Es dauerte bis nach dem Schlusspfiff, bevor am späten Dienstagabend endgültig erkennbar wurde, wer die Führungsfiguren bei Borussia Dortmund sind. Rund hundert Minuten lang hatte der BVB gegen Bayer Leverkusen um den Einzug ins Viertelfinale des DFB-Pokals gekämpft, hundert Minuten, in denen die entscheidenden Spieler mehr oder weniger kleine Fehler gemacht und damit entscheidend zur 0:1-Niederlage beigetragen hatten.

Karim Adeyemi hatte sechsmal aufs Tor geschossen, so häufig wie das gesamte Leverkusener Team. Mindestens zwei seiner Abschlüsse gehören in die Kategorie „Großchance“. Emre Can, der Kapitän, hatte sehr viele Zweikämpfe gewonnen, im wichtigsten Moment, als Ibrahim Maza das Tor des Tages für Leverkusen erzielte, schaltete er aber zu früh ab. Und Nico Schlotterbeck war in der Entstehung des Treffers ein taktischer Fehler unterlaufen. „Ich bin extrem niedergeschlagen“, sagte der Verteidiger.

Nun saß Adeyemi deprimiert auf dem Boden, Schlotterbeck und Can führten mit blassen Gesichtern erste Analysediskussionen, es waren die wichtigsten Dortmunder, denen der Schmerz besonders deutlich anzusehen war. Den Anführern war offenkundig bewusst, dass sie gerade ihr attraktivstes Saisonziel verpasst hatten. „Wir haben eigentlich ein ordentliches bis gutes Spiel gemacht“, sagte Schlotterbeck, aber das reichte nicht. In den kleinen Momenten war Leverkusen besser.

Schlotterbeck verliert den Kontakt

In der 34. Minute zum Beispiel, als der BVB tat, was derzeit viele Spitzenteams machen, nicht zuletzt der FC Bayern unter dem Trainer Vincent Kompany: „Wenn der Ball beim gegnerischen Torwart ist, wird die Mittellinie attackiert, dann geht es Mann gegen Mann“, sagte Kovac. Schlotterbeck ließ sich weit aus der Defensive herausziehen, verlor dann aber den Kontakt zu seinem Gegenspieler Martin Terrier, weil er Leverkusens Torhüter Mark Flekken anlaufen wollte.

Über Terrier gelang Leverkusen die Befreiung aus dem Mann-gegen-Mann, 19 Sekunden später stand es 0:1. Vielleicht hätte auch Emre Can den Treffer noch verhindern können, wenn er im eigenen Strafraum energischer agiert hätte, der Kapitän schaltete zu früh ab.

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Damit waren Schlotterbeck, Adeyemi und Can die Namen, die mit den „Kleinigkeiten“ in Verbindung standen, die Leverkusens Trainer Kasper Hjulmand zum Hauptfaktor für dieses Ergebnis erklärte. Ähnlich wie in der Woche zuvor beim Duell in der Bundesliga, das der BVB mit 2:1 in Leverkusen gewonnen hatte. Nach diesen beiden Partien deutet sich nun ein Kontrast zwischen den beiden Topteams an, der den weiteren Saisonverlauf prägen könnte: Während die Rheinländer aus der Partie vom Samstag lernten und grundsätzlich in einem bemerkenswerten Tempo reifen, verläuft die Dortmunder Entwicklung gerade eher zäh.

Das Problem sind die Leistungen der Einzelnen

Wettbewerbsübergreifend hat der BVB zuletzt nur zwei von sechs Spielen gewonnen, die beste Titelchance ist verspielt, Kovac jedoch sagte: „Die Mannschaft hat alles gegeben, wir können uns nichts vorwerfen.“ Einerseits lässt sich diese Argumentation nachvollziehen, kleine Fehler passieren. Aber dem Anspruch, als bestes deutsches Team hinter dem FC Bayern zu gelten, wird der BVB derzeit nicht gerecht. „In solchen Spielen geht es immer um Momente, wer die nimmt und wer die nicht nimmt“, sagte Felix Nmecha. „Wir haben die nicht genommen.“

In den schwierigen Phasen der Vergangenheit wurde beim BVB viel über Haltung und Einstellung diskutiert. Regelmäßig zeigten sich auch kollektive Schwächephasen. Die Ursache für die Punktverluste und Niederlagen dieses Herbstes liegt nun anderswo. Das Problem sind die Leistungen von Einzelnen.

Es gibt keine Ausschläge nach unten mehr

Die Formkrise von Serhou Giurassy, den Kovac im Frühjahr immer wieder als „Lebensversicherung“ bezeichnete, hält an. Der Torjäger saß diesmal zunächst auf der Bank und hatte in der halben Stunde nach seiner Einwechslung keine Torchance. Schlotterbeck war im dritten Spiel nacheinander an einem Gegentreffer beteiligt. Die Mannschaft ist gerade sehr abhängig von Karim Adeyemi, der mit einem unglaublichen Talent beschenkt wurde, ein Anführer, auf den sich der Rest verlassen kann, ist er aber eher nicht.

Zu den großen Verdiensten von Trainer Kovac zählt, dass die Stimmung trotz dieser schwierigen Saison okay ist beim BVB. Grundsätzlich stellt bisher niemand die Richtung infrage. Die Ausschläge nach unten, die Spiele, in denen das Team irgendwie in sich zusammenfällt, die gibt es tatsächlich nicht mehr.

Aber den großen Ausschlag nach oben, eine Saison, in der mehr gelingt als die abermalige Champions-League-Qualifikation, wird es wohl nicht mehr geben vor der WM im kommenden Jahr. Und selbst dieses Minimalziel ist nicht so einfach erreichbar im Wettbewerb mit den erstarkten Leverkusenern, den wilden Leipzigern und den guten Stuttgartern. Sogar die TSG Hoffenheim ist gerade ein ernsthafter Konkurrent. Am Sonntag (17.30 Uhr bei DAZN) kann der Klub mit einem Sieg in Dortmund in der Bundesligatabelle am BVB vorbeiziehen.