Leipzig. Einfache Wahrheiten tun einfach gut. „Abschied ist ein scharfes Schwert“, wusste schon der singende Philosoph Roger Whittaker. Abschied vom falschen Leben etwa. Oder von einer Lebenslüge. Beides trifft Yak, den Rapper, ausgelaugt von Alkohol und Drogen. Ihm geht es mies. Er schmeißt ein Konzert. Er holt den alten Ford, Baujahr 1982, heraus und fährt nach Köln. Dort liegt sein syrischer Vater im Koma. Den hat er seit 30 Jahren nicht mehr gesehen.
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Nun sieht er aber auch Latifa, seine bislang unbekannte Halbschwester. Eine 15-Jährige, die nur Arabisch spricht. Die will er bei einem Aussteiger in einem einsamen Eifel-Gehöft parken. Den Freund hat er seit 20 Jahren nicht mehr besucht. Der heißt Art (= Kunst) und spricht denn auch kunstvoll, sagt Gedichte in die Ferne und trägt Melancholie durch seinen winterlichen Gemüsegarten.
Schwermütige Reise ins Ich
So beginnt das Roadmovie „Im Rosengarten“. Ein schwermütiges Reisen ins Ich. Ein Suchen nach Wurzeln. Ein wehmütiges Erinnern an eine verlorene Liebe. Eine Annäherung unter Geschwistern in kalter Jahreszeit – und eine Selbstfindung.
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Der Kölner Leis Bagdach, der in Leipzig Germanistik/Theaterwissenschaft studierte, Theaterstücke und Drehbücher („Fernes Land“) schrieb, macht es sich nicht leicht bei seiner ersten Filmregie. Ein Anti-Heimatfilm sei es geworden. Sagt er – und hat damit wohl auch recht. Wohlig wird einem jedenfalls weder bei den winterlichen Bildern noch bei den Szenen von Fremdenfeindlichkeit bis Familienspannung.
Wer spricht eigentlich so?
Allerdings bricht ein ewiges Dilemma des deutschen Kinos immer wieder durch: Provinzielle deutsche Enge wird hart gegen fernöstliche Weitherzigkeit gesetzt. Das sorgt für Gegensätze und Dramatik, aber auch nicht mehr. Zumal es meist aus heiterem Himmel fällt. So wie jene Szene, als Fee, die Liebe von einst, bei Yak im Hotel anklopft, ihm die inneren Leviten liest – und man sich nur noch fragt: Hat denn keiner diesen hölzernen, literarisch aufgebrezelten Monolog vorher gelesen? Wer spricht eigentlich so?

Da gerät dann die visuell poetische Erzählweise schon mal in heftigen Konflikt mit jener szenischen Didaktik, die nicht nur Fee, ihre Hochzeitsgäste oder Art pflegen. Was umso mehr auffällt, als über Träume (auch Alp-Träume) und syrische Musik immer wieder ein lyrischer Ton in den Realismus der Reise ins Näherkommen gerät.
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Ursula Werners Kabinettstück
Kostja Ullmann, Sonnyboy des deutschen Kinos („Groupies bleiben nicht zum Frühstück“), ist allerdings genau die richtige Yak-Besetzung. Gegen den es Safinaz Sattar (Halbschwester Latifa) mit stummen Blicken und beredten Reaktionen nicht leicht hat. Ein Kabinettstück liefert Ursula Werner als Yaks Großmutter auf dem Schwarzwald-Hof ab, wunderbar exakt vom mütterlichen Redeton bis zu den stillen Gefühlsgesten.
Die in Leipzig ansässige Mitteldeutsche Medienförderung unterstützte „Im Rosengarten“ mit 250.000 (Produktion) und 16.000 Euro (Verleih), die Leipziger Neufilm produzierte und drehte im Frühjahr 2023 Szenen in Halle.
Info: Premiere „Im Rosengarten“, Passage, 12. Dezember, 18 Uhr, mit Regisseur Leis Bagdach, Safinaz Sattar (Latifa), Produzent Holm Taddiken, Karten: 0341/217 38 65 oder passage-kinos.de
LVZ