Es war ein Frankenderby, das nicht nur atmosphärisch wenig Wünsche übrig ließ: hohe Dezibelzahlen waren geboten, giftige Zweikämpfe, emotionale Trainerbänke, die nach jedem Pfiff aufsprangen. Und Choreografien, in denen jeweils hunderte Stunden Arbeit gesteckt hatten. Passend dazu sorgten am Sonntagnachmittag mit zunehmender Spieldauer auch die 22 Protagonisten auf dem Platz für immer bessere Unterhaltung. Spätestens im zweiten Durchgang, in dem innerhalb von 13 Minuten gleich vier Treffer fielen: zwei für den 1. FC Nürnberg durch Luka Lochoshvili (48.) und Mohamed Zoma (57.), und zwei für den Gast, für die SpVgg Greuther Fürth, für die Felix Klaus (53.) und Aaron Keller (61.) trafen. „Wenn man sich nach einem Rückstand zweimal zurückkämpft, darf man uns schon beglückwünschen“, meinte Fürths Torschütze Keller. „In unserer Situation war es wichtig zu zeigen, dass wir noch leben.“

In den ersten 45 Minuten hatten beide Mannschaften weitgehend darauf verzichtet, die Torhüter zu beschäftigen. Als Schiedsrichter Lars Erbst zur Pause pfiff, hatte Club-Torwart Reichert zweimal eingreifen müssen. Am dringendsten, als ihn der eigene Verteidiger Luka Lochoshvili nach einer Hereingabe von Fürths Aaron Keller mit einem Kopfball zu einer tollen Parade zwang (33.). Keller (44.) und Julian Green (28.) vergaben weniger deutliche Gelegenheiten in einem ausgeglichenen ersten Durchgang, in dem Nürnberg ebenbürtig war, aber noch weniger Torgefahr ausstrahlte als der Gast aus Fürth.

Das änderte sich nach dem Seitenwechsel, und es passt zur misslichen Lage der Fürther, dass der erste vernünftige Angriff des Gegners auch wieder einen Rückstand zur Folge hatte. Lochoshvili traf per schönem Kopfball-Lupfer zum 1:0 (48.). Ab jetzt sollte es keine Führung geben, die länger als fünf Minuten Bestand gehabt hätte. So ereignisarm das Spiel anfangs war, so rasant ging es nun in beiden Strafräumen zu. Kurz nach der Club-Ouvertüre fiel schon der Ausgleich durch Klaus, der eine Vorarbeit von Keller über die Linie drückte (53.). Kaum war wiederum der Torjubel der Gäste abgeebbt, durfte die Nordkurve jubeln, nachdem Zoma das 2:1 erzielt hatte (57), ehe dann Keller zum 2:2 traf (61.) – und es in der Folgezeit vor allem der Club war, der sich nicht mit einer Punkteteilung abfinden wollte.

Am Schluss konnten die Nürnberger dennoch froh sein, das Spiel nicht verloren zu haben, denn ihr starker Keeper Jan Reichert hielt zuerst einen strammen Schuss von Green und war auch beim Nachschuss von Branimir Hrgota zur Stelle (83.). Am Ende blieb es bei einem Remis, das beiden Mannschaften tabellarisch nur bedingt weiterhilft im Kampf gegen Mittelmaß – und eine Zukunft in der dritten Liga.

Diverse Statistiken und Schwarzweiß-Fotos waren bemüht worden

Dabei hatte es natürlich einige Bemühungen gegeben, das 275. fränkische Derby mit mehr Bedeutung aufzuladen. Diverse Statistiken und Schwarzweiß-Fotos waren bemüht worden, um vergangene Jahrzehnte in Erinnerung zu rufen. Der Nürnberger Autor Harald Kaiser hatte zur Mittagszeit aus seinem Buch über die Derby-Historie vorgetragen. Und selbstverständlich hatten viele Club-Fans trotz der milden Temperaturen extra ihre dicke „Anti-FÜ“-Wollmütze aus dem Winterschrank gekramt. Doch angesichts der sportlichen Mittelmäßigkeit beider Protagonisten war der Glamourfaktor diesmal zwangsläufig beschränkt. Immerhin blieb die Tatsache, dass das Spiel aufgrund der prekären Fürther Lage eine gehörige sportliche Brisanz hatte.

Nach dem 273. Derby, einem 0:4 gegen den Club, hatte die Spielvereinigung eine wegweisende Entscheidung getroffen, die im Nachhinein den Weg in die falsche Richtung wies. Sowohl Trainer Alexander Zorniger als auch den langjährigen Sportdirektor Rachid Azzouzi setzte man damals vor die Tür. Heuer ist man massiv abstiegsgefährdet und selbst Menschen, die es sehr gut mit dem Kleeblatt meinen, würden nicht behaupten, dass der Kader deutlich besser ist, als der Tabellenplatz nahelegt. Dass Zornigers Nach-Nachfolger Thomas Kleine nach zuletzt nur einem Sieg aus neun Pflichtspielen hatte gehen müssen, war dann auch plausibler als der Kahlschlag aus dem Vorjahr. Im ersten Spiel unter Zornigers Nach-Nachfolger Heiko Vogel, der erst am Montag als neuer Coach vorgestellt worden war, gelang eine deutliche Leistungssteigerung – und ein verdienter Punkt. Und damit mehr, als viele in Fürth noch vor einer Woche zu hoffen gewagt hätten.