Muss Wladimir zum Arzt oder geht in den Supermarkt, beginnt er jedes Gespräch auf Lettisch. Und das, obwohl seine Muttersprache Russisch ist. Reiche sein Lettisch nicht aus, sagt der 79-Jährige, wechselten seine Gesprächspartner oft automatisch ins Russische. „Das ist für die meisten kein Problem.“ Um von der lettischen Mehrheitsgesellschaft willkommen geheißen zu werden, genüge es völlig, die Landessprache zu lernen – oder es wenigstens zu versuchen.
In dem Café in der lettischen Hauptstadt Riga, in dem sich Wladimir mit der ZEIT trifft, sind von anderen Tischen Wortfetzen auf Lettisch wie auch auf Russisch zu hören. Doch viele Russen in Lettland – besonders ältere – wollten im Gegensatz zu ihm im Alltag kein Lettisch sprechen, sagt Wladimir. „Warum soll ich diese Hundesprache lernen?“, höre er oft von ihnen. Er glaubt: Die verächtliche Haltung dahinter richte sich nicht nur gegen die lettische Sprache, sondern gegen das ganze Land.