Der Gen Z wird oft nachgesagt, dass ihr Freizeit wichtiger sei als arbeiten zu gehen. In der Bankenwelt zeigt sich ein ganz anderes Bild. Viele junge Beschäftigte dort träumen von Geld, Status und Macht. Manche arbeiten dafür jeden Tag von frühmorgens bis in die Nacht – unter dem ständigen Druck, gut zu performen.
Eine Szene, in der Erfolg um jeden Preis das erklärte Ziel ist. Die Reportern vom Y-Kollektiv haben mit Studierenden, Bankern und Finanz-Influencern gesprochen. Sie erzählen, was sie motiviert, sich für einen Top-Job in der Finanzbranche aufzureiben.
Viele starten ihre Karrieren an der Frankfurt School of Finance, einer privaten Hochschule und einer der Kaderschmieden für den angehenden Finanz-Nachwuchs. So auch Linh. Sie ist 20 Jahre alt und studiert im dritten Semester Business Administration.
Es handelt sich um ein duales Studium, das heißt, sie arbeitet Teilzeit bei einer Bank und bekommt von ihr die etwa 8.000 Euro Studiengebühren pro Semester bezahlt. Linhs Eltern sind aus Vietnam eingewandert und führen mittlerweile mehrere Restaurants. Linh ist also mit einem gewissen Unternehmergeist aufgewachsen.
„Meine größte Angst wäre es tatsächlich, durchschnittlich zu sein. Also, wirklich nur gemäßigt gelebt zu haben. Es ist meine Ambition oder auch mein Ehrgeiz voranzukommen. Dass ich wirklich in 30 Jahren sagen kann: Boah, ich habe es richtig gerissen. Und es ist auch der Anspruch an mich selbst, dass man eben die extra Meile geht.
Ich muss mich selbst bremsen statt immer weiterzumachen und stattdessen mal schlafen zu gehen und mal Pause zu machen, mir Zeit für mich zu nehmen.
Natürlich verändere ich mich auch. Ich bin jetzt nicht mehr die Linh, die in Mannheim aufgewachsen ist. Ich bin jetzt in Frankfurt seit einem Jahr. Und natürlich verändern sich auch meine Ziele, meine Werte. Und dann ist es schon manchmal schwieriger mit den Freunden aus der Heimat, weil das so ein ganz anderes Tempo ist. Eine ganz andere Weltvorstellung.
Bei uns im Trakt gab es total viele, die hatten eine Freundin, einen Freund, bevor sie an die Uni gekommen sind oder in das duale Studium. Ich glaube, 90 Prozent von ihnen sind nicht mehr mit ihren Partnern zusammen.
Ich habe 30 Tage Urlaub und muss eigentlich 24 davon aufwenden für Klausurenphasen im gesamten Jahr. Ich habe also qualitativ sechs Tage Urlaub.“
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Weitere Informationen Y-Kollektiv: Jung – Banker – bis ans Limit
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Die Reporter Madeleine Sabel und Timm Giesbers haben für das Format „Y-Kollektiv: Jung – Banker – bis ans Limit“ mit jungen Bankern gesprochen. Die meisten Gesprächspartner wollten nicht, dass ihre Nachnamen genannt werden. Der Beitrag ist in der ARD-Mediathek abrufbar.
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Student Malte: „Der Auftritt ist schon relativ wichtig“
Malte ist Linhs Kommilitone. Der 20-Jährige absolviert ebenfalls das duale Studium Business Administration an der Frankfurt School of Finance und arbeitet bei einer Bank.
Auch Malte hat eine Sechs-Tage-Woche: Er ist drei Tage an der Uni, drei Tage in der Bank. Am Sonntag wird dann gelernt. Malte kommt aus einer mittelständischen Familie, sein Vater leitet ein kleines Unternehmen. Beim Treffen trägt Malte ein weißes Hemd unter dem Arm.
Der Frankfurter Student Malte besucht wie Linh die Frankfurt School of Finance.
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„Ich habe um 15 Uhr noch einen Workshop mit der Citigroup und da würde ich gerne ein Hemd anziehen. Ich hatte allerdings zu Hause nicht daran gedacht, mir ein Hemd anzuziehen und habe dementsprechend da hinten im Studentenwohnheim einen Kommilitonen gefragt, ob er mir eines ausleihen kann.
Da ist natürlich der Auftritt schon relativ wichtig. Das fängt beim Aussehen, bei den Klamotten an, und dann kommt es auch natürlich auf die Performance an. Aber der erste Eindruck ist auch wichtig.
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Ich habe auch Zeit für Hobbys: Aktivitäten an der Uni oder man arbeitet nebenbei.
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Malte
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Wenn nicht gerade die Klausurenphase ist, dann habe ich auch Zeit für Hobbys. Dann kann man sich schon die Zeit nehmen, man hat entweder seine Aktivitäten bei irgendwelchen Initiativen hier an der Uni oder man arbeitet nebenbei.
Aber besonders, wenn man in einer Politik-Initiative aktiv ist, dann ist das ja keine Arbeit per se. Dort debattiert man mit Leuten oder arbeitet an irgendwelchen Veranstaltungen mit. Ich würde das schon als Freizeit bezeichnen.
Irgendwann möchte ich einfach sagen können, auch vor der Rente: Ich habe jetzt vielleicht keine Lust mehr darauf, ich möchte jetzt was ganz anderes machen. Ich habe aber finanziell nicht mehr das Problem.“
Influencerin Vaana: „Ich kann ruhig schlafen, weil ich in einer Bank arbeite“
Die 24-jährige Vaana arbeitet im Corporate Banking einer Großbank und teilt ihren eng getakteten Alltag auf TikTok. Hunderttausende verfolgen Vaanas Lifestyle als „Corporate Girl“.
Ihr Job: Große Unternehmen mit dem Geld zu versorgen, das sie brauchen – ob für neue Maschinen, laufende Kosten und andere Investitionen. Wie viel sie verdient, verrät sie nicht. Aber das sei auch nicht das Wichtigste für sie, sagt sie.
Die 24-jährige Bankerin Vaana teilt ihren eng getakteten Alltag auf TikTok.
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„Gerade in der wirtschaftlichen Situation, in der wir uns zeitbedingt aktuell in Deutschland oder auf der Welt befinden, kann ich ruhig schlafen, weil ich in einer Bank arbeite. Ich würde aber sagen, dass es gefährlich ist, wenn das Geldverdienen deine Hauptmotivation ist.
Du kannst einen Burnout bekommen, du kannst krank werden, wenn der Alltag für dich nicht tragbar ist. Ich glaube, viele Leute merken das auch erst mal lange nicht.
Ja, ich lebe in einem Wohnturm mitten im Bankenviertel, aber man sieht super viele Menschen, die noch ganz anderes erreicht haben – und das inspiriert. Ich denke: Es ist so krass, ich bin eigentlich ganz am Anfang. Man sieht, was möglich ist, und das motiviert mich auch.
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Man sieht, was möglich ist, und das motiviert mich auch.
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Vaana
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Dass du repräsentativ aussiehst, ist in einem Job, wo du mit Kunden zu tun hast, definitiv wichtig. Deswegen gucke ich natürlich, dass ich zurecht gemacht bin und keinen ungepflegten Eindruck hinterlasse.
Ich glaube, einer der größten Abstriche, die ich mache, ist, dass ich nicht so viel Zeit mit meiner Familie verbringe. Das ist bei meinen Geschwistern ganz anders. Sie telefonieren mittags mal mit meiner Mutter oder treffen sich und machen einen kleinen Ausflug am Nachmittag.
Bei mir ist es so, dass ich am Wochenende mal anrufe. Wenn es geht, dann sieht man sich vielleicht alle paar Monate mal. Weil ich auch einen Partner habe, mit dem ich Zeit verbringe.“
Karriereberater David: „Es ist ein tolles Gefühl, Anerkennung zu bekommen“
David Döbele ist Karriereberater und Wirtschaft-Influencer mit über hunderttausend Followern auf Social-Media-Kanälen. Er selbst war nie Banker.
Trotzdem ist er mit seinen 28 Jahren das Gesicht der jungen Finanzbranche. Denn er vernetzt Berufseinsteiger mit Entscheidern in den Banken und pusht so Karrieren. Business Meetings verlegt er gerne auf den Golfplatz.
Finanz-Influencer David Döbele auf dem Golfplatz.
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„Ich glaube, das Schöne ist Erfolg. Wenn du dir Ziele setzt, dafür hart arbeitest und du weißt, du hast selbst dafür gesorgt, dass du das Ziel erreicht hast – dann kannst du stolz auf dich sein. Du kannst dir selbst Anerkennung zollen, du bekommst vielleicht auch von deinem Umfeld Anerkennung. Das ist ein tolles Gefühl.
Ich kann mir natürlich vorstellen, dass gewisse Statussymbole auch dafür sorgen, dass man Anerkennung bekommt und das ist dann vielleicht noch mal ein tolles Gefühl. Aber ich glaube, viel kommt von innen.
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Es macht extrem viel Spaß, mit anderen Leuten zu arbeiten, die auch für den Job brennen. Da sind alle hungrig.
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David
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Was meine Kunden angeht in der Finanzwelt: Die Leute haben da einfach Lust drauf. Es macht extrem viel Spaß, mit anderen Leuten zu arbeiten, die auch für den Job brennen. Es ist nicht so, dass da Leute arbeiten, die sich zur Arbeit schleppen müssen und überhaupt keine Lust darauf haben. Da sind alle hungrig, alle haben Bock, Gas zu geben.
Und insbesondere aktuell, da wir hier, was den Wirtschaftsstandort angeht, wirklich große Probleme haben, finde ich, dass es schon auch in die Köpfe von jungen Leuten reingehen sollte, dass man stolz darauf sein kann, wenn man etwas leistet.“
Wirtschaftprüfer Leon: „Die Leute sind unglaublich jung“
Der 28 Jahre alte Leon ist Wirtschaftsprüfer bei einer renommierten internationalen Gesellschaft. Er hat ein Coaching von David Döbele durchlaufen. Leon war zuvor CDU-Politiker und startete dann neu durch.
Wirtschaftsprüfer Leon: „Man muss immer klar bei der Sache sein.“
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„Mit Ende 20 gehöre ich in der Finance-Welt fast schon zu den Älteren. Das merkt man bei Kolleginnen und Kollegen, auch bei Mandanten: Die Leute sind unglaublich jung. Sie haben schon so viele Abschlüsse gemacht und Praktika, da fällt man echt vom Stuhl manchmal, wenn man das so hört.
Ich bin tatsächlich als eine Art Underdog eingestiegen in die Fachthemen und habe dann auch schnell gemerkt, dass ich extrem viel lernen kann. In meinem vorherigen Beruf habe ich irgendwann gemerkt, dass ich einer der Schlauesten am Tisch war – ohne mich da jetzt arrogant darstellen zu wollen.
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Der Job, den ich mache, hat einen Impact in der Welt. Das ist für mich auch immer wichtig.
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Leon
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Man muss funktionieren und man muss wirklich einen klaren Kopf haben, man muss immer klar bei der Sache sein. Wenn ich jetzt nach dem Lunch wiederkomme (das Gespräch fand beim Mittagessen statt, Anm. d. Red.), kann es sein, dass ich ad hoc etwas übernehmen muss an Themen, die brennen.
Oder es ist irgendwas aufgeploppt bei anderen Teams. Da musst du sofort alles stehen und liegen lassen und dann das andere Thema machen.
Der Job, den ich mache, hat einen Impact in der Welt. Das ist für mich auch immer wichtig. Ich bin auch ein Mensch, der gerne Dinge macht, die die breite Masse nicht machen könnte.
Ich gebe zu: Das Ego ist immer mit dabei. Von dem Klischee kann man sich auch nicht lösen. Es ist auch immer Geld mit dabei.
Ich persönlich erlebe keine große Konkurrenz. Ich kann nicht sagen, dass es da ernsthaft jemanden gäbe, der an meinem Stuhl sägt. Es mangelt mir nicht an Selbstbewusstsein. So bin ich, das ist meine Persönlichkeit.“