Es war eines der persönlichsten Gespräche in der Reihe „Positionen und Perspektiven“ im Düsseldorfer Schauspielhaus. Die deutsch-iranische Journalistin, Fernsehmoderatorin, Diplom-Orientalistin und Buchautorin Natalie Amiri führte ihr Publikum zusammen mit den bewährten Gastgebern Saba-Nur Cheema und Meron Mendel auf abenteuerlichen Spuren durch den Nahen Osten.

Sie begann harmlos, erzählte, wie sie als Tochter einer Deutschen und eines Iraners in dessen Teppichgeschäft in München aufwuchs, beeindruckt von der gastfreundlichen Atmosphäre rings um die Textilien. Während des ersten Golfkriegs erlebte sie auf einer Reise mit ihrer Mutter und ihrer Schwester erstmals das Land, das sie bis dahin nur aus Schilderungen des Vaters kannte. Es folgten: Beitritt zum Katholizismus, Schulzeit in einer Waldorfschule, fünf Monate in Los Angeles bei einer aus dem Iran stammenden jüdischen Familie, Praktikum in einem Teheraner Krankenhaus, Abitur in München, Studium der Orientalistik und Islamwissenschaft in Bamberg und nach mehreren journalistischen Stationen die Leitung des ARD-Studios in Teheran. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes brachte sie dazu, den Iran nach fünf Jahren zu verlassen.

Im Iran und anderen Ländern des Nahen Ostens suchte Natalie Amiri, wie sie erzählte, vor allem den Kontakt zur Bevölkerung, zu deren Denkweise, den Wünschen und Hoffnungen. Besonders die „unglaubliche“ Bedeutung der Gemeinschaft beeindruckte sie im Iran. Natalie Amiri erklärt sich dieses Phänomen aus dem Gefühl, dass inmitten der Bedrohung durch den Staat das Bedürfnis steige, das Leben auszukosten, „weil alles so schnell vorbei sein kann“. Dazu zählen exzessiver Alkoholkonsum und überhaupt alles, was der Staat dem Volk verbietet. „Die krassesten Partys“, so weiß Natalie Amiri, „feiern die Kinder der Revolutionsgarde“, also der Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte.

Was die Journalistin bei ihren Erkundungen noch erfuhr: Seit Trumps Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran und dem Beginn der Sanktionen sei es – erkennbar an Wasserknappheit und Stromausfall – mit dem Land bergab gegangen. Die islamische Republik sei bankrott, ein Drittel der Frauen trage entgegen dem staatlichen Gebot kein Kopftuch mehr, und jeden Tag werde ein Mensch hingerichtet. Viel Geld des Regimes fließe in terroristische Organisationen. Ein Ende der korrupten Regierung ist in Amiris Einschätzung nicht in Sicht: „Ich sehe weit und breit keine Opposition, die anstelle des Regimes die Führung übernehmen könnte.“ Und: „Der politische Wille ist nicht vorhanden. Deshalb ist es für die Menschen sehr schwer, sich aus ihrem Korsett zu befreien.“

Als sich das Podiumsgespräch dem Krieg in Israel und Gaza seit 2023 zuwandte, kam die Rede rasch auf die aktuelle Auseinandersetzung um Sophie von der Tann, Leiterin des ARD-Büros in Tel Aviv, die aus Israel und Palästina berichtet. Natalie Amiri verteidigte nachdrücklich die Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises 2025 an die Journalistin, die nicht nur über das Leid der Menschen im von der Hamas angegriffenen Israel, sondern auch über das palästinensische Leid berichtet. Amiri traf damit im Saal auf einhellige Zustimmung.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum bekannte sie sich zu ihrem Vorbild, der im Mai verstorbenen Margot Friedländer, einer deutschen Überlebenden des Holocausts, die sich als Zeitzeugin engagierte. „Margot Friedländer“, so betonte Amiri, „war mein Wegweiser – weil sie verzeihen konnte und den Menschen, zumal den jungen Menschen, die Hand gereicht hat. Margot Friedländer war für mich die Botschafterin für den Zukunftsblick“ – und die Mahnerin, dass sich Krieg, Verfolgung und Holocaust nicht wiederholen.

Natalie Amiris zarte Hoffnung für den Nahen Osten gründet sich darauf, „dass auch die palästinensischen Familien Frieden wünschen“. Sie empfindet propalästinensische Demonstrationen in Berlin und andernorts als kontraproduktiv und hält solchen Aktionen entgegen: „Es gibt sehr viele kluge Ideen, wie es mit Palästina und Israel weitergeht.“ Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, befand von der Bühne herab: „Es gibt nur die Zwei-Staaten-Lösung.“