Der Beschluss der Bürgergeldreform verzögert sich: Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) haben einem Bericht zufolge der geplanten Einführung der neuen Grundsicherung widersprochen.

Wie das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen erfahren hat, machen beide Ministerien „Leitungsvorbehalte“ geltend. Deshalb musste der Gesetzentwurf am Mittwoch offenbar von der Tagesordnung im Kabinett genommen werden. Eigentlich hätte er beschlossen werden sollen.

Hintergrund sind demnach Differenzen über das vom Arbeitsministerium von Bärbel Bas (SPD) erarbeitete Gesetz. Die Koalition hatte sich darauf geeinigt, dass bei wiederholten Terminversäumnissen nach dem dritten Mal die Leistungen vollständig entfallen dürfen.

Bas, heißt es nun, wolle dies jedoch nur dann zulassen, wenn zuvor eine persönliche Anhörung stattgefunden hat – anders, als die Koalition es vereinbart habe.

Aus Regierungskreisen verlautet laut „Handelsblatt“, dass Betroffene damit faktisch verhindern könnten, dass ihnen die Leistungen gestrichen werden – indem sie nicht zu Terminen erscheinen.

Innerhalb der SPD stößt das Vorgehen der beiden Ressorts auf Kritik, weil der Entwurf bereits mit dem Kanzleramt abgestimmt gewesen sei. Das gemeinsame Veto aus Wirtschafts- und Innenministerium sei jedoch parteiintern zwischen CDU und CSU abgestimmt worden, berichtet das „Handelsblatt“ unter Berufung auf die entsprechenden Kreise.

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Die CSU-Bundestagsabgeordnete Hülya Düber, zuständige Berichterstatterin zum Thema Bürgergeld, forderte Tempo für eine Reform. Im Koalitionsvertrag habe man dies fest vereinbart und im Koalitionsausschuss bereits Rahmenbedingungen festgelegt. „Diese Vereinbarungen mit unserem Koalitionspartner müssen nun in die Tat umgesetzt werden. Ziel muss es daher sein, dass der Gesetzesentwurf zur Neuen Grundsicherung schnellstmöglich im Kabinett verabschiedet wird und in das parlamentarische Verfahren kann“, sagte Düber dem Tagesspiegel.

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte sich unlängst auf eine Reform des Bürgergeldes geeinigt, das in Zukunft Grundsicherung heißen soll. Demnach sind verschärfte Mitwirkungspflichten und strengere Sanktionen geplant. (Tsp)

Lesermeinungen zum Artikel

„Die Zahl der ‚Totalverweigerer‘ ist recht klein. Gemessen an den Summen, die in das Bürgergeld fließen, kann man hier keine relevanten Summen einsparen. Zudem gibt es hier klare Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Vieles, was von der Union im Wahlkampf versprochen wurde, könnte gar nicht umgesetzt werden, es würde sonst von den Gerichten kassiert. Ich bin mir leider sicher, das hier ist nicht der letzte Fall, in dem die Wahlversprechen der Union mit der Realität kollidieren.“
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