
Der zweite Angriff auf ein bereits getroffenes Boot mutmaßlicher Drogenschmuggler sorgt in den USA für Diskussionen. Auch manche Republikaner sprechen von einem Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht.
„Was ich in diesem Raum gesehen habe, war eine der beunruhigendsten Erfahrungen, die ich in meiner Zeit im öffentlichen Dienste gemacht habe.“ Das sagte Jim Himes, leitender Demokrat im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, nach der Anhörung von Admiral Frank Bradley.
Gesehen hatte er das Video von dem Bombardement auf die Überlebenden eines US-Angriffs auf ein mutmaßliches Drogenboot. Es wurde im Rahmen einer Anhörung von Admiral Bradley erstmals gezeigt. Er hatte die Operation geleitet.
„Auf dem Video waren zwei Personen in offensichtlicher Not, ohne jegliche Möglichkeit zur Fortbewegung, mit einem zerstörten Schiff, und sie wurden von den Vereinigten Staaten getötet“, so Himes.
Hegseth unter Druck
Hatte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth Anfang September einen zweiten Angriff befohlen? Das war eine der Fragen, die bei der Anhörung geklärt werden sollten.
Das ist besonders brisant, denn der US-Verteidigungsminister steht auch wegen der sogenannten Signal-Affäre unter Druck. Er hatte öffentlich nicht zugängliche sensible Daten über einen Militäreinsatz über die App Signal geteilt und dadurch möglicherweise US-Soldaten gefährdet, so ein Aufsichtsgremium seines Ministeriums.
Kein „Tötet-sie-alle“-Befehl
Aber bei dem zweiten Angriff auf das zerstörte Boot hat Admiral Bradley seinen Chef offenbar entlastet. Laut Himes bestätigte Bradley, dass es keinen „Tötet-sie-alle-Befehl“ gegeben habe. Und auch keinen, nach dem keine Gnade gewährt werden sollte.
Dennoch bleibe es dabei, dass hier zwar „böse Jungs“ angegriffen wurden, wie es Himes formuliert, diese aber nicht mehr handlungsfähig waren und deshalb auch nicht mehr gefährlich – und schon gar nicht in der Lage, ihre Mission fortzusetzen.
Kritik auch von Republikanern
Deshalb nimmt in den USA die Diskussion, ob mit dieser Operation gegen Gesetze verstoßen wurde, immer weiter an Fahrt auf. Losgetreten hatte sie ein Bericht der Washington Post, den auch einige Republikaner mit großer Sorge gelesen haben.
Der republikanische Abgeordnete Don Bacon, der auch General der US-Armee ist, hatte schon zu Beginn der Woche deutlich gemacht, dass es ein Verstoß gegen das Kriegsvölkerrecht sei, Menschen zu töten, die sich ergeben wollten. Denn die Tötung von Menschen sei auch im Krieg nur zulässig, wenn sie eine unmittelbare Bedrohung darstellten.
Streit um Rechtmäßigkeit des Angriffs
Genau das aber seien sie gewesen, hat Tom Cotton, republikanischer Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Senats, nach der Anhörung Bradleys betont. Er sieht das Video vielmehr als Beleg dafür, dass sowohl der erste als auch alle folgenden Militärschläge auf das Boot völlig rechtmäßig waren.
„Ich habe zwei Überlebende gesehen, die versucht haben, ein Boot voller Drogen wieder umzudrehen, damit sie im Kampf bleiben können. Drogen, die für die Vereinigten Staaten bestimmt waren“, so Cotton. Zudem hätten sie Kontakt zu Booten von anderen „Narco-Terroristen“ gehabt. Die hätten ihnen helfen und die Ladung bergen können.
Video von neuem Angriff veröffentlicht
Je nach Parteizugehörigkeit wird das Video des zweiten Angriffs also höchst unterschiedlich interpretiert. Deshalb wird inzwischen die Forderung lauter, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Er habe damit kein Problem, hat US-Präsident Donald Trump daraufhin erklärt. Laut dem Fernsehsender CNN hat die US-Administration nahezu zeitgleich ein Video veröffentlicht. Das zeigt allerdings einen anderen Angriff auf ein angebliches Drogenboot.
