„Hier bitte einfach nur dasitzen“, ist auf einem Schild an einem Tisch im Burger Büdchen zu lesen. Gemütlich ist es hier zwischen Regalen und Weihnachtsdekoration. Auf engstem Raum gibt es Kuchen und Torten nebst Kaffee, kalten Getränken und allerlei anderen Lebensmitteln, die man im Alltag so braucht. Hier können Zeitungen gekauft und gelesen, Briefe und Pakete abgeben werden – und ganz sicher auch ein kleines Pläuschchen gehalten werden.

In einer beleuchteten Vitrine findet sich dazu eine Auswahl von Erzeugnissen, die im Näh-Café im Fluthilfebüro der Caritas für einen kürzlich veranstalteten Weihnachtsmarkt auf der Wupperinsel entstanden sind. Der Erlös dieser Waren soll dem Verschönerungsverein Burg an der Wupper zugutekommen. Für Stephanie Kalter, Fluthilfe-Koordinatorin der Caritas, ist das von Carmen Hillen betriebene Burger Büdchen mehr als nur ein liebevoll eingerichteter kleiner Laden: „Es ist eine Keimzelle für gute Ideen“, betont sie.

Gemeinsames Mittagessen stärkt Nachbarschaft

Eine davon soll nach dem Jahreswechsel Premiere feiern: „Man sieht viele ältere Menschen beim Einkaufen, bekommt aber sonst nicht viel von ihnen mit. Und da habe ich mich gefragt, was man machen könnte, um sie zusammenzubringen“, erklärt Kalter. So reifte schließlich der Gedanke, einmal im Monat an einem Samstag ein gemeinsames Mittagessen auszurichten. „Das ist eine wunderbare Gelegenheit zum Austausch, zum gemeinsamen Klönen – und sicherlich haben gerade die Älteren viel Interessantes über den Stadtteil zu erzählen“, sagt Kalter.

Ihre Tätigkeit als Wahlhelferin habe sie ganz nebenbei dazu genutzt, bei potenziellen Gästen schon einmal das Interesse abzuklopfen. „Alles fanden das super“, berichtet sie. Starten soll das regelmäßige Mittagessen im Januar. Einen genauen Termin wollen Kalter und ihre Mitstreiterinnen in Kürze bekannt geben. Einen Flyer wollen sie dazu gestalten, ansonsten setzt man im Stadtteil auf Mund-zu-Mund-Propaganda.

Eine Nachbarin arbeite beruflich im Catering, erzählt Kalter. Wie man gemeinsam die geselligen Stunden gestaltet, richte man sich nach den Besuchern. „Wir werden dann schauen, worauf sie Lust haben“, sagt Kalter. Einer der Nachbarn etwa spiele Akkordeon.

Zu Kalters Mitstreiterinnen beim Projekt zählt Anja Pauls. Sie arbeitet in der Wohngemeinschaft der Diakonie. Deren Tagespflege-Einrichtung an der Eschbachstraße soll wiederum Schauplatz der Treffen sein. „Da herrscht eine sehr herzliche Atmosphäre“, schwärmt Kalter. Gute Nachbarschaft zeige sich eben auch in der Zusammenarbeit der Wohlfahrtsverbände.

Fluthilfe bleibt zentrale Aufgabe

Stephanie Kalter selbst betreut nach wie vor für den Caritasverband Wuppertal / Solingen Betroffene der Hochwasser-Katastrophe vom 14. Juli 2021. Das Fluthilfe-Büro wird auch im Jahr 2026 geöffnet sein – und laut Kalter wohl auch darüber hinaus. Denn auch nach vier Jahren reißt der Unterstützungsbedarf nicht ab. Noch immer hätten Flutopfer Klärungsbedarf, wer welche Kosten des Wiederaufbaus übernimmt, und sie müssen sich mit Verwendungsnachweisen für Finanzhilfen beschäftigen.

Noch immer stünden in manchen Gebäuden Renovierungsmaßnahmen aus. Und Beratung zur Vorbeugung weiterer Überflutungen des eigenen Heims, zum Beispiel mit Hilfe von Flutschotts, sei noch immer gefragt – ganz zu schweigen vom Wunsch vieler Bewohner von Unterburg, die eigene Resilienz zu stärken, also die psychische Widerstandsfähigkeit im Angesicht der fortdauernden Hochwasser-Gefahr an Eschbach und Wupper.

Die einschneidenden, vielfach traumatischen Erlebnisse der Flut im Sommer 2021 prägen den Stadtteil bis heute. Aber sie haben ganz offensichtlich auch Menschen zusammengeschweißt – und mitunter aus Nachbarn Freunde gemacht. Das gilt zumindest für Stephanie Kalter und ihre Unterstützerinnen aus der Nachbarschaft: „Ich kannte Stephanie nur von Sehen, während der Flut ist eine Freundschaft entstanden“, erzählt zum Beispiel Kirsten Pump-Hein.

An den Tagen nach dem verheerenden Hochwasser seien Nachbarn, mit denen man ansonsten wenig Kontakt hatte, spontan in die Häuser gekommen, um mit anzupacken. „Es war eine intensive Zeit. Es ging ums Helfen, und darüber ist man ins Gespräch gekommen“, sagt Pump-Hein. Und das Burger Büdchen sei in dieser Zeit zu einem Umschlagplatz für Spenden geworden: „Bei Carmen kamen viele Handschuhe oder Gummistiefel an, die sie an die Helfer verteilt hat.“

Inhaberin Carmen Hillen wiederum ist gleichzeitig Vorsitzende des Schießvereins Burg 1902. Und der richtet – auf Initiative einer ehemaligen Schützenkönigin – inzwischen seit vielen Jahren einmal im Jahr kurz vor Weihnachten ein Kaffeetrinken für Senioren aus. „Wir wollten sie ein bisschen mit Selbstgemachtem verwöhnen“, sagt Hillen. Und auch nach der Flut setzte sie sich für den Fortbestand dieser Tradition ein. Und so ging es im Jahr 2022 weiter. Das nächste Treffen steht jetzt am 3. Advent an.

Die regen Aktivitäten von und für Nachbarn in Burg kommentiert Anja Pauls: „Es gibt ja einen offiziellen Tag der Nachbarschaft. Aber der ist bei uns jeden Tag.“