Zu Beginn der Pressekonferenz am Freitag gab es von Christian Arbeit eine kleine Erinnerung vorab. Es gehe hier um eine Spieltags-PK, betonte der Kommunikationschef des 1. FC Union. Subtext: Fragen zu Themen jenseits des Spiels seien nur bedingt erwünscht.
Doch das war – und das wusste Arbeit auch – ein Stück weit Wunschdenken. Denn vor dem Auswärtsspiel beim VfL Bochum am Sonntag (Dazn/15.30 Uhr) gab es erwartungsgemäß nur ein Thema im Südosten von Berlin – zumindest was den Männerfußball angeht. Und das hatte wenig mit Fußball zu tun.
Genau 134 Tage sind nun vergangen seit dem Hinspiel zwischen Union und Bochum am 14. Dezember. Damals, wie man mittlerweile sogar wohl selbst am Ende der Welt weiß, wurde der Bochumer Torwart Patrick Drewes von einem aus dem Union-Block geworfenen Feuerzeug am Kopf getroffen. Das Spiel wurde unterbrochen und nach langer Pause mit einem Nichtangriffspakt fortgesetzt. Endergebnis: 1:1.
Was darauf folgte, war eine wochenlange Schlammschlacht, wie sie es wohl nur im Profifußball geben kann. Die Bochumer legten Einspruch ein, forderten eine Spielwertung zu ihren Gunsten. Darauf reagieren wiederum die Berliner empört.
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Aus allen Ecken gab es Vorwürfe: Drewes sei ein Schauspieler. Dirk Zinglers Umkehr der Täter-Opfer-Rolle skandalös. Der DFB trete seine eigenen Gesetze aus politischen Gründen mit Füßen. Am Ende verlor Union zweimal vor einem DFB-Gericht und verlor den einen Punkt am Grünen Tisch, während Bochum zwei hinzubekam.
Womit wir wieder beim Spiel am Sonntag wären. Und das wird schon seit Wochen angeheizt, bildet es doch die Fortsetzung der Feuerzeug-Sagas.
Zumindest sportlich hat sich die Situation für Union entspannt
Immerhin ist die sportliche Ausgangslage nicht mehr ganz so dramatisch wie lange befürchtet. Weil Union den Klassenerhalt am vergangenen Wochenende vorzeitig sicherte, kommt es nicht mehr zum befürchteten Abstiegsgipfel. Doch auch so gibt es genug Zündstoff.
Für Bochum geht es schließlich noch um alles. Auch mit den zwei gewonnenen Punkten aus dem Gerichtssaal steht der VfL noch auf dem vorletzten Tabellenplatz, zwei Punkte hinter dem Relegationsrang. Sollte Union mit seiner Klage beim Ständigen Schiedsgericht erfolgreich sein, könnte die Lage der Bochumer sogar noch brenzliger werden. Das Feuerzeug hängt am Sonntag also weiterhin wie ein Damoklesschwert über dem Ruhrstadion.
Ich glaube, es ist allen relativ klar: Wir wollen das Spiel gewinnen. Niemand hat irgendein Interesse daran, das durch anderweitiges Geschehen zu gefährden.
Christian Arbeit, Unions Kommunikationschef
„Ganz wegzudiskutieren ist es nicht“, sagte Unions Trainer Steffen Baumgart am Freitag. In Bochum erwartet er aber sowieso keinen freundlichen Empfang. „Das habe ich immer erlebt: Bochum kann von der hitzigen Atmosphäre aus Spaß machen.“
Diesmal dürfte es trotzdem noch hitziger als üblich werden. Schon vor dem Feuerzeugwurf waren die Fanlager von Bochum und Union keine besten Freunde. Nun gibt es einen Beef, der auf beiden Seiten wohl nicht von heute auf morgen zur Seite gelegt wird.
Dass es zu besonderen Aktionen – oder gar Störungsversuche – der jeweiligen Fangruppen kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Die Union-Fanszene organisiert zwar einen Fanmarsch unter dem Aufruf „Alle in Rot“. Das hat sie allerdings auch bei früheren Besuchen in Bochum so gemacht, wie etwa zum entscheidenden letzten Zweitliga-Spieltag in der Aufstiegssaison 2018/19.
„Ich glaube, es ist allen relativ klar: Wir wollen das Spiel gewinnen. Niemand hat irgendein Interesse daran, das durch anderweitiges Geschehen zu gefährden“, betonte auch Christian Arbeit am Freitag.
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Für viele Union-Fans wäre ein Sieg auf dem Rasen – der Bochum nebenbei weiterhin auf Abstiegskurs halten würde – das beste Schlusswort zum langen Streit der letzten Wochen. Doch der Feuerzeug-Skandal wäre auch damit noch längst nicht vorbei. Sollte Union vor dem Ständigen Schiedsgericht Erfolg haben, könnte es sogar zur Wiederansetzung des Hinspiels kommen, und damit zu einem weiteren Duell zwischen den beiden Mannschaften.
Auch das hätte eine gewisse Ironie. Für Union, wo es jetzt um gar nichts mehr geht, wäre ein zusätzliches Spiel wohl jetzt eher eine Last. Für Bochum hingegen wäre es zwar rechtlich eine Niederlage, aber fußballerisch auch eine Chance. Bei einer Wiederholung könnte man zwar wichtige Punkte wieder verlieren. Man hätte aber auch die Möglichkeit, das eigene Torverhältnis etwas aufzuhübschen. Und in einem immer noch engen Abstiegskampf könnte das sogar entscheidend sein.