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Wladimir Putin provoziert Europa. Die NATO bleibt offenbar gelassen. Mark Rutte kontert mit einer Bemerkung, die Moskau ärgern wird.

Brüssel – Die USA und Russland setzen sich trotz – oder sogar wegen – des Ukraine-Kriegs gemeinsam an einen Tisch, um Auge in Auge an einer Lösung zu arbeiten. Der Besuch der Delegation von US-Präsident Donald Trump im Kreml bei Wladimir Putin war somit auch ein Signal an die Welt. Mit den anderen Unterstützern Kiews kommuniziert Moskaus Machthaber dagegen über die Öffentlichkeit.

Mark Rutte (l.) verzieht die Lippen, Wladimir Putin spricht mit bösem Blick in ein MikrofonDrohung und Konter: Nach Wladimir Putins Kriegs-Warnung an Europa, reagiert NATO-Generalsekretär Mark Rutte (l.) gelassen. © IMAGO / Klaus W. Schmidt, IMAGO / SNA

So warf er den Europäern vor, die Friedensbemühungen von Trump zu behindern und sich selbst von den Verhandlungen ausgeschlossen zu haben. Zwar betonte Putin auch, dass er nicht gegen Europa kämpfen will, sagte allerdings im gleichen Atemzug: „Wenn Europa wiederum kämpfen will, dann sind wir dazu sofort bereit.“ Eine unverhohlene Drohung an den Westen, der die Ukraine zwar mit Lieferungen auch militärisch unterstützt, zugleich aber darauf bedacht ist, nicht als Kriegspartei eingestuft zu werden.

Putin droht Europa mit Krieg: Rutte verweist auf Militärkleidung des Kreml-Chefs

Die Liebesgrüße aus Moskau erwiderte dann auch Mark Rutte auf Nachfrage vor Reportern. Dabei schickte der NATO-Generalsekretär eine kleine Spitze zurück in Richtung Kreml. Wie auf Aufnahmen mehrerer Medien wie Al Jazeera und The Australian zu sehen ist, betont der Niederländer: „Ich werde nicht auf alles reagieren, was Putin sagt. Wir haben ihn in Militärkleidung gesehen, wie ein Soldat an der Front. Nur eben nicht an der Front, sondern weit davon entfernt.“

Nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seit Kriegsbeginn öffentlich fast ausschließlich in militärischer Kleidung auftritt – und damit Parallelen zum britischen Premierminister Winston Churchill während des Zweiten Weltkriegs hervorrief – zeigte sich Putin erst zuletzt häufiger in Flecktarn-Kleidung. Bei Russlands Präsident ist dies aber in erster Linie bei Besuchen seiner Truppe oder Zusammenkünften mit der Militärführung der Fall.

Wladimir Putin sitzt in Militärkleidung an einem Tisch und hält Stift und Papier in der HandNeuer Kleidungsstil: Wladimir Putin tritt häufiger in Militäruniform auf als früher. © IMAGO / ZUMA Press Wire

Was dahintersteckt, kann nur spekuliert werden. Da Putin keine Vergleiche mit Selenskyj anstreben dürfte, könnte er eher seine Unterstützung für seine Armee unterstreichen wollen. Vielleicht will er aber auch auf diesem Weg weitere Landsleute von einer militärischen Karriere überzeugen. Denn die Verluste des Aggressors in der Ukraine sollen nach wie vor immens sein. US-Außenminister Marco Rubio sprach in einem Fox-Interview gerade erst von 7000 gefallenen russischen Soldaten pro Woche.

Putin-Gefolgsmann schießt gegen NATO: „Nur ein Weg, wie man mit Feinden umgeht“

Da sich Putin an diesem Donnerstag (4. Dezember) zu einem Indien-Besuch aufmachte, könnte eine Reaktion seinerseits auf sich warten lassen. Für Entspannung zwischen NATO und Russland dürften Ruttes Worte aber nicht sorgen. Schließlich weiß Putin, wie er solche Aussagen für seine Zwecke nutzen kann.

Der für seine Drohgebärden in Richtung Westen bekannte russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew legte derweil schon einmal vor. Bei X schrieb der nunmehr als stellvertretender Leiter des russischen Sicherheitsrates fungierende Putin-Gefolgsmann: „Die NATO ist unser Feind.“ Zudem zitierte er den russischen Schriftsteller Maxim Gorki: „Es gibt nur einen Weg, wie man mit Feinden umgeht. Wie Gorki schon sagte: ‚Wenn der Feind nicht kapituliert, wird er vernichtet.‘“

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Später twitterte er noch seine Wut über die EU-Pläne zu Sanktionen in die Welt hinaus: „Sollte die verrückte EU tatsächlich eingefrorene russische Vermögenswerte für einen ‚Reparationskredit‘ stehlen, könnten wir dies als Kriegsgrund mit allen entsprechenden Konsequenzen für Brüssel & Co. betrachten. Dann müssten diese Gelder möglicherweise zurückgegeben werden, nicht vor Gericht, sondern als echte Reparationen in Form von Naturalien, geleistet von Russlands gefallenen Feinden.“

Europa vor Krieg mit Putin? NATO zweifelt an Worten aus Moskau

Im Westen wird bereits seit geraumer Zeit darüber debattiert, zurückgehaltene russische Vermögenswerte der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Auf die nun konkreter werdenden Pläne reagierte auch Maria Sacharowa. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums warnte laut der internationalen Nachrichtenagentur Reuters: „Jegliche illegalen Handlungen im Zusammenhang mit unseren Vermögenswerten werden nicht unbeantwortet bleiben“. Sie kündigte „die härtesten Reaktionen“ an, ein Maßnahmenpaket werde bereits vorbereitet.

Putins Drohungen, Russland sei bereit für einen Krieg gegen Europa, werden in der NATO jedoch als Bluff angesehen. Laut der ukrainischen Online-Zeitung European Pravda sagte ein hochrangiges NATO-Mitglied am Rande des Außenministertreffens des Bündnisses anonym zu Journalisten: „Putin mag zwar behaupten, er sei kriegsbereit. Doch wenn Putin etwas sagt, erweist es sich oft als falsch. Und ich glaube ohnehin nicht, dass Putin zu einem Krieg mit Europa bereit ist.“

Soldat vor rotem LichtSeit fast vier Jahren im Krieg: Die russischen Soldaten sind noch immer weit vom einstigen Ziel in der Ukraine entfernt, da denkt der Kreml schon an einen Kampf mit ganz Europa. © IMAGO / SNA

Zwar würden die militärischen Fähigkeiten Russlands von der NATO aufgrund der Erfahrungen im Ukraine-Krieg als recht hoch eingeschätzt. Dies ändere aber nichts daran, dass die Äußerungen zur Kriegsbereitschaft Moskaus nicht ernst genommen würden. Putin wisse, „dass die NATO sich selbst verteidigen wird, und dass er, selbst wenn er die Fähigkeit zum Kampf hätte, nicht gewinnen könnte“.

Umfrage zu möglichem Krieg mit Russland: Große Bedenken in Polen – Italiener gelassener

Unter den Bürgern in Europa wird das Risiko eines Krieges mit Russland allerdings als erhöht eingeschätzt. Dies geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Cluster 17 in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Polen, Portugal, Kroatien, Belgien und den Niederlanden unter rund 9500 nach Quoten ausgewählten Menschen hervor. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse in der französischen Zeitschrift Le Grand Continent.

Insgesamt ordnen 51 Prozent der Befragten das Risiko als hoch oder sehr hoch ein, dass Russland in den kommenden Jahren Krieg gegen ihr Land führen könnte. In Polen liegt dieser Anteil bei 77 Prozent, in Frankreich bei 54 Prozent und in Deutschland bei 51 Prozent. Von den Teilnehmern aus Italien sehen dagegen 65 Prozent das Risiko als gering oder nicht vorhanden an.

Mehr als zwei Drittel aller Befragten gehen davon aus, dass ihr Land überhaupt nicht oder eher nicht in der Lage wäre, sich gegen eine russische Aggression zu verteidigen. In Frankreich, das als einziges der befragten Länder über eigene Atomwaffen verfügt, gehen immerhin 44 Prozent davon aus, dass ihr Land vollständig oder eher in der Lage wäre, sich zu verteidigen. Der Anteil der Optimisten liegt in Deutschland bei 28 Prozent. Die größten Zweifel hegen die Menschen in Portugal, Italien und Belgien, wo 85, 85 und 87 Prozent eine pessimistische Antwort gaben. (Quellen: Al Jazeera, The Australian, Fox, X, Reuters, European Pravda, Le Grand Continent) (mg)