Die Ukraine greift vermehrt den russischen Ölsektor an. Der Kreml steht deshalb vor zunehmend größeren Problemen. Wladimir Putin muss mehrere Zielkonflikte lösen.
Russischen Ölmanagern dürften derzeit dauerhaft Sorgenfalten in die Stirn gemeißelt sein. Wöchentlich gibt es neue Angriffe auf Raffinerien, Öldepots oder Frachtschiffe, die für den Export des fossilen Rohstoffs in die Welt unerlässlich sind. Manchmal bekennt sich die Ukraine zu den Attacken, manchmal jedoch nicht. Jeder Angriff aber ist ein schmerzhafter Nadelstich, der Russland zunehmend vor ernste Probleme stellt.
Ende der vergangenen Woche trafen ukrainische Seedrohnen zwei Öltanker im Schwarzen Meer sowie das Ölterminal von Noworossijsk. Mehr als 6.000 Kilometer Luftlinie entfernt, vor der Küste des Senegal, hatte der türkische Betreiber eines dort vor Anker liegenden Öltankers zudem bereits am Donnerstag „vier externe Explosionen“ an dem Schiff namens „Mersin“ gemeldet. Wer oder was dafür verantwortlich war, ist bislang nicht bekannt. Das Schiff steht jedoch mutmaßlich mit Russlands „Schattenflotte“ in Verbindung, die Putin für die Umgehung von Sanktionen nutzt.
Dass das ukrainische Militär hinter den Angriffen stecken könnte, liegt durchaus nah. Denn jede Einbuße von Exporteinnahmen fehlt letztlich in Russlands Kriegskasse. Es wäre der erste Angriff dieser Art außerhalb Europas.
Video | Seedrohnen zerstören Putins Schattenflotte
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Zum Wochenbeginn gingen die Angriffe weiter. Dieses Mal trafen sie die Druschba-Pipeline in Russland, die noch immer Öl an die EU-Staaten Ungarn und Slowakei liefert. Laut dem ukrainischen Geheimdienst HUR explodierte in der Region Tambow ein ferngesteuerter Sprengsatz an der Röhre. Die Druschba-Pipeline war bereits mehrfach Ziel ukrainischer Angriffe. Wie groß der Schaden dieses Mal ist, ließ sich zunächst nicht feststellen.
Die Ukraine setzt damit eine Strategie fort, die sie seit August verstärkt verfolgt. Allein im November gab es laut der Nachrichtenagentur Bloomberg 14 Angriffe auf russische Energieanlagen, im Oktober waren es zehn, während im September zwölf und im August 13 Angriffe Russlands wichtigsten Wirtschaftssektor trafen. Hinzu kommen die Angriffe auf die Öltanker. Darüber hinaus belasten US-Sanktionen seit Oktober den Ölsektor. Die Folgen dieses Konglomerats sind in Putins Reich längst spürbar. Und sie stellen den Kreml vor mehrere Dilemmata.
Am Mittwoch meldete das russische Finanzministerium, dass die Steuereinnahmen aus der Öl- und Gaswirtschaft im November im Vergleich zum Vorjahr um 34 Prozent gesunken seien. Sie beliefen sich auf rund 530,9 Milliarden Rubel (rund 5,9 Milliarden Euro). Insgesamt lagen die Einnahmen von Januar bis November um 2,3 Billionen Rubel (rund 25,5 Milliarden Euro) niedriger als im Vorjahreszeitraum.