Kiew/Washington D.C.– Es ist eine Vorstellung, die selbst die schlimmsten Albträume übersteigt: Nicht nur, dass das eigene Kind von zu Hause entführt wird. Ukrainische Kinder sollen verschleppt und in Lagern in Nordkorea inhaftiert worden sein. 9000 km von ihrer Heimat entfernt.

Die ukrainische Menschenrechtlerin Kateryna Rashevska berichtete nun vor dem US-Kongress von zwei dokumentierten Fällen: „Der zwölfjährige Misha aus der besetzten Region Donezk und die sechzehnjährige Liza aus dem besetzten Simferopol wurden in das Lager Songdowon in Nordkorea gebracht“, sagte Rashevska den Abgeordneten. In dem von Kim Jong-un geführten Reich mussten die Kinder dann lernen, „japanische Militaristen zu vernichten“.

Fast 20.000 Kinder entführt

Hintergrund: Die Beziehungen zwischen Japan und Nordkorea gelten als angespannt. Anfang des 20. Jahrhunderts hielten die Japaner Korea besetzt. Aktuell provoziert Nordkorea regelmäßig mit Raketentests, wobei die Geschosse gerne auch mal im Meer vor der japanischen Küste landen. Besonders perfide: Offenbar mussten sich die ukrainischen Kinder auch mit Veteranen treffen, die 1968 beim Angriff auf das Marineschiff „Pueblo“ neun US-Soldaten töteten oder verletzten.

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Ein Ausschuss des US-Senats organisierte Rashevskas Aussage. Damit soll aufgeklärt werden, welches Ausmaß die Entführungen ukrainischer Kinder durch Russland haben. Fakt ist: Laut der offiziellen ukrainischen Datenbank „Kinder des Krieges“ wurden seit Februar 2022 mindestens 19.546 Kinder aus russisch besetzten Gebieten entführt – viele nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete. Zahlreiche Kinder sollen später zwangsadoptiert worden sein.

Rashevska sprach von insgesamt 165 dokumentierten Fällen, in denen ukrainische Kinder in Militärcamps indoktriniert oder durch Zwangsmaßnahmen „russifiziert“ wurden – auch im benachbarten Weißrussland.

Unheilvolle Allianzen

Die Schicksale von Misha und Liza zeigen, wie eng und grausam die Diktatoren Putin und Kim inzwischen zusammenarbeiten. Nordkorea unterstützt die russische Invasion seit Beginn. 2024 stellte Pjöngjang Waffen bereit und entsandte laut ukrainischen Angaben 11.000 bis 12.000 Soldaten, um in der russischen Oblast Kursk gegen ukrainische Soldaten zu kämpfen.

Auch bei der UN war die Entführung ukrainischer Kinder gestern Thema. Dabei stimmte eine Mehrheit von 91 Ländern für eine Resolution, die Russland auffordert, die Kinder zurückzugeben. Enthaltungen gab es 57, zwölf Staaten hielten zu Kreml – darunter Diktaturen wie Nordkorea, der Iran und der Sudan.

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Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland und heutige Ständige Vertreter des Landes bei den Vereinten Nationen, Andrii Melnyk (50), zeigte sich empört über die vielen Enthaltungen: „Der globale Süden pfeift auf unsere Anliegen.“ Für die EU sei es Zeit, aufzuwachen und die europäischen Interessen „mit Härte durchzusetzen“.