Auf seiner Internetseite lobt der Fußball-Zweitligist Fortuna Düsseldorf die Liebenswürdigkeit seiner Schwächen und Schrullen. „Wir stehen zu unseren Macken, auch wenn nicht immer alles rund läuft“, heißt es dort unter der Überschrift „Unsere DNA“: „Wir stehen lieber auch mal im Regen, als ständig einen Schönwetterverein anzufeuern – und selbst in schwierigen Zeiten verlieren wir unseren Humor und unsere Gelassenheit nicht.“
In diesem Jahr ist die Fortuna 130 Jahre alt geworden. Humor und Gelassenheit hat sie momentan allerdings ein bisschen verloren. Es läuft nämlich gar nicht rund. Nach dem 0:2 gegen Schalke 04, der siebten Niederlage binnen zehn Ligaspielen, sagte der Torwart Florian Kastenmeier entnervt: „Jede Woche stehe ich hier und muss mir was aus dem Leib labern – da habe ich keinen Bock mehr drauf.“
Und damit ist er nicht allein. Der Sportvorstand Klaus Allofs, 69, hat mitgeteilt, dass er seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht verlängert. Zwar räumt er ein, dass Fortunas Aufsichtsrat eine weitere Zusammenarbeit womöglich ebenfalls nicht angestrebt hätte – er habe diese Entscheidung aber nun für sich getroffen: „Weil ich sie für richtig halte.“
Glücklichere Zeiten: 1979 war Klaus Allofs im Fortuna-Trikot mit 22 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga. (Foto: Imago)
Allofs ist gebürtiger Düsseldorfer. Er war als Kind Fortuna-Fan und hat zwischen 1975 und 1981 in 169 Bundesligaspielen für Düsseldorf 71 Tore geschossen, womit er bis heute erfolgreichster Bundesliga-Torschütze des Klubs ist. Entsprechend schwer ist ihm die Entscheidung gefallen: „Die Fortuna ist ja schon ein besonderer Verein für mich“, sagte Allofs am Dienstag am Telefon.
Humor und Gelassenheit auch in schwierigen Zeiten? Das erkennt man in Düsseldorf momentan nicht. „Leider ist der Verein noch nicht in der Lage, auch mal mit einer sportlichen Delle zu leben“, hat Allofs am Wochenende bei Sky gesagt. Das klang vorwurfsvoll. Im Aufsichtsrat dürfte man die Ohren gespitzt haben. Der durch massive sommerliche Kaderumbauten bedingte Schlingerkurs hat den Trainer Daniel Thioune Anfang Oktober den Job gekostet. Damals stand der Klub auf Platz 13. Mit dem neuen Coach Markus Anfang wurden die Ergebnisse aber nur noch schlimmer. Mit einem Sieg, einem Remis und fünf Niederlagen stürzte man auf Platz 15 ab. Nun steht auch Anfang unter Druck.
Als Allofs zwischen 1999 und 2012 Sportchef bei Werder Bremen war, hat er 13 Jahre lang mit einem einzigen Trainer zusammengearbeitet: Thomas Schaaf. Und als Allofs zwischen 2012 und 2016 beim VfL Wolfsburg die sportliche Verantwortung trug, waren es zwei Trainer: Dieter Hecking und Valerién Ismaël. Bei der Fortuna gab es in Allofs’ Ägide nun bereits den dritten Trainerwechsel – und womöglich steht der vierte schon bevor. „Manchmal sollte man ein bisschen mehr Durchhaltevermögen zeigen“, mahnt Allofs, „aber das ist eben mein Ansatz, und dem muss man ja nicht folgen.“ Er sei mit dem Aufsichtsrat offenbar nicht ganz auf einer Wellenlänge. Am Wochenende hatte Allofs gesagt: „Man kann nicht immer diesen Umkehrschluss machen: keine Ergebnisse, dann ist es der Trainer!“ Er habe mit der Fortuna einen anderen Weg gehen wollen: „Mit mehr Kontinuität.“
Allofs sagt, die Atmosphäre im Verein sei „nicht leistungsfördernd“
Am Dienstag sagte Allofs: „Ich hatte das Gefühl, für klare Verhältnisse sorgen zu müssen.“ Er räumt selbstkritisch ein, dass man „momentan eine sportliche Delle“ erlebe, hält die externe und interne Kritik an der Mannschaft und auch an seiner Person aber für überzogen. Die Atmosphäre im Verein sei derzeit „nicht leistungsfördernd“.
„Natürlich sind wir sportlich gerade maximal unzufrieden“, sagte Fortunas Vorstandsvorsitzender Alexander Jobst der SZ. „Aber als Verein sind wir gut aufgestellt, und daran hat Klaus Allofs einen entscheidenden Anteil – das fällt mir bei aller berechtigten Kritik in der aktuellen Betrachtung zu oft hinten runter. Jetzt muss es darum gehen, die Nachfolge zeitnah zu klären.“
2020 ist Düsseldorf aus der Bundesliga abgestiegen. Seither versucht sich der Traditionsklub an der Rückkehr. 2024 scheiterte man in der Aufstiegsrelegation im Elfmeterschießen am VfL Bochum. Das hat womöglich ein kleines Trauma hinterlassen. Vorangekommen ist die Fortuna seither jedenfalls nicht. Vergangene Saison wurde man Sechster, zurzeit ist man Viertletzter und gastiert am Sonntag beim Tabellenzweiten SV Elversberg.
Mit 13 Treffern ist die Fortuna die offensiv schwächste Mannschaft der Liga. Die Weggänge von Dawid Kownacki (13 Tore) zu Hertha BSC und Isak Johannesson (elf Tore) zum 1. FC Köln konnten nicht kompensiert werden. „Wir haben den personellen Wechsel diesmal nicht so hinbekommen wie sonst“, sagt Allofs.
Seit dieser Woche hält Düsseldorf den Atem an. Man ist sich nicht sicher, ob der Klub unter diesen Umständen mit Allofs wirklich bis zum Saisonende weitermacht. „Das ist jetzt die Entscheidung des Aufsichtsrats“, sagte Allofs im WDR-Radio. Es seien aber wichtige Entscheidungen zu treffen in der Wintertransferperiode: „Ich bin bereit.“
Das Ende seiner Funktionärslaufbahn bedeutet der frühere oder spätere Abschied von seinem Lieblingsverein Fortuna Düsseldorf aber nicht zwingend. „Ich sehe es nicht so, dass sich hier für mich ein Kreis schließt“, sagt Allofs. „Im Fußball weiß man nie, was passiert. Ich bin offen.“