Interview
Standdatum: 10. Dezember 2025.
Autorinnen und Autoren:
Catherine Wenk und
Alexander Schnackenburg
Ein Künstler, der gern unerkannt bleiben möchte: der „Bremer Banksy“, auf Instagram aktiv als „Mohamed Smith“.
Bild: Radio Bremen
Erst die Skulptur mit Einkaufswagen in den Bremer Wallanlagen, jetzt die Lübcke-Statue in Berlin: Der Bremer Banksy sorgt für Aufsehen. buten un binnen hat mit ihm gesprochen.
Ob bronzenen Hundekot, einen Pinguin oder die lebensgroße Figur eines Obdachlosen samt Einkaufswagen: „Mohamed Smith“, wie sich der unbekannte Künstler auf Instagram nennt, beglückt die Öffentlichkeit für gewöhnlich ohne Auftrag und in Eigenregie mit seinen Skulpturen. Das hat ihm den Spitznamen „Bremer Banksy“ beschert, in Anlehnung an den berühmten britischen Streeartkünstler Banksy.
Es geht aber auch anders: Das „Zentrum für Politische Schönheit“, ein hochpolitisches Kollektiv aus Aktionskünstlern, hatte den Bremer mit der Statue des 2019 ermordeten Kasseler Regierungschefs Walter Lübcke beauftragt. In einem exklusiven Interview mit buten un binnen-Reporterin Catherine Wenk sagt „Mohamed Smith“, was ihn umtreibt.
Das „Zentrum für Politische Schönheit“ hat diese Statute Walter Lübcke vor der Parteizentrale der CDU in Berlin aufgestellt. Der „Bremer Banksy“ hat sie gefertigt.
Bild: dpa bildfunk | Markus Lenhardt
Wie ist es gekommen, dass du Bildender Künstler bist?
Ich habe einen familiären Background, was das angeht. So viel kann ich verraten.
Aber warum gerade Skulpturen? Oder hast du auch schon andere Sachen ausprobiert?
Alles Mögliche. Als Kind wollte ich Zeichentrick machen. Dann habe ich angefangen, Graffiti zu sprühen – und habe das wieder über den Haufen geworfen. Irgendwann war die Frage: Was mache ich für eine Ausbildung? Dann habe ich eine Ausbildung zum Bildhauer gemacht.
Wann hast du mit Kunst für den öffentlichen Raum begonnen?
Das hat lang gedauert. Ich habe die erste Skulptur im öffentlichen Raum 2020 in Bremen aufgestellt (die Bronzefigur mit dem Einkaufswagen in den Wallanlagen, die Redaktion).
Wie war das damals für dich?
Ich habe viel geguckt, wo ich die Skulptur hinstellen kann – habe nichts gefunden für diese Figur, die sich so um die Ecke lehnt. Und dann dachte ich: Ich stelle jetzt einfach diese Figur mit Einkaufswagen dahin, wo sie jetzt steht. Weil – fand ich einen geilen Spot. Und habe da auch nicht lange drüber nachgedacht, was das für ein Echo haben könnte.
Diese Bronzefigur mit Einkaufswagen steht seit Mai 2020 in den Bremer Wallanlagen. Mit ihr ist der Bremer Banksy öffentlich bekannt geworden.
Bild: dpa bildfunk | Hauke-Christian Dittrich
Wie hast du die Statue aufgestellt?
Zu zweit haben wir das gemacht, mit Warnwesten, plus einer dritten Person mit Kamera. Wir haben die Figur nicht verpackt. Wir haben sie auf einer Sackkarre aus dem Auto rausgehoben, sind dahin gefahren, haben das mit Flatterband abgesperrt und Löcher gebohrt. Die Figur hat unten Ankerstifte. Dann sind wir wieder abgehauen. Ich glaube: Das Ganze hat 20 Minuten gedauert oder so.
Hast du immer Leute, die dich beim Aufstellen und der Herstellung unterstützen?
Ja. Ich kann nicht alleine Bronze gießen, das geht nicht als Einzelperson. Ich mache relativ viel alleine, so viel wie ich kann. Und wo ich wirklich Hilfe brauche, da hole ich sie mir. Man braucht ein bisschen Infrastruktur zum Gießen. Es ist zeitintensiv und materialintensiv. Preislich ist es auch nicht ohne. Deswegen mache ich auch, ich glaube, eine Skulptur im Jahr oder so, weil es einfach super viel von den Ressourcen frisst.
Welche Rolle spielt der öffentliche Raum? Geht es um die Frage: Wer hat auf was einen Anspruch?
Ja, definitiv. Ich bin der Meinung, dass ich da was hinstelle, was nicht so einfach weggeräumt werden sollte, weil man sieht: Ich habe mir Mühe gegeben. Es ist ein Beitrag – wie auch immer der dann gelesen wird.
Du arbeitest sehr zeitbezogen, oder? Die Lübcke-Statue hat auch einen klaren Zeitbezug.
Definitiv. Allerdings: Die Figur in den Wallanlagen, die habe ich zwar 2020 aufgestellt, als Corona am Brodeln war. Aber ich habe sie vier Jahre vorher fertig gemacht. Prinzipiell ist sie auch fehlinterpretiert worden. Es hat halt mega gut gepasst mit Corona. Ich hatte auch erst überlegt, ob ich da Klopapierrollen reinlege in den Einkaufswagen. Aber habe ich dann gelassen. Eigentlich sollte die Figur ein Gabenzaun sein für Menschen, die kein Obdach haben, ein Bauzaun, wo dann Leute was ranhängen können, damit die Menschen sich da was wegnehmen können.
Und dann kam Corona. Und da dachte ich: Es passt gerade ziemlich gut. Wenn, dann baue ich sie jetzt auf. Es stimmt schon: Ich will auf jeden Fall gucken, dass ich zeitbezogen arbeite. Auch mit dem Lübcke hat es gut gepasst.
Die Aktion hat hohe Wellen geschlagen. Auch weil das „Zentrum für Politische Schönheit“ dahinter steckt, ein Zusammenschluss aus Aktionskünstlern, die mit ihrer Kunst für Menschenrechte eintreten. Wie hat sich das ergeben?
Philipp Ruch vom Zentrum für Politische Schönheit ist auf mich zugegangen und hat gesagt: Wir haben hier ein Projekt. Könntest du dir vorstellen, mit uns zusammen zu arbeiten? So und so sieht’s aus. Hast du Bock? Und dann hab ich gesagt: Ja klar, let’s go.
Er hat mir völlige Freiheit gelassen, wie die Figur aussehen soll. Ich habe alles frei entschieden. Was ihm halt nur wichtig war, war, dass die Figur würdevoll ist.
Du bleibst weiter anonym. Warum hast du keinen Bock, in der Öffentlichkeit zu stehen?
Das liegt einerseits daran, dass ich kein großes Selbstwertgefühl habe. Auf der anderen Seite finde ich es auch irgendwie cool.
Quelle:
buten un binnen.
Dieses Thema im Programm:
buten un binnen, 10. Dezember 2025, 19:30 Uhr

