Außenminister Johann Wadephul (CDU) befürwortet die Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest (ESC)
im kommenden Jahr. „Wir begrüßen die Entscheidung, dass Israel
teilnehmen kann“, sagte er bei einer Pressekonferenz. Israel gehöre beim ESC „traditionell dazu“. Auch ein Sprecher von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüßte die Teilnahme Israels.

Wadephul appellierte an die Länder, die wegen der
Entscheidung zu Israel einen Boykott der Musikveranstaltung angekündigt
haben, dies zu überdenken. „Kultur sollte immer etwas Verbindendes
haben, und deswegen sollte auch dieses Forum genutzt werden und nicht
Austragungsort politischer Differenzen sein“, fügte der CDU-Politiker
hinzu. 

Auch der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille sagte in Berlin: „Israel gehört zum Eurovision Song Contest, das ist überhaupt keine Frage.“ Die Bundesregierung bedauere, „dass es nun Entscheidungen gibt, dass andere Länder sich zurückziehen„.

Antisemitismusbeauftragter kritisiert Boykottankündigungen

Bei einer Sitzung der Europäischen
Rundfunkunion (EBU) am Donnerstag in Genf war Israels Teilnahme nicht
zur Abstimmung gestellt worden, sodass der Weg für Israel frei ist. Die
ARD stellte sich hinter die Entscheidung – die Rundfunkanstalten von
Spanien, Irland, Slowenien und den Niederlanden kündigten dagegen
umgehend einen ESC-Boykott an
. Belgien, Island, Schweden und
Finnland erwägen einen solchen Schritt. Die spanische Rundfunkanstalt RTVE hatte erklärt, die Lage in Gaza und
„die Nutzung des Wettbewerbs für politische Zwecke durch Israel“ machten
es immer schwieriger, den ESC als neutrales kulturelles Ereignis aufrechtzuerhalten.

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein,
nannte die Boykottankündigungen fatal. „Es ist der falsche Reflex,
Israel als Ganzes zu boykottieren, statt seine Kritik differenziert zu
äußern“, sagte Klein der Funke Mediengruppe. Kultur werde so unzulässig
politisiert und instrumentalisiert. „Durch die undifferenzierte
Inhaftungnahme eines ganzen Landes werden ja gerade jene Stimmen beim
Publikum und in der Kulturszene getroffen, die für Frieden, Aussöhnung
und Verständigung stehen.“

© Lea Dohle

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Ähnlich äußerte sich der Präsident der
Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck: „Diese Art der Politisierung von Musik- und Sportwettbewerben ist kaum
zu ertragen. Das wirkt so, als wollten sich die Boykotteure nach dem
Waffenstillstand mit der Hamas noch mal richtig in Szene setzen
gegenüber Israel.“ Noch schlimmer wäre aber aus seiner Sicht eine
Entscheidung der EBU für einen Ausschluss Israels gewesen. „Solche
Ausschlüsse sind immer symbolische Ausschlüsse des Jüdischen.“

ESC 2026 in Wien trotz Boykott nicht gefährdet

Die Spanier gehören wie Deutschland, Großbritannien, Italien und Frankreich zu den fünf wichtigsten Geldgebern der Veranstaltung. Trotzdem wirke sich das nicht auf die Finanzierung aus, teilte die Europäische Rundfunkunion der Nachrichtenagentur dpa mit. „Die endgültige Anzahl der teilnehmenden Sender hat keinen Einfluss auf das geplante Produktionsbudget und den finanziellen Beitrag der EBU an den ORF.“

Auch der für den ESC innerhalb der ARD zuständige Südwestrundfunk ist überzeugt, dass es wegen des Boykotts nicht zu einer finanziellen Mehrbelastung für die anderen Sender kommt.
Intendant Kai Gniffke bezeichnete das Votum der Europäischen
Rundfunkunion als gute
Nachricht. Dass die Rundfunkanstalten mehrerer Staaten, darunter mit
Spanien auch einer der Hauptgeldgeber des Festivals, ihren Rückzug
erklärt haben, sei bedauerlich. „Das ist deren gutes Recht“, sagte
Gniffke. „Es wird ja niemand zur Teilnahme gezwungen, aber es wird uns
nicht aus der Bahn werfen.“

Neue Regeln scheinen Mitgliedsstaaten zu reichen

Anlass für die kontrovers geführte Debatte rund um Israels Teilnahme ist das militärische Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen. Mehrere Rundfunkanstalten hatten deshalb bereits vor Monaten
mit einem Boykott des ESC im Mai 2026 in
Wien im Falle einer Teilnahme Israels gedroht
. Es gab jedoch auch
Länder, die eine Teilnahme Israels zur Bedingung für ihre eigene
Beteiligung machten.

Um den Konflikt zu entschärfen, hatte die EBU
im November neue Regeln für den Wettbewerb angekündigt
. So sollen unter
anderem schon in den Halbfinals professionelle Jurys mit abstimmen und
die Regeln für Werbekampagnen verschärft werden. Die in der EBU
zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten stimmten bei ihrer Versammlung
hinter verschlossenen Türen am Donnerstag offenbar mehrheitlich dafür,
diese neuen Regeln als ausreichend einzustufen und nicht konkret über
eine Teilnahme Israels abzustimmen.

Der Streit um Israel ist die wohl größte
Zerreißprobe in der Geschichte des weltweit beachteten Musikwettbewerbs,
der im kommenden Jahr zum 70. Mal stattfindet. Der ESC
soll neutral und unpolitisch sein. Allerdings hat sich die Weltpolitik
immer wieder auf den Wettbewerb ausgewirkt. So darf Russland wegen
seines Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht mehr teilnehmen.

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