Ein Sexskandal hat die französische Stadt Saint-Étienne etwa fünfzig Kilometer südwestlich von Lyon erschüttert: Der 53-jährige rechtsgerichtete Bürgermeister Gaël Perdriau wurde wegen Erpressung, Unterschlagung öffentlicher Mittel und krimineller Vereinigung jetzt schuldig gesprochen. Das Gericht verhängte eine Fünfjahresstrafe, von der vier Jahre zu verbüßen sind, eine Geldstrafe von 50.000 Euro sowie ein fünfjähriges Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden – mit sofortiger Wirkung.

Sex-Video mit Callboy

Die Vorwürfe beziehen sich auf Ereignisse aus dem Jahr 2013: Perdriau und seine Komplizen sollen in einem Hotelzimmer in Paris ein „erotisches Massage-Video“ aufgenommen haben, auf dem sein damaliger Stellvertreter Gilles Artigues zusammen mit einem männlichen Escort zu sehen ist. Besonders heikel für den streng gläubigen Katholiken Artigues, der sich im gleichen Jahr vehement gegen die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen hatte. Zudem ist er Gründer der Organisation „Jugend für den Glauben“, die sich für die Förderung des Christentums unter jungen Menschen einsetzt. Das Video wurde daraufhin über acht Jahre immer wieder zur Erpressung und als Druckmittel benutzt, um Artigues daran zu hindern, bei den Bürgermeisterwahlen gegen Perdriau anzutreten.

Rücktritt des Bürgermeisters

Die Ermittlungen in dem Fall begannen schlussendlich dann 2022, nachdem Artigues Strafanzeige gegen Perdriau und dessen Kabinettschef eingereicht hatte. Die Vorwürfe lauteten unter anderem auf erschwerte Erpressung, kriminelle Organisation und Unterschlagung. In dieser Woche nun erfolgte das Urteil – Brigitte Vernay, Vorsitzende Richterin des Gerichts von Lyon, erklärte: „Herr Perdriau, Sie können nicht länger Bürgermeister von Saint-Étienne sein!“ Die Richterin betonte überdies die „äußerste Schwere der Taten“ und den schwerwiegenden Gegensatz zu Perdriaus öffentlicher Verantwortung, weshalb die Strafe sogar über die Forderungen der Staatsanwaltschaft hinausging.

Gefängnisstrafen für Mittäter

Darüber hinaus wurde direkt ein Haftbefehl erlassen, der zeitnah vollstreckt werden soll, danach soll der Bürgermeister mittels präsidialem Dekret offiziell zurückgetreten. Damit endet seine zweite Amtszeit als Stadtoberhaupt vorzeitig. Auch weitere Beteiligte wurden verurteilt: Samy Kéfi-Jérôme, der ehemalige Bildungsstadtrat, der die versteckte Kamera im Hotelzimmer platziert hatte, erhielt vier Jahre Haft. Pierre Gauttieri, Perdriaus langjähriger Kabinettschef, bekam auch vier Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung, und Gilles Rossary-Lenglet wurde zu einer Gefängnisstrafe von ebenso vier Jahren verurteilt – er hatte das Treffen im Hotel organisiert und den Escort bezahlt. Perdriau selbst hat bis zuletzt alle Vorwürfe bestritten und behauptet, nicht an der Erpressung beteiligt gewesen zu sein.