Was hat und was braucht Düsseldorf für eine gelingende Kindheit? Nach Antworten suchte die Diakonie gemeinsam mit Experten zum Auftakt ihres neuen Gesprächsformats „Futuro communale“. Das heißt auf Deutsch etwa so viel wie „Die Zukunft der Stadt“. Klar ist: Kinder sind die wichtigste Ressource der Stadtgesellschaft, sie sind ihre Zukunft.

Die in drei Abschnitte gegliederte Diskussion in der Versöhnungskirche in Flingern zeigte rasch: Auch in einer wohlhabenden Kommune wie der Landeshauptstadt gibt es bei diesem Thema Licht und Schatten. Ein Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse.

Kita & Co. Auf der Habenseite steht bei der Betreuung der Jüngsten, dass der Druck, einen Platz zu finden, deutlich abgenommen hat. „Wir haben hier viel getan und manchmal war das auch ein Kraftakt“, sagt Stephan Glaremin, Leiter des Amts für Soziales und Jugend. Die Investitionen in den Kita-Ausbau würden nun Früchte tragen. „Unser Angebot an Kita- und Tagespflege-Plätzen ist am Ende bedarfsdeckend, kein Kind muss unversorgt bleiben“, stellt Glaremin fest.

Dass Druck aus dem System genommen wurde, kann Bastian Schubert bestätigen. Der zweifache Vater ist Sprecher der Düsseldorfer Kita-Eltern. Allerdings gebe es je nach Stadtteilen immer noch Schwankungen bei der Versorgung. Viel mehr drücke der Schuh allerdings bei der Verlässlichkeit der Betreuung. Bei einer Spontanabfrage unter verschiedenen Elternbeiräten im November hätten mehr als die Hälfte über aktuelle Engpässe und mangelnde Verlässlichkeit geklagt. Zu oft würden einzelne Tage ausfallen, würde die Betreuung am Nachmittag immer wieder verkürzt, so die befragten Beiräte. „Das hat auch etwas mit der Erkältungszeit zu tun, aber nicht nur“, sagt Schubert. Tatsächlich sei das Thema der Verlässlichkeit ein großes. „Es bringt all jene in die Bredouille, die wegen ihrer Jobs darauf angewiesen sind“, sagt er. Und es sorge für ein Gefühl der Ungerechtigkeit, weil es an einigen Standorten immer wieder hapere und an anderen so gut wie nie. „Welchen Standort man erwischt, weiß man bei der Anmeldung aber meist nicht – die Verlässlichkeit hängt also vom Zufall ab, und das ist unbefriedigend“, meint Schubert.

Wann die im aktuellen städtischen Koalitionsvertrag von CDU und Grünen hinterlegte Beitragsfreiheit auch für unter Dreijährige, die bis zu 35 Stunden pro Woche betreut werden, kommt, konnte Glaremin nicht sagen. „Ziel ist es, das in den nächsten fünf Jahren umzusetzen.“ Das Vorhaben passe zu dem klaren Bekenntnis, in Düsseldorf verlässlich eine kostenfreie Bildung zwischen null und zehn Jahren anzubieten.

Armut und Therapien Hier bot der Abend teils ernüchternde Erkenntnisse. Klar ist: Junge Menschen sind auch in Düsseldorf stärker von Armut betroffen als Erwachsene. So bezogen 2024 elf Prozent der Bevölkerung Bürgergeld, bei den unter 18-Jährigen waren es knapp 16 Prozent. Zu denen, die sich professionell um das Thema kümmern, gehört Barbara Dully, Leiterin des Ernst-Lange-Hauses der Diakonie in Hassels-Nord. Ihre Termin- und Wartelisten, auf denen jene stehen, die Hilfe bei Gesundheits- oder Sozialthemen brauchen, ist lang. Nur Notfälle kann ihr Team vor die Klammer ziehen. „Die Hürden der Bürokratie in den unterschiedlichen Systemen ist enorm und überfordert viele“, sagt Dully. Die Folgen kennt auch Silke Tophoven von der Hochschule Düsseldorf. „Ärmere Kinder sind öfter krank“, sagt die Hochschullehrerin. Was sie gerne ändern würde? „Die Stadtgesellschaft sollte die kindliche Perspektive stärker mit einbeziehen und betroffene Kinder niemals stigmatisieren.“

Ein weiteres Thema an diesem Abend war der Umgang mit jenen Heranwachsenden, die besondere Förderung und Therapien brauchen. Hier berichtete unter anderem Marina Mych, die als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin in einer Gemeinschaftspraxis in der Altstadt arbeitet, aus ihrem Alltag. Ihr Problem: Die Therapieplätze reichen in Düsseldorf nicht, von klassischen Wartelisten haben sie und ihre Kollegin inzwischen Anstand genommen. „Es kann ein Jahr und länger dauern, bis Eltern bei der Suche Erfolg haben“, sagt sie. Hinzu komme, dass professionelle Terapieangebote oft zu hochschwellig angelegt seien. Die Ärmeren, weniger gut Organisierten kämen erst gar nicht zu ihr, dabei bräuchten gerade diese Menschen häufig professionelle Hilfe. „Ein Drama für uns Therapeuten“, nennt Mych das und fordert Änderungen an vielen Stellschrauben des Systems. „Es muss hier mehr Teilhabe-Gerechtigkeit geben“, sagt sie.