Liebe Leserin, lieber Leser,
wir
beginnen heute mit einer traurigen Nachricht: Am Montag ist in einer
Obdachlosenunterkunft in Billbrook ein Mann gestorben. Offenbar war ein Streit
unter mehreren Bewohnern eskaliert, der 55-Jährige wurde am frühen Morgen mit
Messerstichwunden gefunden und starb noch vor Ort. Ein 32-jähriger
Tatverdächtiger wurde kurz darauf festgenommen, er soll laut Polizei das Messer
gezogen haben. Die genauen Hintergründe sind noch unklar.
Mein
Kollege Tom Kroll ist gestern in die Obdachlosenunterkunft gefahren, um sich
ein Bild zu machen. Die Unterkunft liegt in einem Gewerbegebiet unweit der A 1.
Es ist ein weißer Gebäudekomplex mit gardinenverhangenen Fenstern, davor ein
schmaler Rasenstreifen. Einst war die Anlage
ein Hotel.
Tom
traf dort auf Wojciech, einen Obdachlosen, der aus Polen stammt und zum
Zeitpunkt des Verbrechens im Haus war. Er erzählte von einem Streit bei den
Fahrstühlen im dritten Stock, die Tat selbst habe er aber nicht beobachtet. Er
habe Angst um seine Sicherheit, sagte Wojciech. Andere Bewohner, denen Tom
begegnete, glauben, bei dem Streit sei es um Geld gegangen. Einig waren sich
alle: Eine Gewalttat wie diese hatten sie in einer Hamburger Unterkunft noch
nie erlebt.
Das
Haus in Billbrook ist Teil des Winternotprogramms, mit dem die Stadt von Anfang
November bis Ende März zusätzliche Schlafplätze bereitstellt. Spricht man mit
Menschen, die diese Plätze nutzen, hört man Unterschiedliches: Viele sind
dankbar für einen warmen Ort, andere berichten davon, dass es in den
Mehrbettzimmern nachts zu Diebstählen oder zu Streitigkeiten kommt. Einige
Obdachlose meiden die Unterkünfte deshalb ganz und schlafen lieber draußen,
obwohl das gerade in kalten Winternächten ein erhebliches Risiko birgt.
© ZON
Newsletter
Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg
Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.
Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.
Die Tat vom 8. Dezember sei eine „schwerwiegende Ausnahme“, erklärt der
städtische Unterkunftsbetreiber Fördern & Wohnen auf Nachfrage. In der
vergangenen Wintersaison habe es im gesamten Winternotprogramm nur eine
Handvoll derartiger Vorkommnisse gegeben – meist Streitereien, nur in einem
Fall körperliche Gewalt. Gleichwohl seien die Sicherheitsvorkehrungen in den
Notunterkünften nun verschärft worden: An den Eingängen werden alle Bewohner
mit Metalldetektoren untersucht – Waffen, Alkohol und Drogen waren schon vorher
verboten, bislang hatten Sicherheitskräfte aber nur Taschen kontrolliert und
Personen abgetastet.
Wenn
ein Mensch auf diese Weise stirbt, macht das betroffen und wirft Fragen auf.
Jetzt gilt es, die Tat aufzuklären – mit dem Respekt vor den Menschen, die
ohnehin jeden Tag um Stabilität ringen müssen. Denn die meisten Obdachlosen
suchen keinen Streit, sie möchten einfach einen ruhigen Schlafplatz, ein wenig
Sicherheit, einen Moment der Erholung. Daher sollte es jetzt nicht darum gehen,
eine ohnehin verletzliche Gruppe zu stigmatisieren. Entscheidend ist, zu
klären, was Menschen brauchen, um in allen Nächten geschützt zu sein.
Ich wünsche Ihnen
einen guten Tag!
Ihre Annika Lasarzik
Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen,
wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben Sie uns eine E-Mail
an hamburg@zeit.de.
WAS HEUTE WICHTIG IST
© Wesley Tingey/unsplash.com
Der Prozessbeginn
gegen den mutmaßlichen Pädokriminellen „White Tiger“ steht fest: Ab dem 9.
Januar muss der 21-jährige Angeklagte sich vor der Jugendkammer des
Landgerichts Hamburg wegen 204 Straftaten verantworten, die er zwischen Januar
2021 und September 2023 an über 30 Kindern und Jugendlichen begangen haben soll (Z+). Für die Verhandlung sind 82 Termine bis Dezember 2026
angesetzt.
Die
Nettokaltmiete in Hamburg beträgt im Mittel 9,94 Euro pro Quadratmeter, das
zeigt der Mietenspiegel 2025, der gestern von Stadtentwicklungssenatorin Karen
Pein (SPD) vorgestellt wurde. Bei der letzten Erhebung
2023 waren es 1,12 Prozent weniger. Allerdings gab es seither eine Änderung in
der Berechnungssystematik, was den geringen Anstieg mit erklärt.
In Hamburg
wurden von September bis November 509 neue Wärmepumpen installiert – mehr
als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Insgesamt sind rund 7.800
Anlagen gemeldet, wobei die tatsächliche Zahl höher liegen dürfte, da eine
Meldepflicht erst seit 2024 besteht. Die Grünen werten den Anstieg sowie die
bewilligten Fördergelder als Erfolg der Wärmewende. Warum das allein nicht
reichen wird, um Klimaneutralität im Bereich Wohnen zu erlangen, können Sie im Kommentar von Frank Drieschner aus unserer letzten Ausgabe
lesen (Z+).
In aller Kürze
• Das Theaterstück „Harry Potter und das
verwunschene Kind“ wird Hamburg nach viereinhalb Jahren und 1,5 Millionen
Besuchern im Sommer verlassen. Die Produzenten kündigten für Herbst 2026 eine
neue Show am Theater am Großmarkt an • An Silvester gilt erneut
ein Feuerwerksverbot rund um die Binnenalster und den Rathausmarkt, das vom 31.
Dezember, 18 Uhr, bis Neujahr, 1 Uhr, in Kraft ist. Das Abbrennen und Mitführen
von Feuerwerkskörpern ist in dieser Zeit untersagt, Ausnahmen sind
Kleinstfeuerwerke wie Knallerbsen und Wunderkerzen • Die Polizei ist
gestern zu einem Großeinsatz in die Kieler Straße ausgerückt, sie suchte dort
einen mutmaßlichen Messerstecher. Den Hinweis an die Polizei gab der
verletzte Mann, er ist nun in einem Krankenhaus
AUS DER HAMBURG-AUSGABE
© Maria Rohweder/DIE ZEIT
Campingbusse sind die Pest …
… denkt
offenbar jemand, der in Altona Reifen zersticht. Über einen Straßenkonflikt,
der gerade eskaliert, schrieb ZEIT-Autor Tom Kroll in der aktuellen
Printausgabe der ZEIT:Hamburg. Lesen Sie hier einen Auszug aus seinem Artikel:
Mal steht Emma in der
Holstentwiete. Mal steht sie in der Erdmannstraße gleich nebenan. Emma ist
beige, knapp sechs Meter lang und etwas mehr als zwei Meter breit. Der Koloss
auf Fiat-Basis, gebaut vom Campingwagen-Hersteller Hymer, ist ein Wohnmobil
älteren Baujahres. Über der Frontscheibe steht die Aufschrift „Emma“. Und Emma,
so ist aktuell zu befürchten, könnte in Gefahr sein. Zumindest hier in den
engen Straßen von Ottensen im Bezirk Altona.
Eine Frau schreibt da auf
einer Nachbarschaftsplattform: „Ich habe inzwischen den Eindruck, dass hier ein
Camper-Hasser durchs Viertel streift.“ In einem Beitrag mit mittlerweile 54
Kommentaren geht es um Reifen, die zerstochen worden sein sollen, vor allem in
Altona, von mindestens neun Fällen ist dort die Rede. Das ausschließliche Ziel?
Die Wohnmobile und die Camper der Anwohnerinnen und Anwohner.
Jedes Jahr im Herbst
kehren sie heim: Tausende Campermobile, die im Sommer über die Straßen Europas
zuckeln (Z+) und dann in den engen Wohnstraßen der Innenstadt
überwintern. Sie blockieren also Parkplätze, sorgen für Stress. In Ottensen, so
scheint es, ist er jetzt eskaliert.
Seit Juli, so berichten
die Nachbarn, komme es immer wieder zu solchen Vorfällen. Die Polizei bestätigt
auf Anfrage einige der beschriebenen Sachbeschädigungen, allein fünf Fälle
zerstochener Reifen gab es seit Sommer in der Gaußstraße. Die Beamten meinen
aber, es handele sich um Einzelfälle, wie ein Sprecher am Telefon berichtet. Ob
das stimmt? Denn zur Wahrheit gehört wohl auch: Wer es ist, der nachts die
Reifen aufsticht, ist schwer zu ermitteln. Wegen ein paar kaputter Reifen wird
wohl kaum eine Soko WoMo gebildet.
Die Nachbarn hingegen
haben eine klare Meinung: Im Viertel lebe ein Wohnmobil-Hasser (oder eine
-Hasserin), eine Person, die vor allem nachts komme. Gewiss ist: Die Gefährte
sind Reizobjekte, ähnlich wie SUVs, nur noch größer. Wo also hin mit den
Dingern?
Wie die Stadt das Problem angehen könnte, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung des Artikels auf
zeit.de.
DER SATZ
© Mike McQuade für ZEITmagazin
„Er war ein sehr problematischer Mensch. Er konnte schrecklich und eklig
sein, aber auch sehr herzlich. Alle diese Seiten gehörten bei ihm dicht
zusammen.“
Der Hamburger Michael Nesselhauf ist einer der
erfolgreichsten Medienanwälte. Im Interview mit Hans Werner Kilz und Stephan
Lebert erzählt er erstmals im Interview von seiner Rolle in der „Spiegel“-Affäre,
seinem Bruch mit Rudolf Augstein, über den er hier im Zitat spricht – und was seine Frau mit dem Zerwürfnis zu tun hatte.
DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN
Am Mittwoch, den 17. 12.,
feiert das Abaton in Anwesenheit des Regisseurs Jason Starr aus New York die
europäische Premiere von „Cosmic Portal –
Exploring Mahler’s ›Symphony of Thousand‹“. Der Film, erzählt
von Alec Baldwin, versucht die musikalischen, philosophischen und biografischen
Wurzeln von Mahlers 8. Symphonie, für die bei der Uraufführung 1.000 Musiker
benötigt wurden, zu ergründen.
„Cosmic Portal –
Exploring Mahler’s ›Symphony of Thousand‹“, 17. 12., 19 Uhr; Tickets gibt es hier
MEINE STADT
Emporio © Reiner Letscher
HAMBURGER SCHNACK
Die 15-jährige Frida soll noch ein paar Dinge
aufräumen, ist aber verabredet. Sie bittet mich, den Rest zu erledigen. Ich:
„Mensch, du machst mir jede Menge Arbeit!“ Frida: „Du hast dich entschieden,
Vater zu werden. Das gehört zu deinen Aufgaben. Und außerdem, andere Väter
haben mehr Ärger mit ihren Töchtern. Ich hab dich lieb. Tschüss!“ Ich: „Seufz!“
Gehört
von Björn Platz
Das war die Elbvertiefung, der tägliche
Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie möchten, dass er täglich um 6 Uhr in
Ihrem Postfach landet, können Sie ihn hier
kostenlos abonnieren.