Etwa 1500 überwiegend junge Menschen haben am Donnerstagabend am Rosenheimer Platz in Haidhausen gegen das neue Gesetz zum Wehrdienst demonstriert, das der Bundestag am Freitag beschließen soll.  „Kriegsminister Pistorius und Co“ wollten Stück für Stück die Wehrpflicht wieder einführen, rief Leonie Spet vom Bündnis „Nein zur Wehrpflicht“ ins Mikrofon. „Wir haben darauf keinen Bock, wir machen nicht mit bei eurem Kriegsdienst.“

Damit waren die Jungen aber nicht allein. Trambahnfahrer Christian Gorn erzählte auf der provisorischen Bühne auf der Ladefläche eines Pritschenwagens, dass sich er selbst und auch Kollegen aus Gewissensgründen weigerten, einen Zug mit Werbeaufdruck der Bundeswehr durch die Stadt zu fahren. Er höre immer wieder, sagte Gorn, die Sache mit dem Wehrdienst, das sollten halt die Jungen machen. Seine Antwort darauf: „Nein, das müssen wir alle verhindern.“

Als sich der Demonstrationszug gegen 18.30 Uhr Richtung Oberanger und Parteizentrale der SPD in Bewegung setzte, skandierten die Teilnehmer: „Bei der Rüstung sind sie fix, für das Klima tun sie nix.“ Sie trugen Transparente mit Slogans wie „Wehrpflicht? Ohne uns!“ oder „Kriegstüchtig – Nein! Friedensfähig – Ja!“ Eltern und Großeltern hielten Schilder hoch, dass sie ihre Kinder und Enkelkinder nicht für einen Krieg hergäben.

Die Wut der Demonstranten richtete sich gegen die Bundesregierung, die mit einem Gesetz zunächst einen Wehrdienst auf freiwilliger Basis einführen will. Vom 1. Januar 2026 an sollen alle jungen Menschen, die volljährig werden, einen Fragebogen zu ihrer Motivation und Eignung bekommen. Männer müssen diesen verpflichtend beantworten und sich auch einer Musterung unterziehen, für Frauen ist der Fragebogen freiwillig.

Trotz aller Bemühungen in der Öffentlichkeitsarbeit genießt die Bundeswehr unter manchen jungen Menschen noch einen durchwachsenen Ruf.Trotz aller Bemühungen in der Öffentlichkeitsarbeit genießt die Bundeswehr unter manchen jungen Menschen noch einen durchwachsenen Ruf. (Foto: Stephan Rumpf)

Sollten auf diese Art nicht genügend Soldaten für den Wehrdienst gefunden werden, könnte eine sogenannte „Bedarfswehrpflicht“ kommen. Das heißt, dass so viele Menschen zum Wehrdienst verpflichtet werden, bis die nötige Truppenstärke erreicht ist. Dafür bräuchte es aber noch ein weiteres Gesetz.

In München hatten unter anderem die Jugendorganisationen der SPD, der Linken und des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zum Widerstand aufgerufen. Daneben waren die Gewerkschaften GEW und Verdi engagiert, aber auch linke Gruppen und Friedensaktivisten. Die Grüne Jugend hatte ihre Teilnahme zurückgezogen, weil sie bei den Protesten auch Vertreter der Organisation „Palästina spricht“ erwartet hatte. Diese wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet, die Stadt stuft sie als antisemitisch ein.

Eine junge Frau wirft der Bundesregierung vor, die Wehrpflicht diene kapitalistischen Interessen.Eine junge Frau wirft der Bundesregierung vor, die Wehrpflicht diene kapitalistischen Interessen. (Foto: Stephan Rumpf)

Tatsächlich marschierte im Demozug eine kleine, aber mit ihren Fahnen gut wahrnehmbare Gruppe mit, die unter anderem „Free Gaza“ skandierte. Die Veranstalter hatten vorab erklärt, dass „Palästina spricht“ nicht Teil des Bündnisses sei. Man erwarte „einen lauten und bunten Protest gegen die Wehrpflicht“, hieß es auf Anfrage. „Deswegen wollen wir auf unserer Demonstration weder Nationalstaatsflaggen noch faschistische Parolen oder Symbole.“

Die Proteste sollen am Freitag wie in etwa 90 anderen Städten mit Schulstreiks fortgesetzt werden. Als Teilnehmer wurden im Aufruf das Asam-Gymnasium, die FOS West und das Montessori-Zentrum München genannt. Am Giesinger Bahnhof soll es um 12 Uhr ein Treffen aller teilnehmenden Schüler geben und anschließend einen Protestzug bis zum Regerplatz.