Dresden – Mitte Dezember endet in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden nach mehr als 20 Jahren die Fahrzeugproduktion. Trotz Bekundungen von VW und Freistaat gibt es zur Zukunft mehr Fragen als Gewissheiten.

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Der ID.3, bislang das Elektro-Aushängeschild aus Dresden, läuft zum letzten Mal vom Band. Grund ist die Absatzkrise bei E-Autos, die das Werk faktisch überflüssig macht. Volkswagen, der Freistaat Sachsen und die TU Dresden reagieren mit einem radikalen Umbau: Aus dem Glaspalast soll ein großer Innovationscampus für KI, Robotik und Mikroelektronik werden.

Doch hinter dem ambitionierten Zukunftsprojekt stecken massive Unsicherheiten. Zwar sprechen VW und TU von über 50 Millionen Euro Investitionen – doch wie teuer der komplette Umbau der Manufaktur wirklich wird, weiß niemand. Das Gebäude ist strikt auf Autoproduktion ausgelegt. Für einen Forschungsbetrieb fehlen Büros, Labore, Sanitärbereiche und Technikräume. Experten gehen von erheblichen Zusatzkosten aus – doch VW schweigt.

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Brisant wird es auch mit der Stadt Dresden: Die einst hochumstrittene ursprüngliche Baugenehmigung für das Werk beinhaltet ausdrücklich „industrielle Fahrzeugproduktion“ am Straßburger Platz als Bedingung. Eine Umnutzung zum Innovationscampus – dazu ein großes Autohaus samt Erlebnisbereich – widerspricht formal der Genehmigung. Eine neue Nutzungsfreigabe wäre nötig.

Denn das Auslieferungszentrum soll bleiben – und sogar wachsen. VW will in Dresden weiterhin eines der größten Auslieferungs- und Abverkaufszentren Deutschlands betreiben. Während oben geforscht wird, rollen unten Neuwagen zur Übergabe: ein Konzept, das den Umbau zusätzlich verkompliziert.

Thomas Edig (l.), Geschäftsführer Personal und Organisation bei VW Sachsen, und Danny Auerswald, Geschäftsführer Technik und Logistik, präsentierten am Donnerstag die Umbaupläne

Thomas Edig (l.), Geschäftsführer Personal und Organisation bei VW Sachsen, und Danny Auerswald, Geschäftsführer Technik und Logistik, präsentierten am Donnerstag die Umbaupläne

Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Für die mehr als 200 Beschäftigten bleibt die Lage trotz Jobgarantie unübersichtlich. VW verspricht zwar, bis 2030 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Doch für eine mittlere zweistellige Zahl an Mitarbeitern ist gänzlich unklar, welche Aufgaben sie künftig übernehmen sollen. Die IG Metall fordert „sofortige Klarheit“. Alternativen sind Versetzungen nach Zwickau oder Chemnitz – oder nach Wolfsburg, wofür VW mit einer Wechselprämie von bis zu 30.000 Euro lockt. Am Ende sollen im Campusbetrieb nur noch 155 Beschäftigte arbeiten.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (50, CDU) spricht dennoch von einem „Wendepunkt für den Industriestandort Sachsen“. Hinter den lobenden Worten steht jedoch eine unbequeme Wahrheit: Die Manufaktur wird nicht modernisiert, weil VW einen Technologieschub plant – sie wird umgebaut, weil die E-Auto-Fertigung wirtschaftlich nicht mehr funktioniert.

In der Gläsernen Manufaktur wurden früher der Phaeton, der e-Golf und zuletzt der ID.3 gebaut

In der Gläsernen Manufaktur wurden früher der Phaeton, der e-Golf und zuletzt der ID.3 gebaut

Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Wie viel der Umbau kostet, wer am Ende zahlen muss und ob die Stadt eine Umwidmung überhaupt genehmigt – all das ist vollkommen offen. Sicher ist nur: Die Gläserne Manufaktur bleibt, doch ihre Zukunft ist komplizierter, teurer und risikoreicher, als VW nach außen zeigt.