Am Böblinger Bahnhof gedealt: Wegen Drogenhandel und Körperverletzung verurteilt Einer der Angeklagten ist verurteilt worden, weil er mit Cannabis gedealt hatte. Foto: Ingo Wagner/dpa

In einem Prozess mit 130 Anklagepunkten verurteilt das Landgericht Stuttgart zwei Angeklagte am Ende wegen fünf Delikten. Von der großen Anklage war nicht mehr viel übrig geblieben.

Es war ein umfangreicher Prozess, den die 17. Große Strafkammer seit Anfang August zu verhandeln hatte. Nach vier Monaten und elf Verhandlungstagen, an denen zahlreiche Zeugen sowie ein psychiatrischer und ein rechtsmedizinischer Sachverständiger gehört wurden, blieben von insgesamt 130 Anklagepunkten gegen drei Angeklagte nur noch fünf übrig: Ein 23-Jähriger wurde wegen dreifachen Handels mit Cannabis zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, ein 30-Jähriger wegen Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr und sieben Monaten Haft. Gegen einen dritten, 25 Jahre alten Angeklagten, wurde das Verfahren eingestellt.

30-Jähriger will Schulden eintreiben

Die Anklage war noch davon ausgegangen, dass das Trio zwischen Februar vergangenen und Februar dieses Jahres in Böblingen und Umgebung umfangreiche Geschäfte mit Marihuana und Haschisch gemacht hatte, um sich eine Einnahmequelle von Dauer zu sichern. Der 23-Jährige und der 30-Jährige hätten die Drogen vor allem am Bahnhof Böblingen verkauft, der dritte, 25 Jahre alte Angeklagte, habe die meisten Geschäfte eingefädelt, hieß es anfangs. In seinem Auftrag sei der 30-Jährige mehr als 20 mal nach Frankfurt gefahren, um dort mindestens 500 Gramm Haschisch zu besorgen. Auch minderjährige Abnehmer hatten laut Anklage zu den Kunden des Trios gehört.

Von den insgesamt 128 Taten mit Betäubungsmitteln sah die 17. Große Strafkammer am Ende nur drei als erwiesen an – bei dem 23-Jährigen. Sämtliche Vorwürfe im Zusammenhang mit Drogen gegen den 30-Jährigen wurden hingegen eingestellt. Als erwiesen sahen die Richter es allerdings an, dass der 30-Jährige zusammen mit einem Begleiter eine Auseinandersetzung mit zwei anderen Männern aus dem Milieu hatte. Der Begleiter hatte einen Mann am Kragen gepackt und in Schach gehalten, der 30-jährige Angeklagte hatte den anderen Mann mit einem Messer bedroht und ihn aufgefordert, seine Schulden bei ihm zu begleichen.

Tritte gegen den Kopf versetzt

Als dieser erwiderte, er sei „der Chef von Böblingen“ und werde nichts zurückzahlen, habe der 30-Jährige diesem einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, so dass der Mann zu Boden gegangen sei. Anschließend versetzte er ihm Schläge mit der Hand und anschließend Tritte gegen den Kopf, bis es seinem Begleiter gelang, sich loszureißen und ihm zu helfen. Darüber war der 30-Jährige so erbost, dass er und sein Bekannter später den Begleiter am Parkplatz des S-Bahnhofs Hulb abpassten und diesen ebenfalls zu Boden schlugen und ihm dann Tritte versetzten.

Die Bewährungsstrafe gegen den 23-Jährigen begründete das Gericht mit seiner positiven Kriminalprognose. Er sei umfassend geständig gewesen, die Drogen seien sichergestellt worden, und er habe auf den Gewinn von knapp 600 Euro verzichtet. Für den 30-Jährigen vermochten die Richter hingegen keine positive Kriminalprognose zu stellen. Seine Taten wiesen Züge einer dissozialen Persönlichkeitsstörung auf, er habe Vorstrafen und sei unter Bewährung gestanden.