Israel darf am Eurovision Song Contest (ESC) 2026 teilnehmen und soll nicht ausgeschlossen werden. Das verkündet die Europäische Rundfunkunion (EBU) in einem offiziellen Statement. Die EBU-Mitglieder hätten bei der Generalversammlung in Genf mehrheitlich dafür gestimmt, dass der Musikwettbewerb mit einigen geplanten Regeländerungen fortgesetzt werden solle und dass kein weiteres Votum über die Teilnahme von einzelnen Mitgliedern wie Israel nötig sei. Die EBU ist ein Zusammenschluss von Rundfunkanstalten aus 56 Nationen und Organisatorin des Musikwettbewerbs. Die meisten Mitglieder sitzen in europäischen Ländern, doch auch Anstalten aus Israel, Ägypten oder Libyen sind Teil der EBU.
Öffentlich-rechtliche TV-Sender aus Slowenien, Irland, Spanien und den Niederlanden hatten vor der Sitzung mit einem Rückzug von der Veranstaltung gedroht, sollte Israel am Wettbewerb teilnehmen. Die Sender begründen ihre Haltung mit der hohen Zahl palästinensischer Opfer im Gaza-Krieg durch das Vorgehen der israelischen Armee. Unmittelbar nach der Sitzung erklärte der niederländische Sender Avrotros, dass er nicht am ESC im Mai 2026 in Wien teilnehmen werde. Auch der spanische Rundfunk RTVE gab bekannt, dass Spanien die Teilnahme absage. Irland und Slowenien sagten ebenfalls ab. Der isländische Rundfunk will in der kommenden Woche über die Teilnahme beraten.
Eine Beteiligung Irlands am ESC sei „angesichts des entsetzlichen Verlusts von Menschenleben in Gaza und der humanitären Krise dort“ unzumutbar, teilte der Sender RTÉ mit. Der Präsident des spanischen Senders RTVE, José Pablo López, sagte, die Entscheidung zur Teilnahme Israels bestätige, dass es sich nicht um einen Musikwettbewerb handele, sondern um ein Festival, das von geopolitischen Interessen dominiert werde. Die Spanier gehören wie Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich zu den fünf wichtigsten Geldgebern der Veranstaltung, die im Mai 2026 vom österreichischen Sender ORF organisiert wird.
Veranstalter hält ESC für unpolitisch
Die Abstimmung fand geheim statt. Welche Nationen für oder gegen die Regeln gestimmt haben, ist bisher nicht bekannt. Die EBU spricht von einer „großen Mehrheit“ für die Änderungen. Die neuen Regeln beinhalten unter anderem eine Begrenzung der Zuschauerstimmen von 20 auf zehn Stimmen pro Person. Außerdem sollen in den Halbfinals wieder Fachjurys gemeinsam mit dem Publikum über die Finalisten entscheiden. Von regierungsfinanzierten Werbekampagnen für den Beitrag des eigenen Landes wird ausdrücklich abgeraten. Auch dafür stand Israel im vergangenen Jahr in der Kritik. All diese Maßnahmen sollen unverhältnismäßige Einflussnahme auf das Abstimmungsverfahren abwehren.
Das 70. ESC-Finale steht unter dem Motto „United by Music“ – vereint durch Musik. „Wir freuen uns auf die Teilnahme am ESC 2026 als Fest für Kultur, Vielfalt und Zusammenhalt“, hieß es kurz nach der Bekanntgabe vom für Deutschland beim ESC federführenden Südwestrundfunk (SWR). Die ARD habe sich im Rahmen der Abstimmung aus Überzeugung für die Regelungen zum erweiterten Schutz des ESC ausgesprochen. Die Maßnahmen zielten darauf ab, die Transparenz, Neutralität und Fairness in den Abstimmungs- und Organisationsprozessen zu festigen.„Die Absagen einzelner EBU-Mitglieder für den ESC 2026 bedauern wir außerordentlich, respektieren aber selbstverständlich die Entscheidungen der jeweiligen Sender“, hieß es in der Mitteilung weiter. Die Veranstalter um die EBU in Genf betrachten den ESC als unpolitisches, künstlerisches Ereignis.
Ein immer wieder vorgebrachtes Argument der Kritiker ist der Vergleich zu Russland. Nach dem Einmarsch in die Ukraine ist das Land vom Eurovision Song Contest in Turin 2022 ausgeschlossen und seither nicht mehr zurück in den Kreis der Teilnehmerländer aufgenommen worden. „Wir dürfen keine doppelten Standards in der Kultur zulassen“, hatte zuvor Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez mit Blick auf Israel und Russland gesagt.
Die Auswirkungen der Boykottankündigungen auf den Wettbewerb sind noch ungewiss
In Israel begrüßte Staatspräsident Izchak Herzog die Entscheidung für eine Teilnahme Israels ausdrücklich. „Israel verdient es, auf allen Bühnen der Welt vertreten zu sein“, schrieb Herzog auf der Plattform X. „Ich freue mich, dass Israel wieder am Eurovision Song Contest teilnehmen wird.“ Er bedankte sich zudem bei Israels Freunden, die sich für das Recht des Landes starkgemacht hätten, weiter bei dem Wettbewerb dabei sein zu können. „Diese Entscheidung zeigt Solidarität, Verbundenheit und Zusammenarbeit“, schrieb Herzog. Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte am Abend, er schäme sich für die Länder, die sich dazu entschlossen hätten, den Musikwettbewerb wegen der Teilnahme Israels zu boykottieren.
Welche Auswirkungen die Boykottankündigungen auf den Wettbewerb haben werden, ist noch ungewiss. Die Zahl der Teilnehmerländer variiert beim ESC jedes Jahr. Allerdings tobt die Debatte um Israels Teilnahme in mehreren Ländern. Noch vor Weihnachten soll bekannt gegeben werden, welche Länder am Songcontest im kommenden Jahr teilnehmen werden, verkündete die EBU. Von einer Absage Deutschlands ist nach dem veröffentlichten Statement von SWR und ARD weiterhin nicht auszugehen. Der Eurovision Song Contest 2026 findet vom 12. bis 16. Mai 2026 in Wien statt.