Brüssel – Die EU will bis spätestens Ende 2027 vollkommen unabhängig von Erdgas aus Russland sein und jegliche Importe stoppen. Das sieht eine in Brüssel erzielte Einigung zwischen Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments vor, die vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs erzielt wurde.
In der Nacht zu Mittwoch einigten sich die Abgeordneten des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie sowie des Ausschusses für internationalen Handel und die dänische Ratspräsidentschaft darauf, die Einfuhr von russischem Erdgas ab Inkrafttreten der Verordnung Anfang 2026 für Flüssigerdgas (LNG) auf dem Spotmarkt und ab dem 30. September 2027 für Pipeline-Gas zu verbieten. Das geht aus einer offiziellen Mitteilung hervor.
Ausnahmen sind für Binnenländer vorgesehen, die nach Abschluss kurzfristiger Verträge noch zwei Monate länger Erdgas aus Russland beziehen dürfen.
Importstopp soll auch Finanzierung für Ukraine-Krieg erschweren
In einer Pressemitteilung heißt es, der informell mit dem Rat vereinbarte Gesetzentwurf ziele darauf ab, die Interessen der EU vor der Instrumentalisierung von Energielieferungen durch Russland als Waffe zu schützen. Zudem soll es der vollständige Importstopp Russland erschweren, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter zu finanzieren.
▶︎ Die Einigung soll auch rechtliche Sicherheit schaffen. Denn während die Sanktionen gegen Moskau alle sechs Monate verlängert werden müssen und Einstimmigkeit unter den Mitgliedstaaten erfordern, sollen die nun vorgesehenen rechtlichen Änderungen dauerhaft gelten.
Mehr zum ThemaEU-Kommission: Verbraucher kaum betroffen
Einer Analyse der EU-Kommission würde der Komplettverzicht auf russisches Gas kein Risiko für die Versorgungssicherheit bedeuten. Auf dem Weltmarkt gebe es genügend andere Anbieter, heißt es aus Brüssel. Verbraucher müssten sich demnach keine großen Sorgen über steigende Gaspreise machen.
Allerdings enthält die Einigung eine Art Sicherheitsklausel, falls die Versorgungssicherheit eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ernsthaft gefährdet sein sollte. Unter diesen Umständen könnte die EU-Kommission den betroffenen EU-Ländern erlauben, Einfuhrverbote für Gas auszusetzen. Nur wenn ein Mitgliedstaat den Notstand ausruft, sind dann zeitlich begrenzte Lieferungen erlaubt.
Russland macht Milliardengewinne mit Energielieferungen
Auch nach knapp vier Jahren Krieg erwirtschaftet Russland mit Energielieferungen in die EU weiterhin Milliardengewinne. Im ersten Halbjahr 2025 importierte die EU nach Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat Flüssigerdgas im Wert von fast 4,5 Milliarden Euro aus Russland.
Für russische Ölexporte in die Slowakei und Ungarn soll die EU-Kommission laut der in Brüssel erzielten Einigung im nächsten Jahr einen Plan für den Ausstieg bis Ende 2027 vorlegen. Die beiden Staaten beziehen als einzige in der EU noch Rohöl aus Russland und sind auch in hohem Maße von russischen Erdgaslieferungen abhängig. Schon mehrfach haben Ungarn und die Slowakei weitreichende Pläne zur Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland blockiert.