Bei Tausenden Mietern in Berlin-Tegel ist seit Samstag die Heizung ausgefallen. Erst nach massiven Beschwerden kümmert sich der Vermieter um den Schaden. Trotzdem scheut er sich nicht, die Bewohner ab dem neuen Jahr zur Kasse zu bitten.
Tausende Berliner sitzen aktuell in der Kälte, da ihre Heizung ausgefallen ist. Seit Samstag sind mehrere Hochhaus-Wohnblöcke in Tegel-Süd von der Wärmeversorgung abgeschnitten, die Bewohner bibbern in ihren Wohnungen. Mit 15,3 Grad Celsius hat es Mieterin Stefani Fischer am Dienstagvormittag noch vergleichsweise warm. „Manche Nachbarn sind schon unter 15 Grad“, sagt sie im Gespräch mit FOCUS online.
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Aktuell wären sie und ihre Nachbarn froh, überhaupt heizen oder mit Warmwasser duschen zu
können. Seit Samstag geht nichts mehr: „Das ist eine harte Zeit.“ Am Wasserhahn messen sie
aktuell sechs Grad Celsius. „Das ist einfach auf Dauer zu kalt“, sagt sie.
Betroffen sind Fischer zufolge ganze Straßenzüge rund um die Namslaustraße, Neheimer Straße, Bernauer Straße und Bottroper Weg in Berlin-Tegel. „Das sind Tausende von Mietern“, ordnet Fischer das Ausmaß ein.Zwischenzeitlich habe deshalb auch der Strom abgeschaltet werden müssen.
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Entsprechend sitzen die Berliner Mieter im Kalten und Ungewissen. „Die Gewobag ziert sich um Auskünfte“, bemängelt Fischer die Kommunikation des Vermieters – ein kommunales Wohnungsunternehmen, das rund 75.000 Wohnungen mit 130.000 Mietern in der Hauptstadt bewirtschaftet. Bei den Kontaktversuchen sei dann auch noch die Leitung überlastet.
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In einer WhatsApp-Gruppe mit mehr als 200 Mitgliedern informieren Fischer und Mitstreiter über
ihre Kommunikation mit dem Vermieter. „Vom Hausmeister ist das Telefon aus“, kommentiert sie
am Montag.
Bewohner dürfen Heizstrahler für bis zu 100 Euro kaufen
Immerhin habe der Vermieter auf ihren Druck hin zugestimmt, dass die Bewohner elektrische Heizstrahler für bis zu 100 Euro anschaffen können und pauschal fünf Euro pro Tag
für den zusätzlichen Strom erstattet bekommen. Allerdings: maximal ein Gerät pro Wohnung,
mehr würden die alten Stromleitungen nicht verkraften. „Die Gewobag wäre nicht von allein auf
die Mieter zugekommen“, betont Fischer im Gespräch.
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In einem Aushang von Montag versichert die Gewobag, „dass wir mit Hochdruck an der
Reparatur arbeiten“. Am Freitag, 12. Dezember, sollten die Störungen behoben sein – eine
Woche nach dem Ausfall.
Allerdings wird schon angedeutet, dass es wegen „erforderlichen Sonderbestellungen“ zu Verzögerungen kommen könnte.
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Doch auch in der Notlage geht die Bürokratie offenbar gewohnten Weg. „Ich glaube nicht, dass
sie es bis zum 12. Dezember schaffen, das zu reparieren, weil hier noch Angebote ausstehen,
die angenommen werden müssen, und Gegenangebote“, informiert Fischer die
Mieter in der WhatsApp-Gruppe.
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Die Berlinerin Stefani Fischer muss frieren, die Heizung in ihrer Wohnung ist ausgefallen. Tausende Mieter sind betroffen. privat
Sie habe deshalb beim Vermieter angefragt, Duschcontainer aufzustellen. Im Gespräch mit FOCUS online bekräftigt sie die missliche Lage: „Es gibt keine Aussicht, alles ist in der Schwebe.“ Die Wohnqualität leide dadurch enorm.
Vermieter reagiert auf Anfrage von FOCUS online
Dann die Kehrtwende: Gewobag reagiert. Der Vermieter versichert auf Anfrage von FOCUS online, den Schaden eventuell schon am Dienstagabend zu reparieren. „Es liegt eine Undichtigkeit im Nahwärmenetz vor, betroffen sind 1680 Gewobag-Wohnungen. Die Kollegen sind seit Bekanntwerden des Schadens am Sonntagabend vor Ort und arbeiten mit Hochdruck daran, das Problem zu lösen.“ Das Blockheizkraftwerk sei nicht ursächlich für die Störung, heißt es offiziell vom Vermieter.
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Am Mittwochvormittag ist das Problem offenbar immer noch nicht vollständig behoben. Nach Informationen von FOCUS online müssen die Bewohner einiger Wohnungen immer noch ohne funktionierende Heizung auskommen.
Fischer sorgt sich indes besonders um alte und pflegebedürftige Nachbarn. „Wir sind dankbar für
alles, was helfen kann“, sagt sie.
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Für die Gewobag-Mieter in Tegel sind solche Querelen indes nicht ganz neu. „Es passiert
immer wieder, dass wir Ausfälle haben“, sagt Fischer.
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Ein Umzug in eine bessere Gegend ist für sie allerdings nicht drin. „Man guckt immer wieder mal“, sagt Fischer. Das letzte Angebot: 3,5 Zimmer, weniger als 100 Quadratmeter, 2400 Euro warm. „Das haben manche nicht einmal netto“, sagt Fischer und spricht von Münchner Verhältnissen in der Hauptstadt – bei einer gänzlich anderen Einkommensstruktur.
Selbst in ihrem Wohnblock zahlten neue Nachbarn inzwischen rund 1100 Euro warm – um jetzt
keine Wärme zu haben. Trotzdem hat es sich der Vermieter offenbar nicht nehmen lassen, auch
die Kaltmiete ab Januar zu erhöhen. Bei Fischer seien es dann 42 Euro mehr pro Monat.