In einem neuen Wohngebiet in Hamburg-Georgswerder sorgt das Vermietungsmodell der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga für Diskussionen: Künftige Mieter von 58 geförderten Neubauwohnungen müssen vertraglich zusichern, kein eigenes Auto zu besitzen und auch keines anzuschaffen.

Für wen die Wohnungen gedacht sind

Im Neubaugebiet „Georgswerder Kirchenwiese“ sollen sowohl Einfamilien- und Reihenhäusern als auch Mietshäusern entstehen. Einen Teil davon realisiert die Saga. Die Zwei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen in zwei Rotklinkergebäuden im kosten 7,25 Euro je Quadratmeter und sind ab Mitte Februar 2026 bezugsfertig. Weil sie öffentlich gefördert sind, ist ein Wohnberechtigungsschein nötig, der an bestimmte Einkommensgrenzen gebunden ist.

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Das Besondere: Für die Mieter der Saga-Häuser und auch für die Bewohner des gesamten kleinen Baugebiets sind keine Parkplätze vorgesehen. Laut eines Saga-Sprechers richten sich die Wohnungen „an Menschen, die keinen eigenen Pkw besitzen.“ Dies werde Interessenten vor Vertragsabschluss sehr genau erläutert und im Mietvertrag festgehalten.

Welche Mobilitäts-Alternativen haben Mieter?

Stattdessen setze man auf alternative Mobilität: Es wird eine Car-Sharing-Station sowie Stellplätze für 20 Lastenräder und rund 140 Fahrräder geben. Besucher der Mieter könnten die öffentlichen Parkplätze im Wohngebiet nutzen.

Die Lage des Neubaugebiets gilt als attraktiv: Obwohl das Rauschen von Autobahn und Zügen zu hören ist, ist die Umgebung mit Obstbäumen, kleinen Wassergräben und angrenzenden Schrebergärten angelegt, und über einen kleinen Fußweg ist die Dove Elbe erreichbar. In nur 15 Minuten ist man mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in der Hamburger City.

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Darf die Wohnungsgesellschaft das Auto verbieten?

Die Praxis, den Autobesitz im Mietvertrag zu verbieten, stößt jedoch auf rechtliche Bedenken: Fachanwalt Thomas Pliester von der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht im Deutschen Anwaltverein äußert Zweifel an der Wirksamkeit eines solchen pauschalen Verbots. Zwar dürften Autos in bestimmten Arealen untersagt werden, ein generelles Autobesitzverbot für Mieter stelle aus seiner Sicht jedoch einen Eingriff in die Privatsphäre dar.

Dieser Eingriff wiege aufgrund der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt besonders schwer, da potenzielle Mieter sich kaum wehren könnten. Auch der Mieterverein halte die Praxis nicht für zulässig.

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Verbot erinnert an Fall aus Münster

Der vorliegende Sachverhalt erinnert zudem an eine juristische Auseinandersetzung aus dem Jahr 2014 vor dem Amtsgericht Münster. Damals hatte eine Vermieterin gegen Mieter in einem als autofreie Siedlung ausgewiesenen Neubauquartier Klage eingereicht. Die Mieter hatten entgegen einer schriftlich fixierten Vereinbarung, auf ein eigenes Auto zu verzichten, ein Fahrzeug angeschafft.

Das Amtsgericht wies die Klage jedoch ab. In der Begründung führten die Richter an, dass die Vermieterin den Mietern den Besitz eines Pkw nicht wirksam untersagen könne. Eine derartige Vertragsklausel bedeute eine „erhebliche Einschränkung in der persönlichen Lebensführung“ der Mieter und sei daher unwirksam, da sie die Betroffenen unangemessen benachteilige.

Angesichts der Kritik hat die Saga angekündigt, den Sachverhalt erneut zu prüfen. Die Eile ist geboten, da die Vermietung noch Ende November starten soll.