Menschen gehen in der Grenzstadt  (Kolumbien) über einen Markt.

Stand: 10.12.2025 05:35 Uhr

In Oslo wird heute Venezuelas Oppositionspolitikerin Machado der Friedensnobelpreis verliehen. In Venezuela wünschen sich viele den Wandel. Aber um welchen Preis?


Jenny Barke

In Cúcuta, an der kolumbianisch-venezolanischen Grenze ist derzeit jeder Tag ein Balanceakt. Über die internationale Brücke strömen Menschen mit Plastiktüten voller Lebensmittel, manchmal nur mit einem Rucksack. Händler rufen ihre Preise, Grenzbeamte winken weiter – Alltag inmitten einer politischen Krise, die sich zunehmend zuspitzt. 

Katerine Guerrero lebt auf venezolanischer Seite im Dorf Capacho. Sie führe ein Geschäft für Luftballons und andere Dekorationsartikel, erzählt sie. Über die Grenze gehe sie, weil sie in Kolumbien die Ware viel günstiger bekomme. „Für uns Venezolaner ist die Lage sehr kompliziert“, stellt sie fest.

Die Simon-Bolivar-Brücke verbindet Kolumbien und Venezuela. Hier zeigen sich jeden Tag die Sorgen und Nöte der Menschen in Venezuela.

Inflation frisst Gehälter auf

Lebensmittel, Medikamente, all das bekommt man – anders als vor einigen Jahren – auch in Venezuela wieder überall, allerdings für horrende Preise. Die Menschen können sich das Leben kaum leisten, von ihrem Monatsgehalt kaum leben.

Staatsangestellte wie Lehrer oder Ärzte öffentlicher Krankenhäuser arbeiten oft in einem zweiten Job. Neben dem Alltag hätten viele Menschen kaum Zeit, die politische Lage aktuell zu verfolgen, sagt Katerine. Die Drohungen von US-Präsident Donald Trump machten ihr Angst.

Ich sehe viele Nachrichten, ich weiß, was militärische Interventionen in anderen Ländern bedeuten. Die USA haben schon oft militärisch interveniert und behauptet, damit ein Land zu retten. Aber ihre Hilfe kommt mit Krieg, Waffen, Soldaten, die noch mehr Mangel und Hunger verursachen, als wir jetzt schon haben und vielleicht auch mit dem Tod.

Massiver US-Druck auf Maduro

Die neuaufgelegte Hinterhofpolitik der USA, mit der der Einfluss von China und Russland zurückgedrängt werden soll, beschäftigt viele Länder der Karibik. Überall mischt sich Washington ein, ob in die Politik Kolumbiens, Honduras oder Mexiko.

Trump hofft darauf, dass Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro sich dem Druck bald beugt. So lange werde das US-Militär ihn weiter in die Enge treiben, schätzt der venezolanische Politologe Manuel Sutherland.

„Das wird so lange dauern, bis sie das, was sie auf hoher See mit Booten gemacht haben, auch an Land machen werden, indem sie wichtige Ziele angreifen, die venezolanischen Luftabwehrsysteme zerstören, zum Beispiel. Und ich glaube, dass dann die Führungsspitze und Maduro das Land verlassen würden, wenn sie ihr Leben durch einen größeren Angriff gefährdet sähen.“

Was sich die Menschen an der Grenze wünschen

Aber ob der Angriff kommt, wer weiß das schon bei Trump. Maduro jedenfalls gibt sich weiterhin gelassen. Er glaube, so Sutherland, wohl an ein Wunder. Darauf hoffen die Venezolaner an der kolumbianischen Grenze auch, aber anders.

„Was mir in Venezuela fehlt? Menschenrechte, bei uns werden die Rechte des Einzelnen nicht respektiert“, sagt ein Mann und fügt hinzu: “ Wir wollen endlich einen Wandel. Eigentlich wären wir so ein reiches Land, es ist doch unmöglich, dass wir keine Arbeit finden oder mit unserem Gehalt nicht überleben können.“

Und ein anderer Grenzgänger wünscht sich, „dass es endlich Frieden gibt und Wohlstand. Es soll wieder alles so sein wie früher, als es Arbeit gab. Vor allem aber Ruhe und Frieden.“

Maduro mit wenig Rückhalt

Laut Analysten stehen nur 20 Prozent der Bevölkerung hinter Maduro und seinem Regime. Doch eine Intervention aus den USA befürworten die wenigsten. Viele hoffen, dass Maduro das Feld räumt, allerdings ohne Invasion.

Maduros Abgang scheint unwahrscheinlich. Auf das US-Angebot, das Land zu verlassen, geht er nicht ein. Er sitzt fest im Sattel, seit der Wahl vergangenen Sommer, bei der er sich unter Betrugsvorwürfen zum Sieger ernannt hat.

Die Oppositionsführerin María Corina Machado tauchte nach den Wahlen unter, lebt seither versteckt in Venezuela. Nun wird ihr in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen – ob sie dafür ausreist, ist nach wie vor unklar, ebenso, ob sie in diesem Fall nach Venezuela zurückkehren würde.

Der venezolanische Generalstaatsanwalt drohte, dass Machado als flüchtig gelten werde, sollte sie das Land verlassen.