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Wolfgang und Irene Heinz wanderten 1979 nach Amerika aus und fühlen sich dort pudelwohl. Allerdings kritisieren sie die Politik von Donald Trump.
Werdohl – Ja, es sei auch etwas Abenteuerlust gewesen, als sie damals in die Vereinigten Staaten ausgewandert seien, gibt Irene Heinz zu. Zusammen mit ihrem Ehemann Wolfgang Heinz hat sie 1979 den Sprung über den großen Teich gewagt. Eine Stellenanzeige in dieser Zeitung habe damals den Impuls ausgelöst.
Die Abenteuerlust ist geblieben: Reisen gehört für Wolfgang und Irene Heinz zu den liebsten Beschäftigungen. © privat
„Mein Mann hat damals bei Kracht gearbeitet, als er im Süderländer Volksfreund ein Stellenangebot von Waldwick Plastic in den USA gefunden hat“, blickt Irene Heinz fast 50 Jahre zurück. Es war das Jahr 1979, als sich das damals seit vier Jahren vermählte Paar aufmachte in die Vereinigten Staaten. „Wir waren jung und abenteuerlustig und sagten uns, warum nicht?“, erinnert sich Irene Heinz.
Mit dabei war die gerade zweieinhalbjährige Tochter und in gewisser Weise auch der Sohn, obwohl der noch gar nicht das Licht der Welt erblickt hatte, denn die junge Mutter war mit ihm schwanger.
Werdohler weltweit
In unserer Serie „Werdohler weltweit“ stellen wir Menschen vor, die in Werdohl geboren oder aufgewachsen sind, die es aber im Laufe ihres Lebens in andere, vielleicht auch ferne Länder verschlagen hat. In der Serie schildern wir, wie es den Ex-Werdohlern in der Fremde ergangen ist und wie sie dort leben. Exil-Werdohler, die sich angesprochen fühlen und Teil der Serie werden möchten, dürfen sich gerne per E-Mail (sv@mzv.net) oder telefonisch (0 23 92/50 05 78) an die Redaktion wenden. Auch für Tipps ist die Redaktion sehr dankbar.
In New Jersey wurde Wolfgang Heinz, der in Werdohl den Beruf des Maschinenschlossers gelernt hatte, für die Instandhaltung des Maschinenparks von Waldwick Plastic zuständig. Waldwick Plastic gehörte damals zu 50 Prozent dem Werdohler Unternehmen Stauff. Die Stelle war zunächst auf zwei Jahre befristet, weshalb Wolfgang und Irene Heinz auch erst einmal nur mit einem Arbeitsvisum in die Staaten einreisten. Nach Ablauf der zwei Jahre wollten sie entscheiden, wie es weitergeht.
Wolfgang und Irene Heinz haben mittlerweile die us-amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen. © privat/Made with Google AI
Und es ging für sie in den USA weiter, zunächst in New Jersey. Wolfgang Heinz wechselte zu Stauff, wo er die Schlosserei leitete. Weitere zwei Jahre später übernahm er die Verantwortung für den technischen Einkauf von Hydraulikfiltern und Kugelhähnen – ein Bürojob. Spätestens jetzt war die Familie Heinz angekommen in dem für sie neuen Land. Irene Heinz fand einen Job in einem Restaurant und konnte so zum Familieneinkommen beitragen. „Das war ganz praktisch, weil ja unsere Kinder noch klein waren. So brauchten wir keinen Babysitter“, erinnert sie sich mit Blick auf die Arbeitszeiten in der Gastronomie.
Wir waren jung und abenteuerlustig und sagten uns, warum nicht?
Eine gute Möglichkeit, die Menschen kennenzulernen, sei der Job im Restaurant obendrein gewesen. Dadurch und durch die Hilfe von Nachbarn sei es „ziemlich einfach“ gewesen, sich in den USA zu integrieren und heimisch zu werden. Auch die Lebensweise in den USA der 1980er-Jahre hat Irene Heinz als „einfacher und weniger bürokratisch“ in Erinnerung. „Außerdem war zu dieser Zeit noch vieles billiger als in Deutschland“, erzählt sie, welche Faktoren damals die Entscheidung, länger in den Staaten zu bleiben, beeinflusst hätten.
Deutschland nicht vergessen
Die Sprachbarriere war schnell gefallen. Irene Heinz hatte Englischkenntnisse von der Schule mitgebracht, die für den Anfang reichten; ihr Mann lernte aber auch sehr schnell und konnte die fremde Sprache schon nach einem halben Jahr recht flüssig sprechen. Zumindest für Irene Heinz ist Englisch längst keine fremde Sprache mehr. Das merkt man in der Kommunikation mit der inzwischen 73-Jährigen, der immer wieder englische Begriffe in die deutschen Sätze rutschen.
Ganz vernachlässigt haben sie die deutsche Sprache aber nicht. „Wir haben zu Hause mit den Kindern Deutsch gesprochen, damit sie diese Sprache auch lernen“, erzählt Irene Heinz. Auch deutsche Traditionen hätten sie beibehalten. „In der Adventszeit gibt es Adventskalender, Adventskranz, Nikolaus und Lebkuchen“, berichtet die gebürtige Werdohlerin. Diese Bräuche seien mittlerweile auch den beiden Enkelkindern vertraut.
„Wahrheit statt Lügen“: Vor dem Haus in Ypsilanti bekannten sich Wolfgang und Irene Heinz zu Ex-Präsident Joe Biden, und über der Haustür findet sich das Werdohler Stadtwappen. © privat
Zwischendurch sind die beiden Auswanderer nach Michigan im Norden des Mittleren Westens umgezogen. In Canton, einem Vorort von Detroit, übernahm Wolfgang Heinz eine neue Aufgabe in der dortigen Stauff-Niederlassung, bis er 2016 mit 67 Jahren schließlich in Rente ging. Seine drei Jahre jüngere Ehefrau hatte schon vier Jahre zuvor ihren Job in der Gastronomie aufgegeben.
Schweizerisches und bayerisches Erbe
In Michigan leben rund 2,6 Millionen Menschen deutscher Abstammung, das sind etwa 22 Prozent der Gesamtbevölkerung. Es gibt dort Orte wie Frankenmuth oder Gaylord, die das bayerische oder schweizerische Erbe fortführen, in dem sie entsprechende Feste feiern und Traditionen pflegen. Für Wolfgang und Irene Heinz spielt das aber keine große Rolle. „Wie viele Deutsche hier leben? Keine Ahnung“, sagt Irene Heinz. „Wir haben nur ein paar Freunde, von denen ein Partner auch meistens Amerikaner ist.“
Eine Reminiszenz an ihr früheres Leben in Deutschland findet sich aber an der Fassade ihres Hauses, das Wolfgang und Irene Heinz in der Kleinstadt Ypsilanti bewohnen: das Werdohler Stadtwappen. Ihr Mann habe es einmal aus „stained glass“ angefertigt, verkündet Irene Heinz in dem ihr eigenen Mischmasch aus Deutsch und Englisch, und es schwingt in ihren Worten auch wenig Stolz mit auf diese Arbeit aus bunten Glasstücken, die sie an die alte Heimat erinnert.
„Für Trump zählen nur die Reichen“
Es klingt nach einem glücklichen, unbeschwerten Rentnerleben, das die beiden gebürtigen Werdohler, die vor ein paar Jahren die us-amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen haben, um wählen zu können, da auf der anderen Seite des Atlantiks führen. Irene Heinz schwärmt davon, dass es in Michigan „nicht so hektisch wie an der Ostküste“ sei, sie berichtet von Reisen, die sie mit ihrem Mann durch die USA, aber auch nach Europa unternimmt. Und doch ist da etwas, das sie belastet. „Wir sind Demokraten und haben mit Donald Trump nichts am Hut“, betont Irene Heinz, mit der Politik des aktuellen US-Präsidenten nicht einverstanden zu sein. „Es waren leider genug Leute, die ihn gewählt haben. Heute bereuen es aber viele schon, da er nur an sich selbst denkt und nichts für die ärmeren Leute und den Mittelstand tut“, schätzt die 73-Jährige Lage ein. „Für Trump zählen nur die Reichen.“
Eine Rückkehr nach Deutschland komme deswegen für sie aber nicht Frage, steht für Irene Heinz fest. „Wir werden die nächsten drei Jahre auch noch überstehen“, hofft sie auf einen Politikwechsel nach Trumps zweiter Amtszeit. Überhaupt seien die Besuche in Deutschland, speziell in Werdohl, seltener geworden. „Als unsere Eltern noch lebten, waren wir öfter zu Besuch: zu bestimmten Anlässen wie Geburtstagen, manchmal auch zu Weihnachten oder im Sommer zum Schützenfest“, erzählt Irene Heinz. „Jetzt waren wir schon länger nicht mehr in Werdohl.“ Und eine Rückkehr für immer werde es definitiv nicht geben. „Dafür leben wir schon zu lange hier in den USA, es ist unsere neue Heimat geworden.“
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