Hamburg erhöht die Gebühren für Wohnungen, die von Touristen genutzt werden. Das soll Verwaltungskosten decken. Der Schritt ist aber auch politisches Signal in einem Kampf um knappen Wohnraum, den längst nicht mehr nur die Hansestadt führt.

Ferienwohnungen sind für Touristen ein Gewinn – für Städte jedoch häufig ein Verlust. Denn wo Gäste einziehen, fehlen Wohnungen für diejenigen, die bleiben wollen. In immer mehr Großstädten in Europa bedeutet das: Während Menschen für eine Wohnung Schlange stehen oder sich die Mieten nicht mehr leisten können, sind andere Immobilien reserviert für Besucher, die lediglich für ein paar Nächte kommen und dann wieder abreisen. Mit der Vermietung an diese Gruppe lässt sich mehr Geld verdienen als mit einem festen Mietvertrag. Außerdem haben Tagesgäste keine Mieterrechte und zu Mietnomaden, die dauerhaft wohnen, aber nie zahlen, werden sie auch nicht.

Die Stadt Hamburg sieht darin längst ein Problem, das den Wohnungsmarkt verengt. Jede Wohnung, die in der Hansestadt für Übernachtungsgäste genutzt wird, fehlt auf dem Mietmarkt – und in einer Stadt, in der die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum seit Jahren steigt, ist das eine Entwicklung mit Sprengkraft.

Die Hansestadt hat schon viel unternommen, diesen Trend zu bremsen. Nun greift der Senat zu einem Mittel, das so schlicht wie wirksam sein soll: höhere Gebühren. Wer seine Wohnung zweckentfremdet und erwischt wird, soll die Folgen künftig deutlicher spüren. Die Erhöhung wird zwar offiziell als „moderat“ eingestuft, zwischen 3 und 15 Prozent werden die „Gebühren im Kontext der Zweckentfremdung von Wohnraum“ ab 2026 teurer. Es geht hier vor allem um Ausnahmegenehmigungen, um Wohnungen vor einer Renovierung längere Zeit leer stehen lassen zu können.

Wohnraum soll für Wohnzwecke erhalten bleiben

Doch in einem Fall steigt der Gebührensatz sogar um 45 Prozent – bei der wiederholten Aufforderung, illegale Angebote für Ferienunterkünfte im Internet zu löschen. 83 Euro sind es aktuell je inserierter Wohnung, 120 Euro werden es ab Januar sein. Bei mehreren Wohnungen kann die Summe künftig auf fast 1300 Euro steigen. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) sagt ganz unverblümt: „Eine gewisse Lenkungswirkung zum Erhalt von Wohnraum zu Wohnzwecken ist dabei durchaus gewünscht.“

Hinter dem Schritt steckt also mehr als der jährliche Rhythmus, in dem Gebühren auf ihre Kostendeckung hin überprüft werden: Es ist der Versuch, mit dem Preis als Waffe den Wohnraum zu verteidigen.

Seit den 1970er-Jahren gibt es in Hamburg das Verbot, Wohnraum einfach umzunutzen. Was damals helfen sollte, schickeste Wohnungen nicht zu Arztpraxen, Rechtsanwaltskanzleien oder Büros umzuwandeln, wurde allmählich zum Instrument gegen spekulativen Leerstand, Gentrifizierung durch überteuerte und überlange Modernisierungsmaßnahmen. Mit dem Aufkommen der Portale zur Vermietung von Privatwohnungen an Hamburg-Besucher verschob sich der Fokus auf illegale Ferienwohnungen.

Hamburg setzt dabei nicht auf strikte Verbote, sondern auf Kontrolle. Die Stadt verfügt über ein Instrument, das bundesweit Beachtung findet: die Wohnraumschutznummer. Sie ist der Schlüssel, um Kurzzeitvermietungen über Plattformen wie Airbnb, Booking, Wimdu und andere zu regulieren, ohne sie komplett zu untersagen. Wer seine Wohnung bis zu acht Wochen im Jahr an Gäste überlassen will, kann das tun – aber nur registriert und nachvollziehbar.

Seit der Reform des Wohnraumschutzgesetzes 2019 gilt: Jede Überlassung muss online gemeldet werden, jede Wohnung bekommt eine eigene Nummer, und ein Belegungskalender dokumentiert, wie oft vermietet wird. Acht Wochen im Jahr sind erlaubt, wenn es die ganze Wohnung betrifft. Wird nur ein einzelnes Zimmer an Gäste vermietet, ist mehr erlaubt. Die Plattformen sind verpflichtet, diese Nummern anzuzeigen.

„Durch das System der Hamburgischen Wohnraumschutznummern wissen die bezirklichen Wohnraumschutzdienststellen unmittelbar, wer hinter welchem Online-Angebot steht und wie oft eine Wohnung zu welchem Zweck überlassen wird“, sagt André Stark, Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. „So werden Verstöße gezielt geahndet und Wohnungen bei Bedarf wieder ihrem eigentlichen Zweck zugeführt – dem Wohnen.“ Dabei arbeiten die Ämter untereinander zusammen. Neben dem Wohnraumschutz werden Steuerhinterziehung oder Gewerbeverstöße verfolgt und kontrolliert, ob das Baurecht überhaupt eine Kurzzeitvermietung zulässt.

Fast 650.000 Euro Bußgeld in sechs Jahren

Nach Ansicht der Stadt ist es ein System, das funktioniert. Mehr als 13.500 Wohnraumschutznummern wurden bisher vergeben. Und wo Beratung nicht reicht, greifen Sanktionen: Seit 2019 wurden mehr als 800 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, fast 650.000 Euro an Bußgeldern verhängt.

Vor der Reform war das anders. Bis 2018 wurden illegale Ferienwohnungen – es gab damals geschätzt rund 4500 – meist nur entdeckt, wenn Nachbarn Anzeige erstatteten. Ermittlungen waren aufwendig, Eigentümer oft nicht identifizierbar, die Dauer der Überlassung kaum nachzuverfolgen. Die Reform von 2019 war deshalb ein Wendepunkt: Sie brachte Transparenz, digitale Registrierung und klare Regeln. 

Anders als Hamburg, das schon lange Erfahrung mit dem Phänomen hat, führte Schleswig-Holstein den Wohnraumschutz erst 2024 und erst nach langer kontrovers geführter politischer Debatten ein. Kommunen wie Sylt, St. Peter-Ording oder Scharbeutz kannten das Problem aus Hamburg zwar schon lange: Während es für Touristen sogar im Hochsommer und spontan möglich war, eine Unterkunft für den Urlaub zu finden, gab es für Sylter, Eiderstedter oder Timmendorfer in ihren Orten entlang der Küsten von Nord- und Ostsee keine bezahlbaren Wohnungen mehr. Jedes Jahr klagten zudem die Hoteliers und Gastronomen keinen Wohnraum mehr für ihre Bediensteten zu finden und deshalb keine Mitarbeiter mehr gewinnen zu können.

Die Gemeinden versuchten das Problem über Bebauungspläne zu lösen – oft gerichtlich umstritten. Lübeck wagte 2020 eine Zweckentfremdungssatzung, die später scheiterte. Tourismusvertreter und der Bestandsschutz dominierten die Debatte. Dann eskalierte die Lage. In Nordseeorten stellten Kontrollen fest, dass bis zu 71 Prozent der Ferienwohnungsangebote illegal waren. Die Folge: massive Kontrollen, neue Satzungen, ein Landesgesetz.

Seit dem 5. Juli 2024 gilt in Schleswig-Holstein das Wohnraumschutzgesetz. Es ermächtigt Städte und Gemeinden mit wenig freien Mietwohnungen, Verordnungen zu erlassen. Diese machen dann – wie etwa in Flensburg umgesetzt – eine Genehmigung für Ferienwohnungen nötig. Das bedeutet für die Vermieter, es gibt Brandschutzauflagen oder Stellplatzvorgaben zu erfüllen. Oder sie verbieten es den Vermietern, ihre Wohnungen anders zu nutzen als für Langfristvermietungen. Wer dann trotzdem über einschlägige Portale um Übernachtungsgäste wirbt, riskiert eine Strafe.

Und der Norden bleibt nicht allein. Durch die neue EU-Verordnung 2024/1028 gerät die Zweckentfremdung von Wohnraum nun auch in ganz Deutschland und Europa stärker in den gesetzlichen Fokus. Ab dem 20. Mai 2026 werden Online-Plattformen dazu verpflichtet, Daten zu den gebuchten Übernachtungen – wie die Anzahl der Gäste und der Übernachtungen – an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Ziel ist eine europaweite Regulierung des wachsenden Kurzzeitvermietungsmarktes. Die EU reagiert damit auf eine Entwicklung, die längst nicht mehr nur Metropolen betrifft: Kurzzeitvermietungen machen inzwischen fast ein Viertel aller Übernachtungen in der EU aus. In Städten wie Barcelona, Paris oder Berlin sind die Folgen sichtbar – schrumpfender Wohnraum, Proteste gegen „Touristifizierung“.

Für Hamburg bedeutet die Verordnung: noch mehr Transparenz, noch weniger Schlupflöcher. Die Stadt begrüßt den Vorstoß aus Brüssel daher ausdrücklich. „Das ist längst überfällig und wird uns auch in Hamburg weitere Kontrollmöglichkeiten an die Hand geben“, sagt André Stark von der Stadtentwicklungsbehörde. Plattformen wie Airbnb haben die neuen Regeln bereits als „Wendepunkt“ bezeichnet und angekündigt, enger mit Städten kooperieren zu wollen. Hotelverbände drängen auf eine strikte Umsetzung und verweisen auf die rasante Dynamik: 854 Millionen Übernachtungen gab es über Plattformen in der EU im Jahr 2024 – ein Plus von 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Verordnung soll hier helfen, Tourismusinteressen und Wohnraum zu schützen.

Wir haben in den Hamburger Bezirken viel zu wenig Mitarbeitende, die sich mit der Frage beschäftigen

Hamburgs Kurs ist klar: Wohnraum ist rar, und die Stadt will ihn nicht durch Ferienwohnungen weiter verknappen. Die Gebührenerhöhung ist dabei Teil einer Strategie, die auf Kontrolle und ökonomische Steuerung setzt.

Doch nicht alle sind zufrieden. „Die Stadt tut zwar einiges, um privat vermietete Wohnungen an Feriengäste zu reglementieren, allerdings leider nicht genug, um sicherzustellen, dass die Ferienvermietung nur in einem Rahmen erfolgt, der dem Wohnungsmarkt keinen Wohnraum entzieht“, sagt Rolf Bosse, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Er sieht vor allem ein strukturelles Problem: „Wir haben in den Hamburger Bezirken viel zu wenig Mitarbeitende, die sich mit der Frage beschäftigen, ob eine Wohnung zweckentfremdet wird, zum Beispiel als illegale Ferienwohnung.“