Frankfurts lustiges Dorf
Johanna Wendel /
7. Dezember 2025, 12.00 Uhr
Als hätte jemand zwischen den Gaststätten Gickelschlag und Apfelwein Solzer eine unsichtbare Grenze auf der Berger Straße gezogen, beginnt dahinter der Übergang in eine andere, dörfliche Welt. Die Umgebungsgeräusche fahren schlagartig herunter, anstatt in Schaufenster blickt man in begrünte Vorgärten, vom geschäftigen Treiben bei Tag und trinkfreudigen Menschentrauben bei Nacht ist nichts mehr zu spüren. Lediglich die Wohntürme der Inheidener Straße trüben den Anschein der ländlichen Idylle.
Bornheims charakteristische Synthese aus lebendiger Dörflichkeit und internationalem Flair lockte selbst den Oberbürgermeister und seine Familie in den Frankfurter Stadtteil. „In ein paar Minuten ist man von den Gassen mit ihren Fachwerkhäuschen auf der Berger Straße mit Kneipen, Pizzerien und Geschäften”, sagt Mike Josef (SPD). Hier fehle es eigentlich an nichts, findet der Oberbürgermeister; außer vielleicht der Aufstieg des FSV: „Es wird Zeit für Drittliga-Fußball am Bornheimer Hang.“

Das FSV-Stadion © Harald Schröder
Eines der gefragtesten Wohnviertel Frankfurts
Wo Bornheim beginnt und endet, mag selbst so manchen Frankfurter überraschen: Weder Günthersburgpark noch Merianplatz mitsamt der Unteren Berger Straße gehören zu Bornheim. Besser gesagt: Nicht mehr, betrachtet man die ursprünglichen Grenzen des einstigen Dorfes, bevor es 1877 zu Frankfurt eingemeindet wurde. Der Popularität des „lustigen Dorfs“, ein Titel, der ihm einst aufgrund seiner zahlreichen Gaststätten, Apfelweinkneipen und Karnevalsvereinen verliehen wurde, schadete das nicht: Bornheim ist eines der gefragtesten Wohnviertel der Stadt und nach dem Nordend der Stadtteil mit der höchsten Bevölkerungsdichte. So wie einst die Grenzen wandelt sich auch Bornheim selbst stetig.

Am 11.11. im Apfelwein Solzer © Harald Schröder
Regen Wechsel gab es in Bornheim schon immer
Als wortwörtlich gebürtiger Bornheimer, der 1953 über dem Berger Kino – damals noch ein Fischgeschäft – das Licht der Welt erblickte, beobachtet Ortsvorsteher Hermann Steib die kontinuierliche Neuordnung des Stadtteils seit Jahrzehnten: „Wenn man irgendwo neu ist, hält man die bestehende Struktur für ewig überdauernd.“ Wie die Tram sich über die Berger schob, wie sie verschwand und tiefe Gräben Platz für die unterirdischen Tunnel der U4 schafften, sah er aus nächster Nähe.
Genauso den Bau der A661-Ostumgehung zwischen Bornheim und Seckbach, gegen die er Ende der 80er-Jahre protestierte und mit der Stadtregierung seit 20 Jahren über dessen Einhausung diskutiert. Die Bernemer Kerb besuchte er noch auf dem Festplatz „Weiße Erde“, auf dem seit 2005 ein Sportcenter der TG Bornheim steht. Altes geht und schafft Platz für Neues, ein Wechselspiel zwischen Tradition und Moderne, Hermann Steib könnte darüber unzählige Geschichten erzählen. „Mir wurde erst später klar, dass es diesen regen Wechsel schon immer gab“.

Boris Zielinski vor dem Main Bad © Harald Schröder
Abtauchen im neuen Main Bad Bornheim
Seit Anfang des Jahres ist nach 55 Jahren auch das Panoramabad Geschichte, an dessen Stelle bald Wohnungen entstehen. „Die Schließung im April war ein emotionaler Moment“, sagt Boris Zielinski, Geschäftsführer der BäderBetriebe Frankfurt. Die Trauer um den Verlust des geliebten Schwimmbads konnte jedoch nach wenigen Wochen die Eröffnung des Main Bads auffangen. 15 Minuten Fußweg vom Panoramabad entfernt, steht es nun unweit der Eissporthalle am Bornheimer Hang. Gehalten in Grau- und Grüntönen, mit abgerundeten Ecken, wirkt es neben dem beigen 80er-Jahre-Bau geradezu futuristisch. Ein großer Saunabereich und 900 Quadratmeter Wasserfläche mit Kinder- und Erlebnisbereich sowie ein Schwimmerbecken mit Sprungturm: etwas mehr Platz als im Panoramabad und gleichzeitig das Maximum, was sich aus der Grundfläche herausholen ließ.
„Größer wäre auch schön gewesen, aber es war die einzige freie Fläche in Bornheim“, erklärt Boris Zielinski. Auch einen Neubau am Standort des Panoramabads habe man früh ausgeschlossen, damit Bornheim nicht mehrere Jahre gänzlich auf ein Schwimmbad verzichten müsse. Da seine Kinder im Panoramabad schwimmen lernten und die Familie selbst in Bornheim lebt, ist auch der Bäder-Chef eng mit dem Stadtteil verbunden. „Ein sehr vielfältiger, dynamischer, aber auch kinderfreundlicher Stadtteil“, findet er, schätzt aber auch die ruhigen Flecken wie Ost- und Günthersburgpark. „Natürlich gehören sie offiziell nicht zu Bornheim, inoffiziell sehen das viele anders.“
Info
Stadtteil Bornheim
Die Frankfurter Stadtevents bieten Führungen durch Frankfurts lustiges Dorf an. Alle Informationen finden Sie hier.