Stadtdekan Christian Hermes muss massiv sparen. Foto: Lichtgut/Max Kovaleko
Angesichts der „schwierigsten Finanzsituation seit Jahren“ sieht sich die katholische Kirche in Stuttgart gezwungen, vieles auf den Prüfstand zu stellen – dazu zählen auch Immobilien.
Der Kirchen-Haushalt 2026 steht. Er ist formal ausgeglichen, hat ein Volumen von 78,9 Millionen Euro und weist im Ergebnishaushalt sogar einen Überschuss von 3,28 Millionen Euro aus. Das ist aber schon alles an guten Nachrichten, die das katholische Stadtdekanat nach einer Sitzung des Stadtdekanatsrats verbreitete. Christian Hermes, der Stadtdekan, sprach in seiner Haushaltsrede von der „schwierigsten Finanzsituation seit vielen Jahren. Entkirchlichung, Mitgliederrückgang, die verschlechterte Wirtschaftslage, die Krise der öffentlichen Haushalte, die Demografie und die Kostenentwicklung stellen die Kirche in der Stadt vor große Herausforderungen.“
In Zahlen macht sich das laut Hermes so bemerkbar: Die Kirchensteuerzuweisung der Diözese Rottenburg-Stuttgart sinkt 2026 von ursprünglich eingeplanten 17,5 Millionen Euro auf 15,98 Millionen Euro. „Zum ersten Mal seit langer Zeit müssen wir mit einer realen Reduzierung der Kirchensteuerzuweisung umgehen – und Stuttgart trifft dies aufgrund seiner besonderen Struktur überdurchschnittlich“, wird Hermes zitiert.
Reduzierung der Gebäudeflächen in Stuttgart „um mindestens 30 Prozent“
Für 2026 und 2027 erwarte man weitere Rückgänge. Dazu komme, dass es in der Diözese Überlegungen für eine grundlegende Änderung des Verteilmaßstabs gebe, der sich rein an der Mitgliederzahl orientiert. „Sollte dies kommen, würde Stuttgart ab 2029 voraussichtlich weitere Millionen an Kirchensteuerzuweisung verlieren“, sagte Hermes. Verwaltungsdirektorin Regina Neuhöfer folgert daraus: „Wir können nicht auf bessere Zeiten warten, sondern müssen jetzt handeln.“
Konkret heißt das sparen und „Fokussierung auf das Notwendige“. Die Kirche stellt deshalb ihren Immobilienbestand auf den Prüfstand: „316 Gebäude, darunter 49 Kirchen, 67 Gemeindehäuser und 60 Kindertagesstätten, verursachen hohe Unterhalts- und Sanierungskosten“, erklärt das Stadtdekanat. Der ermittelte Investitionsbedarf sei längst nicht mehr finanzierbar. Viele Standorte seien weiter entwickelt oder veräußert worden. „Weitere Gemeindehäuser und auch Kirchen werden aufgegeben werden müssen“, heißt es in der Erklärung des Stadtdekanats ausdrücklich.
Das von der Diözese entwickelte Programm „Räume für eine Kirche der Zukunft“, das eine Reduzierung der durch Kirchensteuern finanzierten Gebäudeflächen um mindestens 30 Prozent vorsieht, sei auch für Stuttgart „zwingend notwendig“. Hermes stellte in dem Zusammenhang klar: „Standorte müssen tragfähig sein – finanziell, pastoral und ökologisch. Wer nicht reduziert, wird für neue Bauprojekte keine Genehmigung erhalten.“
Erschwerend wirkt sich die Haushaltssituation der Stadt aus. Für ihre 57 Kitas mit 177 Gruppen und 2987 Plätzen erhält die Kirche bisher einen städtischen Zuschuss von jährlich 38,4 Millionen Euro. Kürzungen sind angekündigt. Man müsse Wege finden, um auch mit knappen Mitteln gute Arbeit leisten zu können, komme aber nicht umhin, sich „auch beim Kita-Engagement mit Konsolidierungen auseinanderzusetzen“, sagte Neuhöfer. Sprich: zu sparen. Hermes kündigte in dem Zusammenhang die Einsetzung einer Arbeitsgruppe an, die „Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung erarbeiten soll“. Dabei dürfe das Ziel, „Kirche für die Stadt“ zu sein, nicht aus dem Blick geraten.
Katholischer Stadtdekan in Stuttgart beschwört „Kultur der Veränderung“
Die Einnahmen aus der Kirchensteuer sind rückläufig. Das belastet die katholische Kirche auch in Stuttgart. (Symbolbild) Foto: imago/Christian Ohde
Trotz des Sparzwangs investiert die Katholische Kirche in Stuttgart noch – im kommenden Jahr 6,21 Millionen Euro. Davon fließen 1,78 Millionen Euro in Kirchen, 1,7 Millionen Euro in Kindertagesstätten und 1,4 Millionen Euro in Gemeindehäuser. Größter Kostenblock im Haushalt ist den Angaben zufolge der Personalbereich mit rund 45 Millionen Euro. Die Katholische Kirche in Stuttgart beschäftigt mehr 1600 Menschen.
Ungeachtet der Sparzwänge warnte Hermes vor Pessimismus: „Wir stehen nicht vor einem Stillstand, sondern vor der Aufgabe, unsere Zukunft solidarisch und entschlossen zu gestalten. Wir haben uns über viele Jahre in eine Kultur der Veränderung eingeübt – das hilft uns jetzt.“