigen Chip-Lösungen dafür lassen sich nur sehr schwer verkleinern und passen dadurch immer weniger in Grafikprozessoren, KI-Beschleuniger und andere Hochleistungschips hinein, in denen heute teilweise bereits Strukturgrößen unterhalb von drei Nanometern (Millionstel Millimeter) üblich sind.
Inzwischen kristallisiert sich aber heraus: ferroelektrische Feldeffekttransistoren (FeMFETs) auf Hafniumoxid-Basis haben das Potenzial, diese Nano-Barrieren zu überwinden – sie lassen sich fast beliebig weiter verkleinern. Zudem sind sie prinzipiell imstande, ähnlich wie Neuronen zu arbeiten: Die durch den US-Mathematiker John von Neumann einst eingeführte strikte Trennung von Speichern und Recheneinheiten in Computern gilt für sie nicht zwingend. Damit fällt auch der zeit- und energiefressende Datentransfer zwischen Rechenwerken und Speicher weg. Denkbar wäre es insofern, solche ferroelektrischen Minischalter zum Beispiel direkt in KI-Beschleunigerchips einzubetten, um deren Rechentempo deutlich zu erhöhen und gleichzeitig den Stormverbrauch stark zu senken.
Durch TSMC-Ansiedlung rücken Sachsen und Taiwan enger zusammen
Dass sich Taiwan – das in der Fertigung von höchstintegrierten Schaltkreisen weltweit führend ist – ausgerechnet zusammen mit den Fraunhofer-Experten Sachsen an dieser wegweisenden Technologie forscht, hat gute Gründe: Seit sich der Halbleiterkonzern „TSMC“ aus Taipeh entschieden hat, seine erste europäische Chipfabrik in Dresden zu bauen, vertiefen Sachsen und Taiwan ohnehin ihre wirtschaftlichen, technologischen und forschungspolitischen Kooperationen.
Durchbruch mit Hafniumoxid-Speichern gelang Qimonda Dresden noch kurz vor dem Untergang
Zudem gelten Dresdner Elektronikforscher als Pioniere der ferroelektrischen Transistoren auf Hafniumoxid-Basis: Kurz vor seinem Untergang gelang dem Speicherchip-Konzern „Qimonda“ in Dresden auf diesem Sektor noch wegweisende Durchbrüche. Dieser Technologiepfad führte unter anderem auch zur Gründung der „Ferroelectric Memory Company“ (FMC) in Dresden, die demnächst eine eigene Chipfabrik für ferroelektrische Arbeitsspeicher in Magdeburg bauen will.
TSRI-Direkor: Deutsch-taiwanesische Zusammenarbeit vereint Schlüsselkompetenzen
Die Taiwanesen sehen jedenfalls einiges Potenzial in der Kooperation mit dem IPMS Dresden, das einen etwas anderen Technologiepfad als FMC bei den ferroelektrischen Speichern verfolgt: „Die deutsch-taiwanesische Zusammenarbeit vereint Schlüsselkompetenzen – von der Materialentwicklung über die hochauflösende Materialcharakterisierung bis hin zu modernsten Bauelementarchitekturen“, freut sich Direktor Dr. Chien-Nan Liu vom TSRI. „Gemeinsam schaffen wir eine Plattform für die nächste Generation energiesparender Speichertechnologien.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: IPMS, Wikipedia, Oiger-Archiv

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