Als bekannt wurde, dass Roland Schauls den Auftrag für das offizielle Porträt des neuen Großherzogs erhalten hatte, rückte plötzlich ein Maler ins Rampenlicht, der eigentlich lieber Zwischentöne als den großen Paukenschlag orchestriert. Acht Monate lang arbeitete er unter strenger Vertraulichkeit an sieben Varianten dieses bedeutenden Porträts, wovon fünf für die Präsentation am Hof vollendet wurden.

Dass das großherzogliche Paar die endgültige Fassung auswählte, gehört zur Choreografie solcher Staatsbilder. Schauls’ Guillaume erscheint in Uniform, den Blick leicht geneigt, das Gesicht von introvertierter Zufriedenheit überhaucht. Hinter ihm die alte Stadt: Häuser im Stadtgrund, die Fernsicht hinauf zur Oberstadt, ein Fluss als ruhiges, verlässliches Symbol für Vergänglichkeit und Erneuerung. Es ist ein Monarchenporträt ohne Pathos, dafür mit feiner Topografie der Empfindung: Schauls setzte die Insignien leise, aber unüberhörbar.

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Dass sich der Künstler die Porträtmalerei „wie kein anderer“ in Luxemburg zu eigen gemacht hat, ist keine hohle Floskel. Man braucht nur einen Blick auf „The Portrait Society“ (2004), die 504 Künstler-Porträts im Nationalmusée, zu werfen, die Schauls zwischen 1995 und 1998 gemalt hat.

Geheimnisse und Komödie

Nach seinem „royalen Auftrag“ kehrt Schauls nun mit einer monografischen Ausstellung nach Luxemburg zurück. „Weitere Launen“ heißt sie, zu sehen noch bis zum 20. Dezember in der Galerie Reuter-Bausch. Die hochformatigen Leinwände, viele im imposanten Maß von 200 × 130 cm, wirken wie ein visuelles Tagebuch des Malers. Schauls’ Bilder pendeln zwischen Strenge und Freiheit, Erinnerung und Erfindung. Sein Pinsel choreografiert Szenen, in denen das Leben zur prachtvollen, bisweilen bissigen Komödie wird. Jede Leinwand wird zum Fest und jede Farbe zur Pointe.

Die Figuren, zumeist Frauen, dargestellt häufig in einer sich wiederholenden Pose und vor demselben Hintergrund, scheinen zu uns zu sprechen, so als hätten sie etwas zu sagen, als wollten sie uns ein Geheimnis offenbaren, für jeden Betrachter natürlich ein ganz anderes.

Roland Schauls, „Jeder Freitag hat ein Happy End“, 1997/2017, Acryl und Kohle auf Leinwand. Foto: Galerie Reuter-Bausch

Das Herzstück dieser Ausstellung aber ist ein Werk in Acryl und Kohle, in dem die Zeit eine zentrale Rolle spielt. Der Maler nennt es „Jeder Freitag hat ein Happy End“. Es zeigt eine sitzende Frauengruppe vor dem Bockfelsen und umfasst zwei Schaffensphasen: die erste 1997, die zweite 2017. Dazwischen liegen 20 Jahre Stille. Die frühe Fassung wirkt eher gedämpft, erdig, strukturiert und figurativ ruhig. Als dann aber der spätere Schauls nach zwei Jahrzehnten nochmals ansetzte, wurde das Gemälde mutiger, expressiver und im Farbkontrast ungleich intensiver. Über die bestehende Bildbasis legte der Maler neonartige Pink- und Gelbtöne, heftige Türkis-Blöcke.

Zwei Künstler in einem Bild

Fragmente der ursprünglichen Fassung ließ Schauls dennoch stehen: Fischgrätparkett, einen Schuh, eine Tapete, Reste, die wie Botschaften der Vergangenheit wirken. Man sieht, wie der jüngere Schauls mit dem älteren in ein Gespräch tritt: hier die klassische Statik, dort die eruptive Farbe; hier die Kontur, dort der Impuls. Zwei Künstler in einem Bild, zwei Temperamente, die sich Antworten geben. Es ist, als hätte der Maler dem Werk eine zweite Seele geschenkt.

Erinnerung und Erfindung, Strenge und Freiheit verschmelzen. Schauls’ Malerei erstarrt nicht – sie entwickelt sich weiter, bleibt im Fluss. Zwischen Traditionsbewusstsein und zeitgenössischer Handschrift schafft Roland Schauls eine Kunst, die nicht nur betrachtet, sondern erlebt werden will.

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Und so versteht man vor diesem übermalten Bild rückwirkend auch die Poetik des Guillaume-Porträts: Der Fluss im Hintergrund des Großherzogs ist nicht nur ein Zeichen, er ist bei Schauls Methode. Der Fluss, der vergeht und bleibt, das Bild, das übermalbar ist und doch Bestand hat.

Roland Schauls, „Weitere Launen“, bis zum 20. Dezember in der Galerie Reuter-Bausch, 14, Rue Notre-Dame, Luxemburg.