Das Weihnachtsgeschäft enttäuscht bislang. Händler in Stuttgart zittern. Doch der Herzens-Appell einer lokalen Buchhändlerin geht viral und trifft einen Nerv.
Weiterhin warten viele Händlerinnen und Händler im Land und in Stuttgart auf die kauffreudigen Kundinnen und Kunden im Weihnachtsgeschäft. Auch am ersten Adventswochenende blieb der Umsatz größtenteils hinter den Erwartungen zurück. Das zeigt auch eine Umfrage des Handelsverbands Baden-Württemberg unter rund 180 Unternehmen. Das Ergebnis: Die Kaufzurückhaltung ist weiterhin spürbar und das Konsumverhalten stark von Preisaktionen rund um die Black Week geprägt.
„Viele Menschen sind aktuell sehr vorsichtig, was ihre Ausgaben betrifft. Die Diskussionen um Stellenabbau in vielen Branchen verunsichern zusätzlich“, erklärt Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg. Die Kundenfrequenz sowie der Umsatz wurden in der Umfrage jeweils mit der Schulnote 3,1 im Mittelfeld bewertet. Im Vergleich zum Vorjahr berichten zudem rund 50 Prozent der Händlerinnen und Händler von niedrigeren Umsätzen am ersten Adventssamstag.
Auch Myriam Kunz kann bislang mit dem Weihnachtsgeschäft nicht zufrieden sein. Im Vergleich zum November 2024 hat sie in ihrer Kinder- und Jugendbuchhandlung „Buchstäbchen“ in diesem Jahr 17 Prozent weniger Umsatz verzeichnet. Auch der Dezember sei „schlecht gestartet“. Der finanzielle Puffer, den es mal gab, sei weg. Höhere Löhne, höhere Miet- und Energiekosten täten ihr übriges dazu. So kann es nicht weitergehen, dachte sich Myriam Kunz und startete einen Aufruf via Instagram. Alle könnten mitentscheiden, ob es den stationären Einzelhandel „so wie wir das machen“ noch weiter geben kann. Es gelte, sehr bewusst einzukaufen. „Man kann sich entweder für A oder B entscheiden – für anspruchslos oder besonders kuratiert, für den Algorithmus oder Beratung, für abgepackt oder bezaubernd verpackt, für Anonymität oder Beziehung.
Emotionale Posts der Kundschaft
Das emotionale Video spricht vielen aus dem Herzen und berührt. Bis Freitagabend wurde es mehr als 100.000 Mal aufgerufen. Zudem gibt es unzählige Kommentare, wie diesen hier: „Sensationell guter Post!! Und es rührt mich zu Tränen, weil Läden wie der Eure es wirklich absolut nicht verdient haben. Daumen gedrückt dafür, dass es viral geht und Konsum sich wandelt.“ Oder: „Immer und immer B!!!!! Soo schöne Läden dürfen nicht aussterben. Ihr schafft ein einzigartiges Einkaufserlebnis, ihr bring so viel Freude, Ihr macht neugierig, Kinder lieben es in solch wunderschön gestalteten Läden zu verweilen, sich in einer gemütlichen Atmosphäre neue tolle Bücher auszusuchen!!!! Das kann niemals ersetzt werden, niemals!!!!!!“
Myriam Kunz ist von der Resonanz begeistert: „Heute war der Laden auch gleich sehr gut besucht. Sogar aus Heilbronn und Göppingen sind Menschen gekommen.“ Sie habe Verständnis für die Kundschaft, die online kaufen möchte – aber das ginge bei ihr und ganz vielen anderen stationären Einzelhändlern mit Online-Shop auch. Niemand müsse das Haus verlassen, um sie und ihre Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Auch die Beratung könne telefonisch stattfinden.
Noch zeigen sich die Kundinnen und Kunden eher zurückhaltend beim Einkauf. Foto: dpa
Trotz des moderaten Starts ins Weihnachtsgeschäft blickt der Handelsverband vorsichtig optimistisch auf die kommenden Wochen. „Erfahrungsgemäß steigt die Kaufbereitschaft mit zunehmender Nähe zu den Feiertagen“, sagt Sabine Hagmann. Mit Blick auf die vielen Weihnachtsmärkte, die feierlich geschmückten Innenstädte und die liebevoll dekorierten Schaufenster rechnet der Handel damit, dass die besondere Adventsstimmung ihren vollen Zauber noch entfalten wird – und damit auch die Konsumlaune weiter belebt. „Wir hoffen, dass sich die Menschen in den nächsten Wochen wieder stärker für den Einkauf vor Ort entscheiden – nicht nur wegen des Preises, sondern auch wegen der Atmosphäre, der Beratung und des persönlichen Kontakts“, sagt Hagmann.
Diesen Optimismus teilt Maike Giebner, die Inhaberin des Kinderfachbuchladens Naseweis: „Heute hat es richtig angezogen. Gefühlt bricht jedes Jahr und überall im Weihnachtsgeschäft Panik aus, ob das Geld reicht. Aber bislang hat es immer gereicht“, sagt sie und schmunzelt. Sie ist frohes Mutes, dass dies auch für 2025 so sein wird.