Tiefe Spuren wird der 2:0-Erfolg von Borussia Dortmund gegen die TSG Hoffenheim gewiss nicht in der Historie der Bundesliga hinterlassen. Der BVB hat als Favorit in einem nicht unbedingt spektakulären, dafür aber taktisch niveauvollen Duell recht souverän gegen Hoffenheim gewonnen. Wenn jedoch Niko Kovac irgendwann einmal den Status einer großen Trainerlegende beim BVB erreichen sollte, lohnt sich vielleicht doch ein Rückblick auf diesen zweiten Advent.

Denn Dortmund hat zum Abschluss des Bundesliga-Wochenendes eine Art Musterbeispiel für den Niko-Kovac-Stil geschaffen. „Wir haben zu null gespielt, wir haben den Hoffenheimern nichts gegeben, haben gut verteidigt, haben uns nicht rauslocken lassen“, sagte der Trainer, dessen Team in eigenen Ballbesitzphasen eher solides Handwerk anbot als Schönheit und Inspiration. Aber das ist Teil des Konzepts.

Entscheidend sind in diesem Ansatz oft die kleinen Szenen: ein bisschen Glück und sehr viel Engagement, wenn der Gegner doch mal gefährlich wird, zum Beispiel. „Ich habe immer Bewunderung, wenn Trainerkollegen es schaffen, in qualitativ guten Mannschaften so eine Begeisterung für das Verteidigen zu erzeugen“, sagte der Hoffenheimer Trainer Christian Ilzer über den Kovac-Fußball, der immer stabiler zu werden scheint. „Die haben gut verteidigt, die waren sehr intensiv und in den entscheidenden Momenten da“, ergänzte Grischa Prömel.

Schon beim Sieg in Leverkusen am Spieltag zuvor gaben genau diese Momente den Ausschlag für Dortmund. Bei der folgenden Niederlage gegen die Werkself unter der Woche im DFB-Pokal blieben die Chancen hingegen ungenutzt, während kleine Fehler den entscheidenden Treffer für den Gegner begünstigten – die Schattenseite dieses Spielansatzes. „Das war heute extrem wichtig, nach der Niederlage vom Dienstag, die schon extrem wehgetan hat“, sagte Nico Schlotterbeck.

An diesem Abend ebnete kurz vor der Pause einer der seltenen, richtig starken Offensivmomente den Weg zum Dortmunder Sieg in einem insgesamt ausgeglichenen Duell. In jener 41. Minute entwickelten Yan Couto und Karim Adeyemi viel Tempo auf der rechten Seite, woraufhin Couto mit einem klugen Pass den einlaufenden Julian Brandt fand, der das 1:0 schoss. Ein einstudierter Spielzug, auf den Kovac besonders stolz war.

Guirassy fehlt die Leichtigkeit

Couto machte eines seiner besten Spiele überhaupt für den BVB, aber auch Adeyemi war sehr präsent. Der Stürmer scheint den Wirbel um seinen wegen illegalen Waffenbesitzes ausgesprochenen Strafbefehl tatsächlich gut verkraftet zu haben. Er war offensiv präsent, leitete das 1:0 ein und arbeitete auch sehr fleißig gegen den Ball, während Serhou Guirassy sich weiterhin mit seinem Formtief herumplagt.

Zwei sehr gute Chancen vergab der Stürmer aus Guinea, dem die Leichtigkeit abhandengekommen ist. Früh in der Partie nahm er eine Vorlage von Couto fünf Meter vor dem Tor an, statt direkt zu schießen, und kam nicht mehr zu einem klaren Abschluss. Und in der 90. Minute traf er fast unbedrängt vor dem Hoffenheimer Tor das Lattenkreuz. Aber als Teil eines geschlossen verteidigenden Kollektivs funktionierte auch Guirassy.

Das ist im Moment von großer Wichtigkeit, denn die Dortmunder haben derzeit ja eine schwierige mentale Herausforderung zu bewältigen: Seit der Achtelfinalniederlage im DFB-Pokal ist ein Titelgewinn in der laufenden Saison eigentlich nicht mehr möglich.

Der Schmerz über diese Einsicht mischt sich mit der Gefahr, dass mehrere wichtige Spieler den Klub verlassen: Kapitän Schlotterbeck zögert mit der von seinem Klub dringend angestrebten Vertragsverlängerung, Adeyemi und Guirassy werden ebenfalls mit anderen Klubs in Verbindung gebracht und haben sich bisher nicht klar zu einer Zukunft beim BVB bekannt.

BVB als Gewinner des Spieltags

Unruhen dieser Art sind hier zwar nicht neu und gehören zum Betriebsalltag des europäischen Spitzenfußballs, aber jeder weitere Rückschlag wirkt wie frischer Treibstoff für Störkräfte dieser Art. Insofern war dieser Spieltag rundum heilsam für das Befinden der Dortmunder. So erzielte Schlotterbeck nach einer Stunde im Anschluss an einen Eckball vor der Gelben Wand das 2:0 und konnte die ganze Wucht des anschließenden Jubels aufsaugen.

Noch wichtiger ist aber die Gesamtwirkung des mit dem Dortmunder Sieg zu Ende gegangenen Bundesliga-Wochenendes. Stuttgart, Leverkusen, Hoffenheim und Frankfurt haben verloren, was die Mannschaft von Niko Kovac zum Gewinner des Spieltags macht. Der Vorsprung auf Rang vier und Rang fünf ist auf fünf Punkte angewachsen – eine hervorragende Ausgangslage für den weiteren Saisonverlauf. „Das war ein extrem wichtiger Sieg“, sagte Brandt. „Wir sind in den letzten Jahren immer der Musik hinterhergelaufen, wenn die Winterpause nahte. Jetzt haben wir erst ein Spiel in der Bundesliga verloren.“