Der US-Präsident warnt in harschen Worten davor, dass Europa sich mit der aktuellen Migrationspolitik selbst „zerstört“. In einem Interview mit „Politico“, das wie WELT zu Axel Springer gehört, kritisiert er Deutschland besonders scharf.
US-Präsident Donald Trump hat seine europäischen Verbündeten in drastischen Worten vor einer Zerstörung ihrer Länder gewarnt und zu einem radikalen Umsteuern in der Migrationspolitik aufgefordert – und zielte dabei auch explizit auf Deutschland. „Ich finde, es ist furchtbar, was mit Europa passiert“, sagte Trump in einem Interview mit „Politico“, das wie WELT zu Axel Springer gehört. „Ich glaube, es bringt Europa in Gefahr, so wie wir es kennen. Europa könnte ein völlig anderer Ort werden“, sagte Trump. „Europa wird zerstört.“
Trump fügte in dem Interview hinzu: „Ich hasse es, das mit anzusehen. Das ist einer der großartigsten Orte der Welt, und sie erlauben es einfach, dass Menschen unkontrolliert hereinkommen, ohne jede Kontrolle, ohne jede Überprüfung.“ Auf die Frage, ob er in Europa tief greifende Veränderungen sehen wolle, sagte Trump: „Ich finde, sie sollten die Menschen wieder ausweisen, die illegal in ihre Länder gekommen sind.“
Trump machte die aktuellen politischen Anführer Europas für die Entwicklungen verantwortlich. „Ich halte sie für schwach, aber ich glaube auch, dass sie unbedingt politisch korrekt sein wollen“, sagte der US-Präsident. „Ich glaube, sie wissen nicht, was sie tun sollen. Europa weiß nicht, was es tun soll.“ Trump nahm Polen und Ungarn explizit von seiner Kritik aus, nannte hingegen Deutschland und Schweden als Negativbeispiele.
„Ich liebe Schweden. Ich liebe die Menschen in Schweden. Aber sie sind von einem praktisch kriminalitätsfreien Land zu einem Land geworden, das jetzt sehr viel Kriminalität hat“, sagte Trump. „Schauen Sie nach Deutschland. Deutschland war faktisch kriminalitätsfrei, und Angela hat zwei große Fehler gemacht: Migration und Energie. Und das waren zwei echte Hämmer.“
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán habe eine Sache hingegen „wirklich gut gemacht, und das ist die Migration, weil er lässt niemanden in sein Land“, sagte Trump. „Und Polen hat in dieser Hinsicht ebenfalls einen sehr guten Job gemacht. Aber die meisten europäischen Staaten, sie verfallen.“
Nach Trumps Darstellung führt der Zuzug von Menschen mit „anderer Ideologie“ zur Veränderung politischer Mehrheiten. Der US-Präsident nahm hierbei London als Beispiel: Der dortige Bürgermeister Sadiq Khan sei „eine Katastrophe“, sagte Trump. „Er hat eine völlig andere Ideologie, als er eigentlich haben sollte. Und er wird gewählt, weil so viele Menschen zugezogen sind.“ Das sei „so eine Dynamik“. „Aber ich hasse, was aus London geworden ist, und ich hasse, was aus Paris geworden ist. Ich hasse es, das zu sehen“, sagte Trump. „Und es tut mir weh, das zu sehen. Meine Wurzeln liegen in Europa, wie Sie wissen.“
Zugleich schloss Trump nicht aus, selbst in die Politik von Ländern in Europa einzugreifen. Auf die Frage, ob er erwäge, sich in Wahlen einzumischen, um ihm als geeignet erscheinende Führungspersönlichkeiten zu installieren, sagte der US-Präsident: „Ich habe Leute unterstützt, die viele Europäer nicht mögen. Ich habe Viktor Orbán unterstützt. Ich habe, wenn man nach Südamerika schaut, Milei in Argentinien unterstützt. Er lag in den Umfragen zurück, und ich habe ihn unterstützt – und er hat dann mit überwältigender Mehrheit gewonnen.“ Er möge die europäischen Führungspersönlichkeiten. „Aber sie dürfen das nicht geschehen lassen, und irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem man es nicht mehr korrigieren kann. Es wird einen Punkt geben – und wir sind sehr nah an diesem Punkt“, sagte Trump.
Er habe zwar keine explizite Vision für Europa. „Alles, was ich sehen möchte, ist ein starkes Europa“, sagte Trump. „Ich erkläre Europa Dinge, weil ich denke, wissen Sie, ich gelte ja als sehr kluger Mensch, ich kann … ich habe Augen. Ich habe Ohren. Ich habe Wissen. Ich habe ein gewaltiges Wissen. Ich sehe, was passiert. Ich bekomme Berichte, die Sie niemals zu Gesicht bekommen werden.“ Was aktuell geschehe, bringe „Europa in Gefahr, so wie wir es kennen. Europa könnte ein völlig anderer Ort werden“, sagte Trump.
Die US-Regierung hatte vor wenigen Tagen eine neue Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt, in der Europa in bisher ungekannter Form attackiert wurde. Unter anderem hieß es darin, Europa drohe die „zivilisatorische Auslöschung“. Ziel der amerikanischen Außenpolitik müsse es sein, „Widerstand gegen Europas derzeitigen Kurs innerhalb europäischer Staaten zu stärken“.
In dem Dokument werden Europa Defizite bei der Demokratie und Meinungsfreiheit vorgeworfen. Schon seit Beginn der zweiten Amtszeit von Donald Trump ist der Ton gegenüber Europa nochmals schärfer als in der ersten Amtszeit. So hatte unter anderem US-Vizepräsident J.D. Vance im Februar in einer Rede bei der Münchener Sicherheitskonferenz harsche Kritik an angeblich fehlender Meinungsfreiheit in Europa geübt.
Ein Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin hatte die vor wenigen Tagen vorgelegte Nationale Sicherheitsstrategie in einer Reaktion als „positiven Schritt“ bezeichnet. Die Veränderungen, die man beobachte, seien „weitgehend im Einklang mit Moskaus Sichtweise“. Auf die Frage, ob er die Zustimmung Russlands zu der Strategie und der darin enthaltenen Kritik an Europa positiv bewerte, sagte Trump nun im Interview mit „Politico“: „Ich denke, er (Putin; Anmerkung d. Red.) würde gern ein schwaches Europa sehen, und um ehrlich zu sein: Das bekommt er. Das hat nichts mit mir zu tun.“
Trump und Putin hatten sich vor wenigen Monaten in Alaska zu einem Gipfel getroffen. Wenige Wochen später legten die USA und Russland einen 28 Punkte umfassende „Friedensplan für die Ukraine“ vor, der viele von Russlands Forderungen aufgriff, unter anderem die Abtretung großer ukrainischer Gebiete und den Verzicht Kiews auf eine Nato-Mitgliedschaft.
Trump kritisierte die europäische Ukraine-Politik in dem Interview mit „Politico“ scharf. Die Führungspersönlichkeiten in Europa „machen keinen guten Job“, sagte der US-Präsident. „Sie reden viel, aber sie liefern nicht. Und der Krieg geht immer weiter und weiter“, sagte Trump. „Es ist ein großes Problem für Europa. Und sie gehen damit nicht gut um.“
„Es gibt auch ein paar richtig dumme“
Die „aktuelle Truppe“ der europäischen Staats- und Regierungschefs möge er sehr. „Ich kenne sie wirklich sehr gut. Einige sind Freunde. Einige sind okay. Ich kenne die guten Führungspersönlichkeiten. Ich kenne die schlechten Führungspersönlichkeiten. Ich kenne die klugen. Ich kenne die dummen. Es gibt auch ein paar richtig dumme. Aber sie machen keinen guten Job. Europa macht in vielerlei Hinsicht keinen guten Job.“
Trump legte der Ukraine nahe, Gebietsverluste hinzunehmen. Selenskyj müsse „in die Gänge kommen und anfangen, Dinge zu akzeptieren“. Die Ukraine habe „Territorium verloren, lange bevor ich hier war“, sagte Trump. Sie habe einen ganzen Küstenstreifen verloren. In den zehn Monaten seiner Zeit im Weißen Haus hätten sich die Gebietsverluste vergrößert.
Zugleich kritisierte Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser habe die jüngste Fassung des Friedensplans für sein Land seines Wissens noch nicht gelesen, behauptete Trump. „Es wäre schön, wenn er ihn lesen würde. Wissen Sie, es sterben viele Menschen.“ Der ursprünglich 28 Punkte umfassenden „Friedensplan“ ist inzwischen in weiteren Verhandlungen, an denen teilweise auch europäische Staats- und Regierungschefs beteiligt waren, modifiziert worden. Der genaue Inhalt ist aktuell allerdings nicht bekannt.
Auf die Frage, ob es stimme, dass er sich von der Ukraine abwenden könnte, wie vor wenigen Tagen von seinem Sohn Donald Trump Jr. behauptet, sagte Trump: „Das stimmt nicht. Aber es ist auch nicht völlig falsch. Sie müssen mitspielen. Wenn sie mögliche Vereinbarungen nicht lesen, dann ist das nicht leicht mit Russland, weil Russland den Vorteil hat, die Oberhand. Und die hatten sie immer.“
Russland sei „viel größer“ und „deutlich stärker“. Er zolle Ukrainern „enorme Anerkennung für ihren Mut, für ihren Widerstand, für das Kämpfen und all das“, sagte Trump. „Aber irgendwann setzt sich Größe in der Regel durch. Und in diesem Fall reden wir über eine gewaltige Größenordnung“, fügte Trump mit Blick auf Russlands Ressourcen hinzu.
Eines der großen Hindernisse auf dem Weg zu einem Frieden sei das schwierige Verhältnis zwischen Selenskyj und Putin. „Die beiden hassen sich wirklich“, sagte Trump. Dies sei ein Teil des Problems. „Es ist für sie sehr schwer, einen Deal zu machen. Es ist schwieriger als in den meisten Fällen.“ Er habe acht Kriege beendet, darunter jenen zwischen Indien und Pakistan, behauptete Trump. „Ich habe so viele Konflikte gelöst. Darauf bin ich sehr stolz. Und es gelingt mir ziemlich routiniert, ziemlich leicht. Es fällt mir nicht schwer.“
Ein „Deal“ zwischen Russland und der Ukraine aber sei schwierig. „Einer der Gründe ist das enorme Maß an Hass zwischen Putin und Selenskyj.“ Trump nimmt für sich die Beendigung der Kriege in Anspruch. Allerdings kritisieren Beobachter, dass es sich in den meisten Fällen nur um Waffenstillstände handelt, bei denen unklar ist, wann die Kämpfe wieder ausbrechen.
Trump forderte, dass in der Ukraine Präsidentschaftswahlen abgehalten werden müssten. „Ja, ich denke, es ist Zeit. Es ist ein wichtiger Zeitpunkt für eine Wahl“, sagte Trump. „Sie nutzen den Krieg als Vorwand, um keine Wahl abzuhalten, aber ich denke, das ukrainische Volk sollte diese Wahl haben.“
Womöglich werde Selenskyj gewinnen. „Aber sie haben seit langer Zeit keine Wahl mehr gehabt. Man redet von einer Demokratie, aber irgendwann ist es dann keine Demokratie mehr.“ Der ukrainische Präsident Selenskyj war im Jahr 2019 für fünf Jahre gewählt worden. Die eigentlich für das Jahr 2024 fälligen Wahlen wurden wegen des Kriegs verschoben.
Der US-Präsident rühmte sich in dem Interview für seine Rolle, die er in der Nato spielt. „Die Nato nennt mich ‚Daddy‘. Ich habe dort eine Menge zu sagen“, sagte Trump. „Sehen Sie, ich habe den Anteil der Wirtschaftsleistung, also das BIP-Ziel, von zwei Prozent auf fünf Prozent erhöht; die zwei Prozent haben sie nicht gezahlt, und die fünf Prozent zahlen sie.“
Beim Thema Nato wiederholt Trump das Narrativ Moskaus
Er legte zugleich nahe, dass es die Ukraine und die europäischen Verbündeten waren, die mit ihrem Wunsch einer Nato-Mitgliedschaft für Kiew Russland provoziert hätten. „Lange vor Putin war die stillschweigende Übereinkunft, dass die Ukraine nicht in die Nato aufgenommen wird“. Dann habe Selenskyj aber von Putin bei ihrem Treffen verlangt, die Krim zurückzuerhalten und in die Nato zu kommen, behauptete Trump. Dies habe der ukrainische Präsident „nicht auf besonders nette Art gesagt“.
Selenskyj habe später Ex-US-Präsident Joe Biden dazu gebracht, ihn mit 350 Milliarden Dollar im Krieg zu unterstützen. „Und schauen Sie, was er davon hat: Etwa 25 Prozent seines Landes fehlen.“ Für die von Trump regelmäßig genannten 350 Milliarden Euro gibt es keine Belege. Schätzungen zufolge dürften die USA die Ukraine im Krieg gegen Russland etwa mit der Hälfte der Summe unterstützt haben.
Zugleich verwies Trump im Interview darauf, dass er mit schwierigen Nato-Partnern besonders gut umgehen könne. Er nannte als Beispiel die Türkei. „Immer wenn es ein Problem mit Erdogan gibt, bitten sie mich, ihn anzurufen, weil sie nicht mit ihm sprechen können“, sagte Trump. „Er ist ein harter Brocken. Ich mag ihn wirklich sehr. Ich finde, er hat, sehen Sie, ein starkes Land aufgebaut, ein starkes Militär. Aber sie tun sich schwer mit ihm, und sie bitten mich, ihn anzurufen. Und ich rufe ihn an, und ich kriege es mit ihm immer geregelt. Er und ich kläre das sehr schnell.“