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Isolde Schleich arbeitet auch mit 72 Jahren noch an einem Sollner Obststand. © Marcus Schlaf
Die Münchnerin legte jahrelang Geld für ihre Altersvorsorge an. Jetzt ist sie 72 – und kommt derzeit nicht an die hohe Summe, die sie für sicher hielt. Isolde arbeitet deshalb nach wie vor an einem Obststand.
München – Isolde Schleich ist 72 Jahre alt – und steht bei Wind und Wetter am Obst- und Gemüsestand am Fellererplatz in Solln. So bessert sie ihre Rente auf: Ohne diesen Job würde ihr das Geld nicht reichen.
Schleich versucht, trotz Augenproblemen weiterhin im Verkauf zurechtzukommen. © Marcus Schlaf
Rückblick: 19 Jahre ist es her, dass die Münchnerin einen Vertrag zum Vermögensaufbau abschloss, mit dem sie sich eine zusätzliche Altersvorsorge aufbauen wollte. Was ihr nicht bewusst war: Sie hatte keinen klassischen Sparvertrag unterschrieben – sondern einen, mit dem sie über ein kompliziertes Treuhandkonstrukt eine Beteiligung an der DSS Vermögensverwaltung AG & Co. Premium KG erwarb.
Ich wollte was fürs Alter anlegen.
Was das bedeutet, war Isolde Schleich nicht klar, sagt sie. Sie wollte nur Geld anlegen und keine risikoreiche Investition vornehmen. Und die Hinweise auf den spekulativen Charakter des Angebots in den Unterlagen waren ihr nicht aufgefallen.
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Schleich: „2006 hatte ich eine Einmalzahlung von über 6500 Euro vorgenommen und die monatlichen Zahlungen von 210 Euro von meinem Konto abbuchen lassen.“ Nach einer Laufzeit von 13 Jahren hatte sie ein vertraglich vereinbartes Recht zu kündigen – das sie schließlich Ende 2021 auch wahrnahm, wie sie berichtet. Eingezahlt hatte sie bis dahin schon rund 40 000 Euro. Die DSS schickte ihr zwar regelmäßig Geschäftsberichte, die Millionenbeträge als Firmenvermögen auswiesen. Aber als Isolde Schleich ihre Anteile ausgezahlt bekommen wollte, funktionierte das nicht. Sie sagt: „Seit über drei Jahren versuche ich an mein Geld zu kommen, doch ich werde immer wieder vertröstet.“
Seit 2022 schreibt sie Briefe
In den Jahren 2023 und 2024 erhielt sie von der DSS mehrere Briefe mit Hinweisen auf eine Verzögerung der Auszahlung wegen eines „Wechsels der Steuerkanzlei“. Man habe deshalb die Bilanz für 2022 nicht erstellen können. Diese sei aber Grundlage für die Berechnung der Höhe der Auszahlung von Schleichs Beteiligung. Auf die Zahlung wartet sie noch heute. Auf tz-Anfrage wollte sich die DSS Vermögensverwaltung nicht äußern.
In der Zwischenzeit hätte die Münchnerin das Geld gut gebrauchen können. „Ich hatte einen Augeninfarkt und bin seitdem auf einem Auge blind.“ Anstatt sich auf der Couch zu erholen, muss sie jetzt am Obststand weiterarbeiten, weil ihre Rente hinten und vorne nicht reicht. Sie bekommt nur gut 700 Euro, doch allein für die Miete gehen 1100 Euro drauf.
Die Chefin am Sollner Standl unterstützt ihre „Isi“ und hat Kontakt zu einer befreundeten Anwältin hergestellt. „Die hat sich dann mit dem Anwalt der DSS auseinandergesetzt und schließlich gesagt, ich bräuchte einen Spezialanwalt. Aber die sind teuer. Das kann ich mir nicht leisten.“ Schleich hofft, dass sich vielleicht weitere Anleger melden, denen es ähnlich ergangen ist wie ihr: „Dann könnten wir uns vielleicht zusammentun.“