Donald Trump

Stand: 05.12.2025 19:10 Uhr

In ihrer neuen Sicherheitsstrategie greifen die USA Europa scharf an und kündigen eine Einmischung in die Politik der EU zugunsten rechter Parteien an. Die US-Regierung wolle nun „Widerstand“ in Europa kultivieren.

Die USA haben ihre lang erwartete neue globale Sicherheitsstrategie vorgelegt. Darin beklagen sie einen Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa und fordern eine „Kurskorrektur“. Europa stehe vor großen Problemen, heißt es in dem Dokument, das das Weiße Haus veröffentlichte.

Zu den Problemen zählen nach Ansicht der US-Regierung unter anderem die „Zensur der freien Meinungsäußerung und die Unterdrückung der politischen Opposition, abstürzende Geburtenraten sowie der Verlust nationaler Identitäten und des Selbstvertrauens“. Als europäisches Problem macht die US-Regierung auch die Einwanderungspolitik aus.

Die Vorhaltungen entsprechen einem Muster, nach dem die US-Regierung unter Präsident Donald Trump liberalen Demokratien in Europa angebliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit vorwirft. Kritiker werfen ihr selbst einen zunehmend autoritären und illiberalen Kurs vor.

„Einfluss patriotischer Parteien“ als „Anlass zu Optimismus“

„Wir möchten, dass Europa europäisch bleibt“, heißt es in dem Dokument. Der Charakter und die Geschichte der einzelnen europäischen Staaten müssten gewahrt und ihr Selbstbewusstsein gestärkt werden. Sollten sich die aktuellen Trends fortsetzen, werde Europa in 20 Jahren oder weniger nicht mehr wiederzuerkennen sein, heißt es in dem Text.

Daher sei „alles andere als klar“, ob Europa weiterhin ein verlässlicher Verbündeter bleiben könne. Die USA wollen demnach den „Widerstand gegen den aktuellen Kurs Europas innerhalb der europäischen Nationen kultivieren“. „Unser Ziel sollte es sein, Europa dabei zu helfen, seinen derzeitigen Kurs zu korrigieren“, heißt es weiter.

Dabei verweise die US-Regierung auf ihre Zusammenarbeit mit rechtsgerichteten Parteien in Europa, erklärt ARD-Korrespondent Carsten Kühntopp in Washington. Der wachsende Einfluss „patriotischer europäischer Parteien“ gebe „Anlass zu großem Optimismus“, so das Dokument.

Die Regierung unter Trump und dessen MAGA-Bewegung unterstützen seit langem Parteien und Akteure aus dem Rechtsaußenlager in verschiedenen Ländern Europas. Schon Anfang des Jahres irritierte etwa US-Vizepräsident JD Vance mit der Aufforderung an deutsche Parteien, mit der AfD zu kooperieren. Der damalige Sonderberater Trumps, Elon Musk, warb ausdrücklich für die Wahl der AfD.

„Strategische Stabilität“ mit Russland herstellen

Zu Russland finden sich in dem Dokument kaum kritische Worte. Mit Russland müsse eine „strategische Stabilität“ hergestellt werden. Deshalb sei es im Interesse Washingtons, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Zudem sei ein Ende der Feindseligkeiten notwendig, „um die europäischen Volkswirtschaften zu stabilisieren und eine unbeabsichtigte Eskalation oder Ausweitung des Kriegs zu verhindern“.

Europäische Staaten befürchten zunehmend ein Desinteresse Trumps an der Ukraine und eine ideologische Nähe zu Kremlchef Wladimir Putin sowie wirtschaftliche Interessen an der Zusammenarbeit mit Russland. Im Kontext der Verhandlungen über eine Beendigung des Kriegs übernahm Trump regelmäßig russische Narrative und eine antiukrainische Haltung.

Zuletzt gab es Berichte über eine Telefonkonferenz mehrerer westlicher Spitzenpolitiker, bei der Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Misstrauen gegenüber den US-Unterhändlern geäußert haben soll. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Finnlands Präsident Alexander Stubb sollen sich in dem Gespräch ähnlich geäußert haben.

Mehr Militärpräsenz in Lateinamerika

Die Regierung Trump kündigt zudem an, das militärische Engagement der USA weltweit zu verringern, auch in Europa. In Lateinamerika soll jedoch die US-Präsenz verstärkt werden, um die Vormachtstellung der USA in der Region wiederherzustellen. Dort sollten „gezielte Einsätze zur Sicherung der Grenze und zur Zerschlagung der Kartelle, gegebenenfalls auch unter Einsatz tödlicher Gewalt“ vorgenommen werden.

Das Verhältnis zu China soll neu ausbalanciert werden. Dabei geht es in dem Papier mit Blick auf die Volksrepublik vor allem um wirtschaftlichen Wettbewerb. Den Konflikt im Nahen Osten bezeichnet das Dokument als „lästige Dynamik“ und fordert, die USA sollten das „fehlgeleitete Experiment“ aufgeben, insbesondere die Monarchien am Persischen Golf, „über ihre Traditionen und Regierungsformen zu belehren“.

Die neue Sicherheitsstrategie ist ein deutlicher Bruch mit dem Kurs der Regierung des demokratischen Präsidenten Joe Biden, die Russland entgegentrat und versuchte, Allianzen neu zu beleben, die in Trumps erster Amtszeit erschüttert worden waren.

Wadephul verbittet sich US-Ratschläge

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) sagte zur neuen US-Strategie, Deutschland brauche keine externen Ratschläge zu Fragen der freien Meinungsäußerung oder „der Organisation unserer freiheitlichen Gesellschaften“. Dies werde in Deutschland „durch unsere Verfassungsordnung organisiert“, betonte er.

Er verwies auf die Gewaltenteilung und die Pressefreiheit. Wadephul kündigte an, er werde die neue US-Sicherheitsstrategie nun „intensiv auswerten“.

Auch der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Metin Hakverdi (SPD), verbat sich eine Einmischung in innere Angelegenheiten Deutschlands. Der Nachrichtenagentur dpa sagte er, man werde beobachten, inwieweit die neue Sicherheitsstrategie tatsächlich das Handeln der US-Regierung bestimmen werde: „Gerade unter einem Präsidenten Donald Trump ist Papier geduldig, und die Realität oft schneller.“ Trotzdem werfe das Europakapitel „ein interessantes Schlaglicht auf den Blick der Trump-Administration auf Europa und Deutschland“.

Die Sprecherin der EU-Kommission, Paula Pinho, wies die US-Vorwürfe ebenfalls entschieden zurück.