Eine überarbeitete Version des US-Friedensplans für ein Ende des Ukraine-Kriegs soll nach Angaben der Staatsführung in Kiew heute an Washington übermittelt werden – und deutlich veränderte Züge tragen. Der von der US-Regierung ausgearbeitete Friedensplan sei inzwischen von 28 auf 20 Punkte gekürzt worden, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj ukrainischen Journalisten mit. „Die offen Ukraine-feindlichen Positionen wurden herausgenommen.“
Gebietsabtretungen an Russland, ein besonders heikler Punkt in den Gesprächen über eine mögliche Friedenslösung, schließt Selenskyj weiter strikt aus. „Wir haben nach dem Gesetz keinerlei Recht dazu – weder nach dem Gesetz der Ukraine, noch unserer Verfassung oder dem Völkerrecht, wenn wir ehrlich sind“, wurde er von der Agentur Interfax zitiert. Russland beharrt indes weiter auf der Abtretung von Territorien im Osten der Ukraine.
Die USA hatten ihren Plan für ein Ende des seit 2022 währenden Krieges in der Ukraine Ende November an Kiew übergeben. Der vielfach als „russische Wunschliste“ kritisierte und von Moskau gutgeheißene Entwurf wurde von der ukrainischen Staatsführung und ihren europäischen Verbündeten abgelehnt – und in der Folge überarbeitet. Unter anderem sah er vor, dass die Ukraine die noch nicht von Russland eroberten Teile des Donbass (ungefähr 30 Prozent der Region) an Moskau abtritt.
Washington besteht wohl auf Gebietsabtretungen
Gegenüber dem US-Nachrichtenportal „Politico“ sagte ein europäischer Beamter, der mit dem Verhandlungsprozess vertraut ist: „Die Amerikaner haben einen einfachen Blick auf die Sache: Russland will, dass die Ukraine Gebiet abgibt, und die Amerikaner denken darüber nach, wie das möglich zu machen ist.“
Die Amerikaner bestünden darauf, „dass die Ukrainer den Donbass aufgeben, wie auch immer das konkret aussehen soll“.
Die Ukrainer argumentieren gegenüber den Amerikanern, dass eine Aufgabe des Donbass Putin nur ermutigen würde, in Zukunft einen neuen Krieg zu starten. Und das aus einer besseren Position heraus. Im Donbass unterhält die Ukraine gut befestigte Abwehranlagen. Experten schätzen, dass Russland noch mehr als zwei Jahre bräuchte, um den gesamten Donbass einzunehmen.
Selenskyj tourt durch Europa
Nach Gesprächen über den aktuellen Stand der Friedensbemühungen, die er am Montag in London mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), dem britischen Premierminister Keir Starmer und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron führte, flog Selenskyj direkt nach Brüssel weiter. Dort informierte er Nato-Generalsekretär Mark Rutte, den Präsidenten des Europäischen Rates, António Costa, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über den Stand der Gespräche mit den USA zu einer möglichen Friedenslösung.
„Unsere Positionen sind in allen Fragen aufeinander abgestimmt. Wir handeln koordiniert und konstruktiv“, teilte Selenskyj nach den Gesprächen mit den Spitzen von EU und Nato auf der Online-Plattform X mit. Von der Leyen schrieb nach dem Austausch mit dem Ukrainer: „Das Ziel ist eine starke Ukraine, sowohl auf dem Schlachtfeld als auch am Verhandlungstisch.“ Ähnlich äußerte sich Costa, der bekräftigte: „Die Sicherheit der Ukraine muss langfristig als erste Verteidigungslinie für unsere Union gewährleistet sein.“ Rutte sprach von guten Gesprächen auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden.
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Vorangegangen waren mehrtägige Verhandlungen zwischen Unterhändlern Kiews und der USA in der vergangenen Woche über eine neue Fassung des von US-Präsident Donald Trump vorgelegten Friedensplans. (ben, dpa)