Die CDU will Hamburgs Klimaziel mit einem eigenen Gesetz auf 2045 zurücksetzen – doch SPD und Grüne bleiben beim Volksentscheid: Klimaneutralität bis 2040. In der Bürgerschaft verteidigen sie den Kurs und werfen den Christdemokraten „Angstmacherei“ vor.
Die CDU ist mit ihrem Versuch gescheitert, den Klimaentscheid zurückzudrehen. Zwar steht die Abstimmung über den Gesetzentwurf erst am Abend in der Hamburgischen Bürgerschaft an, doch die Aktuelle Stunde zum Start in die entscheidende Sitzung ließ keinen Zweifel: SPD und Grüne halten am Ziel fest, Hamburg bis 2040 klimaneutral zu machen.
Die SPD tut dies vor allem, um den Bürgerwillen umzusetzen, der im Volksentscheid seinen Ausdruck gefunden hat. Die Grünen verteidigen das Ziel aus Überzeugung. Für die CDU bedeutet das: Ihr Antrag, das Klimagesetz auf 2045 zurückzusetzen, hat keine Chance auf eine Mehrheit.
CDU-Fraktionschef Dennis Thering zeichnete ein düsteres Bild der Folgen des Volksentscheids: „Eine Vorverlegung der Klimaneutralität auf 2040 wird die Hamburgerinnen und Hamburger Milliarden kosten, Arbeitsplätze gefährden und zu Fahrverboten führen.“ Er sprach von einer „drohenden weiteren sozialen Spaltung“ und warf vor allem den Grünen vor, die Hamburger nicht ehrlich über die Konsequenzen im Falle eines „Ja“ zum Volksentscheid informiert zu haben. Thering appellierte an die SPD, „den Irrweg zu beenden“ und „zur Klimaneutralität 2045 zurückzukehren – bezahlbar, wirtschaftlich und sozial gerecht“. Die CDU beruft sich auf Artikel 50 Absatz 4 der Hamburger Verfassung, der eine Änderung eines durch einen Volksentscheid beschlossenen Gesetzes per einfacher Mehrheit erlaubt.
304.000 Hamburger stimmten für schärferen Klimaschutz
Die einfache Mehrheit liegt in dieser Legislaturperiode bei 61 Stimmen. Die CDU selbst stellt 29 Abgeordnete und setzte deshalb auf Stimmen aus der SPD. Ein größerer Teil der Hamburger Genossen hatte sich vor dem Volksentscheid, der am 12. Oktober zur Abstimmung stand, gegen die Ziele der Initiatoren gestellt. Auch viele Sozialdemokraten hatten deutlich gemacht, dass das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 anstatt 2045 nur unter erheblichen Anstrengungen zu leisten sei – und mögliche nötig werdende Zusatzmaßnahmen die Bevölkerung, die Wirtschaft und den Verkehr empfindlich treffen könnten.
Nach dem Entscheid, bei dem sich 304.000 Hamburger dafür aussprachen, Hamburgs Klimaziele zu verschärfen und die Fortschritte enger zu kontrollieren, hatte die SPD dann allerdings klargemacht, dass man das Ergebnis akzeptiere. Es gehe um Respekt vor dem Bürgerwillen.
Diese Haltung zeigten die SPD-Redner auch am Mittwoch in der Aktuellen Stunde. Die Sozialdemokraten machten deutlich, dass sie den Volksentscheid als verbindlich ansehen. SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf warf der CDU „Respektlosigkeit“ vor und warnte vor einem „Angriff auf die direkte Demokratie“. Die SPD kündigte an, die Umsetzung „sorgfältig und sozialverträglich“ zu gestalten – mit Blick auf Mietrecht, Wohnungsbau und Energieversorgung.
Auch die Grünen kritisierten die CDU scharf. „Solange zu wählen, bis einem das Ergebnis gefällt – das ist nicht anständig“, hielt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Rosa Domm den Christdemokraten entgegen. Fraktionschef Michael Gwodsz erklärte, die Bürger seien „gut informiert“ und alle Fakten bekannt gewesen.
Klimaplan wird ehrgeiziger
Für den Senat sprach Umweltsenatorin Katharina Fegebank (Grüne). In einer für sie unüblich scharfen Tonlage warf sie der CDU „Angstmacherei“ vor und betonte, dass Klimaschutz eine der größten Aufgaben sei, die vor Hamburg liegen. Der Volksentscheid sei ein klarer Auftrag, den die Stadt ernst nehmen müsse. Fegebank kündigte an, den Klimaplan zu überarbeiten und ehrgeiziger zu gestalten: sozialverträglich, wirtschaftlich tragfähig und offen für neue Technologien.
Dazu gehören der Ausbau der Wärmenetze, eine bessere Ladeinfrastruktur, der Hochlauf von Wasserstoff sowie Investitionen in erneuerbare Energien und Verfahren zur CO₂-Abscheidung. Hamburg benötige planbare und verlässliche Rahmenbedingungen, sagte sie, und versprach, „Hamburger Erfolgsgeschichten“ zu schaffen. Ihr Appell an die CDU lautete, die großen Fragen dieser Zeit gemeinsam zu lösen, statt Untergangsszenarien zu verbreiten.
AfD forderte neuen Volksentscheid
Die Linke sprach von einem „Gruselantrag“ und warf der CDU eine „Angstkampagne“ vor. Der Zukunftsentscheid sei „Investitionsbooster“ und „Chance für neue Industrie“. Die AfD hingegen nannte den Klimaentscheid „ökonomischen und industriepolitischen Suizid“ und forderte einen neuen Volksentscheid. Auch über diesen Antrag stand die Abstimmung im späteren Verlauf der Bürgerschaftssitzung an.
Die Abstimmung über den CDU-Antrag erfolgt als Tagesordnungspunkt 50. Sollte er wider Erwarten angenommen werden, könnte das Bündnis hinter dem Volksentscheid einen neuen Volksentscheid über das CDU-Gesetz starten – dafür wären rund 33.000 Unterschriften nötig. Nach der Aktuellen Stunde gilt das als ausgeschlossen.