Betrug läuft über mehrere Monate

„Wir sind dann unter der Anleitung auf eine bestimmte Internetseite gegangen, ich hatte ja auch wenig Ahnung davon und ich habe gesehen, dass aus den 250 Euro Euro 18.000 Euro und ein paar Zerquetschte entstanden sind.“ Der eigentliche Betrug startet oft mit Testauszahlungen, dabei erhalten Geschädigte immer wieder kleinere Beträge, um die Gewinnerwartung kontinuierlich zu steigern, und es werden stets verlockendere Auszahlungen versprochen.

Bei Anna B. erstreckte sich der Anlagebetrug über mehrere Monate. Sie schildert die angeblichen Berater als äußerst überzeugend. Als sie sich ihre vermeintlich angesparte Summe auszahlen lassen wollte, wurde sie wiederholt vertröstet und angewiesen, angebliche Gebühren zu begleichen, um ihren Gewinn zu erhalten

„Mir wurde gesagt, dass ich noch Steuern zahlen muss, damit mein Gewinn ausgezahlt werden kann, weil die Bank das sonst nicht akzeptieren würde und der Verdacht auf Geldwäsche auftreten würde. Ich habe dann 1.000 Euro überwiesen, mal 1.250 Euro und dann 600 – insgesamt waren es um die 4.000 Euro.“ Um zweifelnde Kunden zu beruhigen, behaupten die Betrüger häufig, die Banken würden größere Summen blockieren, um finanzielle Verluste zu verhindern. Nicht ohne Grund. Oft greift an dieser Stelle bereits der Betrugsschutz der Institute, der Überweisungen vorübergehend stoppt. Auch Anna B. wurde in der finalen Auszahlungsphase von ihrer Bank angerufen und über den Anlagebetrug informiert.

Geldinstitute erkennen Betrugsmasche

Unser System erkennt in Echtzeit verdächtige Geldflüsse und hält diese Zahlungen auf. Unsere Mitarbeiter sitzen direkt dahinter und es dauert nicht lange, dass sie Bearbeitung dieser Zahlungen übernehmen und versuchen, den Kunden zu kontaktieren“, erklärt Birte Bromann, Schadensfallbearbeiterin bei der Saalesparkasse in Halle.

Anna B. wurde durch ihre Bank empfohlen, alle Verbindungen zu den mutmaßlichen Betrügern abzubrechen und mit den vorhandenen Beweisen zur Polizei zu gehen, um Anzeige zu erstatten. Ein weiteres Problem, über das Anlageopfer nicht Bescheid wissen: Durch solche Geldbewegungen werden Betroffene unfreiwillig zu Finanzagenten. Das heißt, sie unterstützen Geldwäsche – und riskieren damit nicht nur ihr Vermögen, sondern auch ihre strafrechtliche Unbescholtenheit.

Da das Schema des Anlagebetrugs jedoch profitabel scheint, sind die Fallzahlen in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen: „Allein in diesem Jahr sind wir bei über 50 angekommen und seit Mai ist es exorbitant gestiegen. Wir haben verschiedene Größenordnungen und das können bis zu 500.000 Euro sein, die da an Schadenssummen entstehen, im Schnitt sind wir bei 36.000 Euro“, erklärt die Schadensfallbearbeiterin der Saalesparkasse. Die Saalesparkasse ist lediglich ein Geldinstitut, das diesen Betrug erfasst. Es ist anzunehmen, dass auch andere Banken von diesen Straftaten wissen und die Schadenssummen im hohen Millionenbereich liegen.

Betrug hinterlässt langfristige Folgen

Im Fall von Anna B. hat die Staatsanwaltschaft erkannt, dass die Frau Opfer eines Betrugs wurde und unwissentlich Geldwäsche beging. Ihr Verfahren wurde deshalb eingestellt. Übrig bleibt der finanzielle Verlust von rund 4.000 Euro, der im Vergleich zu anderen Geschädigten noch relativ niedrig ist, sowie die Scham. „Ich war ehrlich gesagt, sehr fertig, ich konnte monatelang nicht schlafen, mir geht’s es heute eigentlich immer noch so.“