Szene aus dem Film "Jetzt. Wohin.": Zwei Männer - darunter Robert Habeck - sitzen lächelnd auf den Hintersitzen eines Autos

AUDIO: Filmtipp: „Jetzt. Wohin. Meine Reise mit Robert Habeck“ (4 Min)

Stand: 08.12.2025 12:26 Uhr

„Ein Werbefilm auf Steuerzahlerkosten“ – so lautet das Fazit der „Bild“-Zeitung über den Film „Jetzt. Wohin. Meine Reise mit Robert Habeck“. Dabei sind die staatlichen Fördergelder in diesem nachdenklichen Dokumentarfilm gut angelegt.

von Walli Müller

Es war einmal ein grüner Kanzlerkandidat, der „Zuversicht“ ausstrahlen wollte. Am Ende holte Robert Habeck bei der Bundestagswahl im Februar nur 11,6 Prozent – und hat sich inzwischen aus der Politik zurückgezogen. Wozu also jetzt noch ein Kinofilm über den Mann, mag sich mancher wundern, der im Programm den Dokumentarfilm „Jetzt. Wohin. – Meine Reise mit Robert Habeck“ entdeckt.

Video:
Doku: „Jetzt. Wohin.“ Bundestagswahlkampf mit Robert Habeck (5 Min)

Ein Regisseur als Freund und Fan: Lars Jessens persönlicher Zugang

Regisseur Lars Jessen macht von Anfang an transparent, dass er Grünen-Unterstützer und Habeck-Fan ist, auch mit ihm befreundet. Ein erklärtermaßen persönlicher Film also. Im Bundestagswahlkampf 2024/25 unterstützt er Habeck aktiv – und filmt ihn gleichzeitig für einen Dokumentarfilm, der im besten Fall am Ende eine Erfolgsgeschichte erzählen soll.

Für mich und viele andere war er nicht nur ein Minister und Politiker, sondern die Projektionsfläche der Idee, dass Klimaschutz endlich angepackt wird, dass Politik wieder ehrlich sein könnte, verbindend und realistisch zugleich.

Lars Jessen in „Jetzt. Wohin.“

Er mag als Kanzlerkandidat gescheitert, als Mensch frustriert sein – kleinlaut erlebt man Robert Habeck aber nicht:

Ich will nicht glauben, dass Leute belogen werden wollen. Dann können wir den Laden doch dicht machen, wenn wir nur Leute wählen, die uns das Bequemste versprechen, um am Tag danach zu sagen: Ätsch bätsch, wir machen das Gegenteil von dem, was wir gesagt haben. Was soll denn das für eine demokratische Kultur sein?

Robert Habeck in „Jetzt. Wohin.“

Robert Habecks dramatischer Wahlkampf-Sturz

Mit dem ernüchternden Wahlergebnis für die Grünen am 23. Februar ändert sich die Fragestellung des Films in: Wie konnte es nur so schlimm kommen?

Der Aufprall war für uns alle hart. Aber ich will nicht alleine und beleidigt sein. Ich will raus zu den Menschen, die mich in den letzten Jahren begleitet haben, um herauszufinden, was hier eigentlich schiefgelaufen ist.

Lars Jessen in „Jetzt. Wohin.“

Kein „Werbefilm“ für Robert Habeck also, sondern in Wahrheit einer über die grüne Idee, den Traum von der ökologischen Transformation der Gesellschaft, an den auch Lars Jessen geglaubt hat. In seinem Film blickt er noch einmal zurück auf die politische Entwicklung der vergangenen Jahre – von der Strahlkraft der „Fridays for Future“-Bewegung über den ersten grünen Wirtschaftsminister bis zum russischen Angriff auf die Ukraine und zum „Heizhammer“, der zum K.o.-Schlag für Habeck wird; so sieht es die Autorin und Medienexpertin Samira el Ouassil.

Einmal etabliert, dass Robert Habeck jetzt in die deutschen Eigenheime geht und unten irgendwelche Heizungen rausreißt, war es nahezu unmöglich, dieses Bild von ihm wieder einzufangen.

Samira el Ouassil in „Jetzt. Wohin.“

Neubauer, Hübner & Co.: Stimmen aus Politik und Popkultur

Auch wenn der Regisseur klar grüne Positionen vertritt – lohnend ist der Film auch für Andersdenkende und -wählende, weil er die Mechanismen politischer Kommunikation und Manipulation so gut offenlegt. Einen Wahlkampf verliert man heute auch in der Social-Media-Kampfzone. Kurz gingen Robert Habecks „Küchengespräche“ viral, dann hatten wieder die AfD-Algorithmen das Netz im Griff und am Ende die Linken noch einen Lauf. Einen mächtigen Gegner haben die Grünen aber auch in der Öl- und Gas-Lobby mit ihrer natürlichen Abneigung gegen erneuerbare Energien.

Gegen die kämpfen wir. Und deswegen ist es kein Sommerfest, was wir hier machen und kein gemütlicher Ostermarsch, wo wir Richtung Klimagerechtigkeit tanzen, sondern das ist ein Kampf. Das ist ein planetarer Konflikt. Und so müssen wir uns auch verhalten.

Luisa Neubauer in „Jetzt. Wohin.“

Klimaaktivistin Luisa Neubauer ist eine der prominenten Stimmen im Film, neben Charly Hübner, Checker Tobi, Daniel Günther und diversen Politikexpertinnen und -experten. Sie alle suchen mit Lars Jessen nach Gründen für das aktuelle Tief der Grünen und den Höhenflug der Populisten.

Blick nach vorn: Warum trotz allem Hoffnung bleibt

„Jetzt. Wohin.“ ist ein ehrlicher Film über das Scheitern: eines Wahlkampfs, eines Kandidaten, eines Regisseurs, der für ihn und die grüne Idee streiten wollte. Am Ende aber blicken viele Befragte doch hoffnungsvoll in die Zukunft, Medienforscher Christian Stöcker zum Beispiel:

Die grüne Partei besteht ja nicht nur aus Robert Habeck und ich glaube, dass es auch in anderen Parteien zunehmend Leute geben wird, die verstehen, dass sich gerade eine fundamentale Veränderung ergibt. Dass wir als Industrienation entweder vorne auf dem Surfbrett stehen können oder hinten den Wellenkamm hochpaddeln. Es wird schon seit vielen Jahren viel mehr Geld in erneuerbare Energien als in fossile Brennstoffe investiert.

Christian Stöcker in „Jetzt. Wohin.“

„Jetzt, wohin?“, lautet die Frage; Richtung Demokratie, nicht Polarisierung ist die Antwort des Films. Dagegen dürfte politisch schwer etwas einzuwenden sein – und auch staatliche Fördergelder sind in diesem nachdenklichen Dokumentarfilm gut angelegt.

Grünen-Politiker Robert Habeck.

Der Kanzlerkandidat von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck, im Porträt von Dietrich Karl Mäurer aus dem HSB.

Szene aus dem Film "Jetzt. Wohin.": Zwei Männer - darunter Robert Habeck - sitzen lächelnd auf den Hintersitzen eines Autos

Jetzt. Wohin. Meine Reise mit Robert Habeck

Genre:
Dokumentation
Produktionsjahr:
2025
Produktionsland:
Deutschland
Zusatzinfo:
mit Robert Habeck, Lars Jessen, Luisa Neubauer und anderen
Regie:
Lars Jessen
Länge:
92 Minuten
Altersempfehlung:
ab 6 Jahren
Kinostart:
7. Dezember 2025