Die Sicherheitsstrategie ist ein zentrales Dokument, in dem die USA ihre außen- und sicherheitspolitischen Leitlinien festlegen. Frühere Strategien hätten die nationalen Kerninteressen der USA nicht berücksichtigt und die Verteidigung anderer Länder auf den Schultern der US-Bevölkerung abgeladen, lässt Trump erklären. Die Zeiten, in denen die USA „die gesamte Weltordnung gestützt“ hätten, seien vorbei. Es gelte „America First“ – die USA zuerst.

„Unrealistische Erwartungen“ europäischer Politiker

Auffällig scharf fällt die Kritik an europäischen Regierungen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aus. Der Ukraine-Krieg habe den Effekt gehabt, Europas externe Abhängigkeiten zu vergrößern. So würden etwa deutsche Chemiekonzerne riesige Anlagen in China bauen und dort russisches Gas nutzen, das sie zu Hause nicht mehr bekämen.

Europäischen Politikern wirft die Trump-Regierung „unrealistische Erwartungen“ und eine politische Blockadehaltung im Ringen um Frieden mit Moskau vor. In mehreren Ländern säßen instabile Minderheitsregierungen an der Macht, „von denen viele grundlegende Prinzipien der Demokratie mit Füßen treten, um Opposition zu unterdrücken“.

Keine kritischen Worte gegenüber Russland

Eine große Mehrheit der Europäer wünsche sich Frieden, doch dieser Wunsch spiegle sich kaum in der Politik wider. Aus Sicht Washingtons erschwert das die Wiederherstellung von Stabilität auf dem Kontinent – einschließlich einer neuen „strategischen Stabilität mit Russland“, die das Dokument ausdrücklich als Ziel nennt. Kritische Worte für den Kreml als Aggressor im Krieg gegen die Ukraine enthält der Text nicht.

Trumps demokratischer Vorgänger Joe Biden hatte in der 2022 vorgelegten US-Sicherheitsstrategie noch einen Schwerpunkt auf die Rivalität mit China gelegt, zudem wurde darin vor einem „gefährlichen Russland“ gewarnt.

Mit China im „Wettbewerb“

In dem nun vorgelegten Papier geht es mit Blick auf Peking vor allem um den wirtschaftlichen Wettbewerb mit der Volksrepublik. Die USA hätten China über Jahrzehnte falsch eingeschätzt, heißt es. Das Verhältnis müsse wirtschaftlich neu austariert und die militärische Abschreckung im Indopazifik gestärkt werden, um einen möglichen Konflikt zu verhindern.

Wladimir Putin und Xi Jinping

Reuters/Sputnik/Mikhail Metzel

China und Russland, im Bild die Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin, werden in dem US-Papier kaum kritisch betrachtet

Fokus auf „westliche Hemisphäre“

Zugleich macht das Dokument unmissverständlich klar, dass der Hauptfokus der US-Sicherheitspolitik künftig in der „westlichen Hemisphäre“ liegen soll – gemeint sind die Migration aus Lateinamerika, der Kampf gegen angebliche „Terroristen“ und Kartelle, die Drogen in die USA brächten, sowie auf der Durchsetzung amerikanischer Interessen in der Region.

Der Nahe Osten spielt in der neuen Strategie dagegen nur eine Nebenrolle – entsprechend knapp fällt das Kapitel zur Region aus. Die Gegend habe ihren früheren strategischen Stellenwert verloren, vor allem weil die USA wieder mehr eigene Energie produzierten und viele Konflikte dort aus amerikanischer Sicht weniger unmittelbare Gefahren für die USA mit sich brächten

„Patriotische Parteien geben Anlass zu Optimismus“

Bezüglich Europa macht das US-Papier die Einwanderungspolitik als Problem aus, das den Kontinent verändere und Konflikte erzeuge. „Wir möchten, dass Europa europäisch bleibt“, heißt es in dem Dokument. Der Charakter und die Geschichte der einzelnen Staaten müssten gewahrt und ihr Selbstbewusstsein gestärkt werden. „Anlass zu großem Optimismus“ gebe der wachsende Einfluss „patriotischer europäischer Parteien“.

EU-Kommission weist Vorwürfe zurück

Die EU-Kommission weist in der neuen US-Sicherheitsstrategie enthaltene Passagen zur EU entschieden zurück. Auf die Frage, ob die EU aus Sicht der Kommission eine Institution sei, die die politische Freiheit und Souveränität untergrabe, mit ihrer Migrationspolitik den Kontinent schädige und die freie Meinungsäußerung behindere, antwortete Chefsprecherin Paula Pinho mit einem klaren Nein.

Darüber hinaus wollte sie sich aber nicht zu der neuen US-Strategie äußern: „Wir hatten jedoch noch keine Zeit, diese anzusehen und zu bewerten, daher sind wir derzeit nicht in der Lage, diese zu kommentieren“, sagte die Sprecherin.

Auch NATO-Politik wird thematisiert

In Brüsseler NATO-Kreisen sorgt zudem eine Passage in der US-Sicherheitsstrategie für Beunruhigung, in der es heißt, die grundlegende US-Politik für Europa solle darauf abzielen, „den Eindruck – und die Realität – einer sich ständig erweiternden NATO zu beenden“. Das würde ein Ende des bisherigen Prinzips der „offenen Tür“ bedeuten.

Das Bündnis wollte diesen Punkt in der US-Strategie auf Anfrage der dpa nicht kommentieren. Zu der US-Forderung nach einer veränderten Lastenteilung sagte ein Sprecher: „Amerikas Verbündete in Europa und Kanada erkennen die Notwendigkeit an, mehr in Verteidigung zu investieren und die Last im Bereich unserer gemeinsamen Sicherheit fairer zu verteilen.“

Berlin verbittet sich US-Ratschläge zu Demokratie

Deutschlands Außenminister Johann Wadephul reagierte zurückhaltend auf die neue US-Sicherheitsstrategie: „Wir werden die neue Strategie der Vereinigten Staaten in allen Punkten intensiv auswerten, das konnten wir bisher nicht machen“, sagte Wadephul am Freitag in Berlin. Die USA seien und blieben der wichtigste Verbündete im NATO-Bündnis.

Dabei gehe es aber vor allem um verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen. „Ich glaube, Fragen der Meinungsäußerungsfreiheit oder der Organisation unserer freiheitlichen Gesellschaften hier – jedenfalls in der Bundesrepublik Deutschland – gehören nicht dazu“, betonte der CDU-Politiker. „Wir glauben auch nicht, dass irgendjemand uns dazu Ratschläge geben muss.“