06. Dezember 2025

Kai Imhoff

Öltanker auf hoher See

(Bild: Sven Hansche / Shutterstock.com)

Die G7 will westlichen Reedereien und Versicherern jeden Transport russischen Öls verbieten – doch zwei Drittel laufen bereits über Schattenflotten.

Die Gruppe der Sieben (G7) und die Europäische Union arbeiten an einem grundlegenden Kurswechsel in der Sanktionspolitik gegen russisches Erdöl. Statt der bisherigen Preisobergrenze soll ein vollständiges Verbot maritimer Dienstleistungen für den Transport von russischem Öl treten.

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Das Ziel: Die Öleinnahmen weiter drosseln, die Moskaus Krieg in der Ukraine mitfinanzieren. Ob die Maßnahme greift, bleibt jedoch offen – denn Russland hat längst Wege etabliert, um die Sanktionen zu umgehen.

Neues Verbot könnte Anfang 2026 kommen

Das geplante Verbot würde die seit Ende 2022 geltende Preisobergrenze ablösen. Damals hatten die G7-Staaten festgelegt, dass Käufer russisches Rohöl nur dann transportieren, versichern oder mit anderen Dienstleistungen versorgen dürfen, wenn sie weniger als die festgesetzte Obergrenze zahlen. Mehrere G7-Mitglieder senkten diese Grenze im September von 60 auf 47,60 Dollar pro Barrel, berichtete Reuters.

Das neue Verbot geht weiter: Es würde westlichen Reedereien, Versicherern und anderen Dienstleistern untersagen, am Transport russischen Öls mitzuwirken – unabhängig vom Preis. Die EU könnte die Maßnahme Anfang 2026 im Rahmen eines Sanktionspakets beschließen, sofern sich die G7 auf eine gemeinsame Linie einigen.

Britische und amerikanische Beamte treiben den Plan laut Reuters in technischen Sitzungen voran. Die endgültige Entscheidung der USA hängt allerdings von den politischen Prioritäten der Trump-Regierung ab.

Mehr als ein Drittel der Exporte nutzt westliche Flotten

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Derzeit wickelt Russland mehr als ein Drittel seiner Ölexporte über westliche Tanker und Dienstleister ab, vor allem über Flotten aus Griechenland, Zypern und Malta. Das Öl geht hauptsächlich nach Indien und China. Ein Verbot würde diesen Handel wohl beenden.

Die übrigen zwei Drittel laufen bereits über eine sogenannte Schattenflotte – Hunderte alter Tanker außerhalb westlicher Kontrolle, oft ohne transparente Eigentümerstruktur und ohne westliche Versicherung.

Im Oktober entfielen laut den Berichten 44 Prozent der russischen Ölexporte auf sanktionierte Schatten-Tanker, 18 Prozent auf nicht sanktionierte. Nur noch 38 Prozent wurden auf Schiffen mit Verbindungen zu G7-Ländern, der EU oder Australien transportiert.

Insgesamt sind laut Lloyd’s List Intelligence 1.423 Tanker im Geschäft mit sanktioniertem Öl aus Russland, Iran und Venezuela unterwegs, heißt es bei Reuters. Davon stehen 921 unter US-, britischen oder EU-Sanktionen.

Russland produziert 9,3 Millionen Barrel pro Tag

Russland förderte im Oktober rund 9,3 Millionen Barrel Öl pro Tag, was etwa neun Prozent der weltweiten Versorgung entspricht. Mehr als die Hälfte davon wird exportiert. Über 90 Prozent der seebasierten Ausfuhren – rund 3,5 Millionen Barrel täglich – gehen an China, Indien und die Türkei.

Die Schattenflotte lässt sich weiter ausbauen, da zahlreiche ältere Schiffe verfügbar sind, teils auch aus westlichen Reedereien. Russland könnte verlorene Kapazitäten ersetzen. Zudem nutzen russische Exporteure bereits heute Schiff-zu-Schiff-Transfers und mischen Rohöl auf hoher See, um Herkunft und Käufer zu verschleiern.

Durchsetzung entscheidet über Erfolg

Die Wirksamkeit des Verbots hängt letztlich davon ab, wie konsequent es durchgesetzt wird. Experten fordern, dass Küstenstaaten – etwa im Baltikum und in Skandinavien, durch deren Gewässer der Großteil des russischen Öls transportiert wird – Inspektionen und Festsetzungen nicht konformer Schiffe deutlich intensivieren.

Bislang fehlt es an Abschreckung, kritisiert Isaac Levi vom Centre for Research on Energy and Clean Air laut Reuters: „Solange nicht konforme Schiffe nicht festgesetzt werden, wird der Handel weitergehen“.

Die USA haben bereits im Oktober weitreichende Sanktionen gegen die russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil verhängt. Die EU plant zudem, ab dem nächsten Jahr Importe von raffinierten Ölprodukten zu verbieten, die mit russischem Rohöl produziert wurden, und russische Gasimporte bis 2027 auslaufen zu lassen.

Indien reduziert Käufe – vorerst

Indien, zeitweise größter Abnehmer russischen Öls auf dem Seeweg, hat seine Importe zuletzt deutlich gesenkt. Im November und Dezember lagen sie bei 1,38 Millionen Barrel pro Tag, im kommenden Monat könnten sie auf bis zu 600.000 Barrel fallen – der niedrigste Stand seit Anfang 2022, berichtet Bloomberg.

Grund sind US-Druck, Zölle und EU-Sanktionen gegen einen von Rosneft unterstützten Raffineriebetreiber. Einige indische Staatsraffinerien haben ihre Käufe ausgesetzt oder beschränken sich auf nicht sanktionierte Mengen.

Stattdessen kaufen sie teurer im Nahen Osten und den USA ein oder erkunden Lieferungen aus Guyana und Brasilien. Die Frachtraten sind gestiegen, während russisches Öl nach Abzug der Rabatte teils nur noch 40 bis 45 Dollar pro Barrel erzielt.

Doch neue Händler treten bereits auf den Plan, und die Mengen könnten wieder steigen, sobald sich die Lieferketten angepasst haben. Zudem fehlt bislang ein Handelsabkommen zwischen den USA und Indien, das Neu-Delhi zu weiteren Zugeständnissen bewegen könnte.